Seit letztem Jahr gibt es in Berlin ein neues Gesetz, welches sich mit dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (kurz: ZwVbG) befasst. Danach bedarf etwa der Betrieb von Ferienwohnungen zukünftig einer Genehmigung. Mit diesem Gesetz versucht die Stadt etwas gegen die Umwandlung von Wohnungen in Gewerberäumen, in Ferienwohnungen sowie etwas gegen den ungenehmigten Leerstand bzw. vor Abriss zu unternehmen. Stellt sich die Frage, wie sich dieses Ziel praktisch realisieren lässt?

Ausgestaltung des Gesetzes

Diesbezüglich schafft die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (kurz: ZwVbVO), welche das ZwVbG konkretisiert, Abhilfe. Im Ergebnis droht demjenigen, der eine unter das Gesetz fallende Wohnung nicht bis Ende Juli 2014 angemeldet hat, schlimmstenfalls ein Bußgeld bis zu 50.000 €. Ausgenommen davon ist dabei unter anderem der Wohnraum, der bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der ZwVbVO (01.05.2014) für berufliche oder gewerbliche Zwecke genutzt wurde, bis zum Auslaufen des jeweiligen Vertrages.

Die erforderliche Genehmigung wird lediglich unter gewissen Voraussetzungen erteilt. Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz als überwiegendes schutzwürdiges privates Interesse oder die Schaffung von angemessenem Ersatzwohnraum sind einige Beispiele gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 ZwVbG.

Softwareeinsatz gegen illegalen Wohnraum

Um die betroffenen nicht genehmigten Objekte auch tatsächlich ausfindig zu machen und anschließend im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens in Anspruch nehmen zu können, soll nun eine spezielle Software eingesetzt werden, mit deren Hilfe eine flächendeckende und damit effektive Durchforstung des Internets erfolgen kann. Diese Suche wird insofern wohl anlasslos sämtliche auf einschlägigen Internetseiten, wie beispielsweise Wimdu & Airbnb, registrierten Wohnobjekte betreffen.

Datenschutzrechtliche Rechtfertigung

Da dieser Suche keine Einwilligung des Betroffenen, also des Verfügungs- bzw. Nutzungsberechtigten des Wohnraums zugrunde liegt, bedarf es einer Rechtsvorschrift zur datenschutzrechtlichen Rechtfertigung. Im ZwVbG selbst findet man zwar eine Regelung zur Datenverarbeitung. Gemäß § 5 ZwVbG ist das Bezirksamt als zuständige Stelle befugt gewisse Daten zu erheben und zu verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Gesetzes erforderlich ist. Gleichwohl kann diese Regelung nicht die systematische Durchforstung des Internets nach nicht genehmigten Angeboten rechtfertigen, da die Norm das Bezirksamt gerade nicht dazu ermächtigt, gezielt nach Gesetzesverstößen zu suchen. Allein aus der Befugnis, bestimmte Daten generell zu erheben, kann dieser Schluss nicht gezogen werden, zumal in § 5 Abs. 3 ZwVbG abschließend aufgelistet ist wann und wo die Behörde ausnahmsweise Daten auch ohne Kenntnis des Auskunftspflichtigen erheben darf (sogenannte Ausnahmen vom datenschutzrechtlich verankerten Direkterhebungsgrundsatz). Eine Erhebung im Internet findet sich darin gerade nicht wieder.

Somit bliebe nur noch der Rückgriff auf das Berliner Datenschutzgesetz (kurz: BlnDSG), speziell § 6 Abs. 1 Satz 2 BlnDSG. Aber auch diese Rechtsvorschrift, welche die Verarbeitung personenbezogener Daten für zulässig erklärt, wenn wegen der Art der Daten, der Offenkundigkeit oder wegen der Art der Verwendung schutzwürdige Belange der Betroffenen nicht beeinträchtigt werden, hilft nicht weiter. Sicher ist infolge der intensiven „Internetrecherche“ ein Rückschluss auf den Vermieter möglich und damit ein eindeutiger Personenbezug gegeben. Jedoch wird es zum einen am Merkmal der Offenkundigkeit scheitern, da die letztendlich durch die Suche erlangten Daten gerade nicht von Anfang an jedermann bekannt sind, sondern nur einem bestimmten Personenkreis. Generell erhält man bei der Suche nach einer Ferienwohnung in den meisten Fällen erstmal einzelne Informationen, wie beispielsweise den Vornamen des Anbieters oder einen Teil der Adresse. Erst durch weitere Klicks, oft auch mit Einloggen, gelangt man schließlich zu den vollständigen Informationen der Ferienwohnung, durch welche auch erst eine eindeutige personelle Zuordnung des Wohnobjektes möglich ist. Infolge dieser notwendigen Vorgehensweise dürfte die Offenkundigkeit spätestens verloren gegangen sein (vergleichbare Argumentation Urteil KG Berlin vom 18.03.1998 Az.: 1 Ss 359/97). Zum anderem dürften einer anlasslosen Durchforstung des Internets auch schutzwürdige Interessen des jeweils Betroffenen, wie etwa die Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG oder die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG sowie der Direkterhebungsgrundsatz iSd. § 10 BlnDSG entgegenstehen.

Öffentliche Kritik und Ausblick

Nachdem sich zunächst der Rechtswissenschaftler, Herr Helge Sodan, verheerend bezüglich dieses Gesetzes geäußert hat und dies sogar als unverhältnismäßig und unzumutbar bezeichnet hat, äußert sich zur geplanten Vorgehensweise jetzt auch der Berliner Datenschutzbeauftragte, Herr Alexander Dix, kritisch. Dix hält die gezielte Recherche nach illegalem Wohnraum für unzulässig. Auch seiner Ansicht nach sind die Grenzen einer zulässigen Datenerhebung und Datenverarbeitung klar in § 5 ZwVbG geregelt, ohne dabei auch eine gezielte Überprüfung sämtlicher Daten zu erwähnen. Nach Meinung von Dix fehle es an einem Verdachtsmoment, der aber bei der Ermittlung innerhalb von Ordnungswidrigkeiten- sowie Strafverfahren stets erforderlich ist. Mithin sei die systematische Durchforstung des Internets nicht gerechtfertigt. „Die Bezirke dürfen, wie bei allen anderen Ordnungswidrigkeiten und Strafverfahren, das Internet nutzen, wenn sie ein Verdachtsmoment haben. Sie dürfen nicht ins Blaue hinein ermitteln. Das darf keine Verwaltung und keine Strafverfolgungsbehörde.“ so Dix.

Als Konsequenz müsste daher zumindest einen Anfangsverdacht bezogen auf den Einzelfall vorliegen, beispielsweise örtlich beschränkt durch Mitteilung von Nachbarn. Abhilfe und auch eine gewisse Rechtsklarheit zur Möglichkeit, Mietobjekte im Internet per Software zu suchen, sowie zur Möglichkeit, eine Adresse nachträglich zu ermitteln, soll jetzt ein durch den stellvertretenen Bürgermeister und Stadtrat für Bürgerdienste in Berlin Mitte, Herr Stephan von Dassel, in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten geschaffen werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden.