Gemäß Straßenverkehrsordnung (StVO) ist die Nutzung von elektronischen Geräten wie Handys oder Tablets beim Führen eines Fahrzeugs untersagt und wird mit einem Bußgeld von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg geahndet. Um das in § 23 Abs. 1 lit. a StVO festgelegte Verbot besser kontrollieren zu können, hat die Polizei in Rheinland-Pfalz ein in den Niederlanden speziell entwickeltes Kamerasystem mit dem Namen Monocam getestet. Mit diesen bereits als „Handy-Blitzer“ bezeichneten Geräten sollen Ablenkungsverstöße im Straßenverkehr aufgedeckt werden.
Wie funktioniert die Kamera?
Durch einen speziellen Aufnahmewinkel von schräg oben kann die Kamera Gegenstände, die von der Person, die das Fahrzeug lenkt, während der Fahrt in der Hand gehalten werden, erfassen. Eine besonders programmierte Künstliche Intelligenz (KI) überprüft beim Vorbeifahren auf der Autobahn, ob der*die Fahrer*in einen Gegenstand in der Hand hält, der einem Handy ähnelt. Polizeibeamt*innen sichten und prüfen daraufhin die Aufnahmen nochmals händisch dahingehend, ob es sich bei dem in der Hand gehaltenen Gegenstand wirklich um ein verbotenes elektronisches Gerät handelt. Wenn dies nicht der Fall ist, wird das Foto unverzüglich gelöscht. Im Rahmen eines Pilotprojekts hat die Polizei in Rheinland-Pfalz das Monocam-System aus den Niederlanden getestet und die Testkamera auf Autobahnbrücken in der Nähe von Trier und aktuell in der Nähe von Mainz aufgestellt. Nach Auskunft des rheinland-pfälzischen Innenministeriums wurden im ersten 46-tägigen Testzeitraum 327 Verstöße festgestellt und 327 Bußgeldverfahren eingeleitet.
Ist das rechtens?
Im Vorfeld der Maßnahme hat das Innenministerium in Mainz die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen des Pilotprojekts mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationssicherheit von Rheinland-Pfalz (LfDI) abgestimmt. Da die Polizei sich zur Durchführung der Maßnahme auf die polizeigesetzliche Datenerhebungsgeneralklausel des Polizei- und Ordnungsgesetzes Rheinland-Pfalz (POG), § 29 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 POG, berufen kann, wurde seitens des Landesdatenschutzbeauftragten für die Testphase zunächst grünes Licht gegeben, wenn die Maßnahme als offene Maßnahmen durchgeführt wird und von der Polizei entsprechende Hinweisschilder vor dem abgefilmten Autobahnabschnitt aufgestellt werden, welche auf die Kontrollmaßnahme hinweisen.
Hinsichtlich möglicher Bußgeldverfahren hat sich der Landesdatenschutzbeauftragte von Rheinland-Pfalz jedoch von Anfang an skeptisch geäußert. Denn die Monocam filmt bei der Überwachung des Verkehrs zunächst alle vorbeifahrenden Fahrzeuge ab. Dabei werden massenhaft und anlasslos Bilder von Fahrzeugführenden und den Kennzeichen der Fahrzeuge erstellt. Zwar erfolgt die Speicherung der Bilder erst dann, wenn die KI erkennt, dass der*die Fahrer*in einen einem Handy ähnlichen Gegenstand in der Hand hält. Nach der Einordnung des Fotos durch die KI erfolgt in einem weiteren Schritt noch eine Sichtung durch Polizist*innen. Jedoch ist für diese massenhafte Datenerfassung eine spezielle datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage erforderlich, damit die Polizei nicht Gefahr läuft, dass Gerichte die Datenerfassung und die erstellten Bußgeldbescheide für rechtswidrig erklären.
Betroffene Handysünder*innen haben bereits Klage gegen die ergangenen Bußgeldbescheide eingereicht, da es – wie oben beschrieben – an einer entsprechenden Rechtsgrundlage für die Datenerhebung derzeit fehlt. Insbesondere sehen hier die Betroffenen ihre Persönlichkeitsrechte, wie bspw. die Privatsphäre, durch den Einsatz der Monocam angegriffen. Dass die eingereichten Klagen Aussicht auf Erfolg haben, ist naheliegend, da der oben zitierte § 29 POG als Generalklausel wohl für das hier angewandte Verfahren keine adäquate Rechtsgrundlage für das Erstellen der Fotos darstellt und somit auch keine rechtliche Grundlage für das Bußgeld besteht.
Fazit
Bei einer folgerichtigen Bewertung des Sachverhalts durch die Gerichte dürfte der grundgesetzliche Schutz des Persönlichkeitsrechts überwiegen. Denn es liegt seitens der betroffenen Autofahrenden weder eine Einwilligung noch eine sonstige Rechtsgrundlage für die Erstellung der Fotos durch die verwendete Monocam vor. Auch die zitierte Datenerhebungsgeneralklausel in § 29 des rheinland-pfälzischen POG deckt die massenhafte und anlasslose Datenerhebung, die über den Testbetrieb der Monocam hinausgeht, durch die Polizei nicht ab. Das grundlegende datenschutzrechtliche Prinzip, dass eine Datenverarbeitung nur dann erfolgen darf, wenn eine Rechtsgrundlage vorliegt, wurde seitens der Polizei nicht eingehalten. Möchte die Polizei das Handyverbot mittels Monocam überprüfen und Bußgeldbescheide erlassen, muss der Landesgesetzgeber in jedem Fall zunächst eine Rechtsgrundlage hierfür schaffen, um den rechtsstaatlichen Anforderungen zu genügen.