Die EU will ihre Außengrenzen besser schützen. Dazu soll in den nächsten Jahren (im Raum stehen 2022 oder 2023) ein Ein-/Ausreisesystem (Exit-Entry-System = EES) eingesetzt werden. Durch das EES werden Stammdaten der Einreisenden aus Drittländern wie z. B. Name und Geburtsdatum erhoben. Darüber hinaus sollen auch biometrische Daten wie Fingerabdrücke und Lichtbilder gespeichert werden. Außerdem werden Daten zum verwendeten Reisedokument (Art, Nummer, Code des ausstellenden Staates sowie Datum des Ablaufs der Gültigkeitsdauer) erfasst.

Bei der erstmaligen Einreise in den Schengen-Raum soll über jede Person ein Dossier mit den erhobenen Daten angelegt werden. Jede erneute Überschreitung der Außengrenze wird mit Datum- und Uhrzeitangaben sowie der Nennung der Kontrollstelle in dem Dossier erfasst. Durch diese Angaben kann die zulässige Aufenthaltszeit der Reisenden in der EU berechnet werden. Bei einer Überschreitung werden die Mitgliedstaaten informiert.

iBorderCtrl

Das europäische Forschungsprojekt iBorderCtrl (wir berichteten) soll dazu beitragen, solche Grenzkontrollen schneller und genauer zu machen. Reisende müssen sich online über das System voranmelden und dabei ein Bild aus dem Pass, (ggf.) ihr Visum und einen Nachweis über ausreichende finanzielle Mittel hochladen. Danach führen sie per Webcam ein „Interview“ mit einem Avatar, der in Aussehen und Sprache dem jeweiligen Einreisewilligen angepasst ist. Dabei wird die Mimik nach Anzeichen für Lügen untersucht. Das System vergibt dann einen Risikoscore. An der physischen Grenze angekommen, werden die Einreisewilligen dann erneut überprüft. Dabei unterscheiden die Grenzbeamten dann nach durch das System eingestuften unauffälligen und auffälligen Reisenden. Auffällige Reisende müssen erneut Fingerabdrücke abgeben, einen Handvenenscan und einen Gesichtsabgleich über sich ergehen lassen.

Das Projekt iBorderCtrl hatte für heftige Kritik gesorgt. Dieser Kritik begegneten Vertreter der EU sowie der Beteiligten mit Beschwichtigungen, es handele sich ausschließlich um Forschung. Patrick Breyer, der für die Piraten im EU-Parlament sitzt, hatte bereits 2019 vor dem EuGH Klage auf Offenlegung von Projektunterlagen und -berichten eingereicht. Das Urteil steht noch aus.

Patrick Breyer lässt Zweifel an diesen Aussagen aufkommen.

Nun hat Herr Breyer ein geschwärztes Dokument von iBorderCtrl wieder lesbar und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Wie netzpolitik.org berichtet lassen die bisher geschwärzten Passagen des Dokuments erkennen, dass es eben nicht nur um Forschung geht. So werden Gesetzesänderungen zur Einführung der „Lügendetektor“-Technologie anvisiert.

Doch mehr als nur Forschung

So wird in dem Dokument davon gesprochen, dass „einige politische und rechtliche Reformen notwendig“ seien, um die Ergebnisse von iBorderCtrl „effektiv“ in bestehende Grenzkontrollsysteme zu integrieren (vgl. netzpolitik.org). Betroffen sein sollen sowohl der „Lügendetektortest“ als auch die automatische Analyse von Social Media Konten.