Bayer Austria hatte zwei österreichische Apotheken mit Gesichtsscannern ausgestattet. Die Gesichtsscanner können das ungefähre Alter und das Geschlecht einer Person erkennen und dieser auf den zugehörigen Werbedisplays zielgruppenrelevante Werbung anzeigen. Nach Auskunft von Bayer laufen die Erkennungsalgorithmen ausschließlich lokal auf dem Gerät und in Echtzeit. Das System generiere in Sekundenbruchteilen einen Hashwert und die Bilddaten würden sofort gelöscht. Somit liege kein Personenbezug vor.
Das System erinnert stark an den Einsatz ähnlicher Gesichtsscanner bei der Einzelhandelskette real,- und der Deutschen Post. Auch diese Systeme können das ungefähre Alter und das Geschlecht anhand des Gesichts des Betroffenen erkennen und zielgruppenrelevante Werbung auf den Infodisplays einblenden. Der Einsatz wurde seinerzeit heftig diskutiert. Die Befürworter sahen das System datenschutzrechtlich unkritisch, da keine personenbezogenen Daten erhoben und nur anonyme Metadaten übertragen würden. Kritiker sehen jede Aufnahme von Gesichtern als personenbezogenes Datum an, die somit nie anonym sein könne. Und auch die anschließende Löschung des Bildes stelle eine Datenverarbeitung dar. Selbst die verschiedenen Datenschutzbehörden in Deutschland stuften das Verfahren unterschiedlich ein (vgl. unsere frühere Berichterstattung).
Der Einsatz solch einer Technik in Apotheken erscheint nochmals fragwürdiger, denn hier müssen sich Kunden mit Ihren notwendigen Medikamenten eindecken oder lassen sich sogar medizinisch beraten. Gerade ältere Menschen können nicht ohne weiteres eine andere Apotheke aufsuchen, um sich der Gesichtserkennung zu entziehen. Auch mag es für manchen Kunden unangenehm sein, wenn andere Kunden sehen, welche medizinischen Produkte ihm angezeigt werden. Schließlich verarbeitet dieses auch Gesundheitsdaten, wenn sich Rückschlüsse auf die Krankheit des Betroffenen ziehen lassen könnten.
Bayer Austria hat den Test in Österreich nach wenigen Tagen beendet. Die Welle der Kritik war zu groß. Auf der Webseite des Unternehmens ist folgendes zu lesen:
„Wir wollten einen innovativen Weg gehen, haben aber gesehen, dass das Thema kontroversiell wahrgenommen wird. Daher möchten wir aktiv – auch in Abstimmung mit unseren Kunden – das als Pilot geplante Projekt heute beenden.“
Somit dürfte auch ein Einsatz der Gesichtserkennung in deutschen Apotheken erst einmal vom Tisch sein. Bayer hatte ursprünglich erklärt, nach den Erfahrungen in Österreich über einen Einsatz in Deutschland nachzudenken.