Die Gesichtserkennungsmethodik entwickelt sich stets weiter und wird durch KI-unterstützte Verfahren immer treffsicherer. Mittlerweile funktioniert sie sogar trotz des Tragens von Gesichtsmasken. Und in vielen Staaten wird längst eine flächendeckende Videoüberwachung eingesetzt, um bei der Verhinderung von Straftaten und Verhaltenskontrolle der Menschen effizienter zu handeln.

Wie eine Gesichtserkennungssoftware basierend auf das Machine Learning auch für negative Absichten eingesetzt werden könnte, versuchen Wissenschaftler durch Studien seit vielen Jahren zu erforschen. Zu ihnen gehört auch der Wissenschaftler Michal Kosinski, Professor an der Stanford Universität, der bereits in der Vergangenheit mit leicht provokanten Studien für Aufsehen gesorgt hat.

In einem aktuellen Forschungsprojekt untersuchte er, inwiefern auf Basis einer gängigen Gesichtserkennungssoftware mit ausreichend Training anhand von öffentlichen Fotos die politische Einstellung der Person erkannt werden könne. Er wollte damit prüfen, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Gesichtserkennung am bloßen Bild einer Person die politische Ansicht des Abgebildeten identifiziert.

Laut den Studienergebnissen lag die Trefferquote bei 71 Prozent – und damit weit über der eines Menschen. Mit anderen Worten: Das System kann bei Gesichtsfotos besser die politische Gesinnung erfassen als es ein Mensch tun würde.

Die Fragestellung ist nicht wirklich neu. Bereits in früheren Studien von Michal Kosinski wurde schon die Erkennung der sexuellen Orientierung einer Person anhand von Fotos behandelt.

Es lässt sich sicherlich darüber streiten, ob eine derartige Untersuchung wirklich aussagekräftig und empirisch belegbar ist. In vielen Fällen wurden (bewusst oder unbewusst) Begleitumstände von dem eingesetzten System berücksichtigt, was die Treffergenauigkeit positiv beeinflusste und daher das Ergebnis manipuliert hat. Deshalb sind einige Untersuchungen auch umstritten.

Doch Michal Kosinski wollte vermutlich vielmehr mit Schlagzeilen und einer breiten Medienberichterstattung dafür sorgen, dass die Menschen sich die Gefahren solcher Technologie bewusst machen und gewarnt sind. Diesbezüglich stimmt zumindest die Aussage, dass die Gesichtserkennung durch die zunehmend technische Verbesserung und mit wachsenden Trainingsdaten mittlerweile treffsicherer ist als der durchschnittliche Mensch und ohnehin weitaus schneller arbeitet.

Datenschutz bei der Gesichtserkennung

All dies berührt auch den Datenschutz eines jeden Einzelnen. Insbesondere die Verarbeitung von besonders schützenswerten Daten nach Art. 9 DSGVO wie beispielsweise der Herkunft, der Gesundheit, politischen Meinung oder sexuellen Orientierung ist an erhöhte Anforderungen geknüpft. Häufig scheitert es hier bereits an einer gültigen Rechtsgrundlage, woraufhin die Analysen und die Verwendung dieser Erkenntnisse zumeist rechtswidrig wären. Zu denken wäre an personalisierte Werbung im Internet basierend auf dem Profilfoto bzw. Fotoalbum im Netz.

Diese datenschutzrechtliche Hürde gilt umso mehr, wenn durch den Einsatz solcher Gesichtserkennungssoftware in Verbindung mit einer öffentlichen Videoüberwachung umfangreiche Profile erstellt werden. Die Verarbeitung solcher Daten dürfte in der Regel nicht auf die typische Rechtsgrundlage der Videoüberwachung in der Öffentlichkeit durch Unternehmen gestützt werden (Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO) und wäre in der Konsequenz hierzulande unzulässig.

Ungeachtet dessen erscheinen die Szenarien der Forscher nicht ganz unrealistisch und sollten daher diskutiert werden.