Informationen darüber, wann Sie wie oft wohin fliegen, können für Fluggesellschaften sehr wertvoll sein. Dies führt dazu, dass bei Buchungen über das internationale Reservierungssystem GDS ab dem 01. September 2015 von der Lufthansa 16 Euro einzogen werden, wenn ein Flug mit Austrian, Brussels, Lufthansa oder SWISS gebucht wird. Begründet wird die Buchungsgebühr damit, dass die Kosten einer GDS-Buchung 18 Euro betragen würden, eine Buchung über die Lufthansa-eigenen Systeme jedoch nur zwei Euro koste. Die Differenz von 16 Euro soll nun in Rechnung gestellt werden.

Der deutsche Reiseverband (DRV), der die Interessen von Reiseveranstaltern und Reisevermittlern vertritt, hat bereits das Bundeskartellamt mit der Gebührenstruktur befasst, weil diese unverhältnismäßig und intransparent sei. Die Gebühr geht zulasten der Reisebüros, weil diese mit den auf den Lufthansa-Webseiten angezeigten Tarifen nicht mehr Schritt halten können. Teuer werden können die Gebühren aber auch für Großkunden, die darauf angewiesen sind, viele Tickets zu kaufen. Diese sind häufig über ihre Reisemanagement-Systeme direkt mit dem GDS verbunden, so dass Daten über die Buchungssysteme der Mitarbeiter direkt in die Buchungs- und Auswertungssysteme übertragen werden.

Aus Daten werden Preise

Kleineren Unternehmen kann die dynamische Preisgestaltung zum Verhängnis werden. Wenn die Lufthansa es vermag, mehr Buchungen direkt über ihre Webseite abwickeln zu lassen, können Reisemuster frühzeitig erkannt werden. Bei regelmäßigen Buchungen an einem bestimmten Wochentag kann davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um geschäftlich veranlasste Buchungen handelt, auf die der jeweilige Kunde angewiesen ist. Eine dynamische Preisgestaltung erlaubt es in diesem Fall, dem Kunden direkt höhere Preise anzubieten, als sie jemand zu zahlen bereit wäre, der nicht an einem bestimmten Wochentag reisen muss. Auch wenn aus einem Unternehmen von verschiedenen Orten aus mehrere Buchungen zum selben Ziel gemacht werden, spricht dies für eine Veranstaltung, deren Ort sich nicht mehr ändern lässt. In der Folge können mittels der dynamischen Preisgestaltung die Preise für die weiteren Teilnehmer angehoben werden.

Die Fluggesellschaften haben daher ein vitales Interesse daran, dass über die unternehmenseigenen Webseiten gebucht wird. Hierbei lässt sich der einzelne Kunde bereits vor Abschluss der Reservierung über die IP-Adresse, Browsereinstellungen und Plug-Ins besser identifizieren. An dieser Stelle kommen datenschutzrechtliche Aspekte mit ins Spiel. Wenn die Kunden über Buchungen auf den konzerneigenen Webseiten bereits vor der eigentlichen Buchung ermittelt werden können, können Rückschlüsse auf das Reiseverhalten des einzelnen nur anhand seiner Buchungsanfragen gezogen werden. Den Nutzern dürfte das vielfach nicht bewusst sein, insbesondere wenn die Datenschutzerklärung der Webseite einen expliziten Hinweis hierauf vermissen lässt.

Fazit

Das beschriebene Modell der dynamischen Preisgestaltung ist einmal mehr ein Beispiel dafür, wie eng kartellrechtliche Fragen mit dem Datenschutzrecht verwoben sein können und wie sehr die Transparenz bei Buchungssystemen zugunsten einer individuellen Preisgestaltung eingeschränkt wird. Auch wenn in diesem Fall zunächst die Wettbewerbsaufsicht gefordert ist, für transparente Rahmenbedingungen zu sorgen, sind es letztlich die personenbezogenen Daten der Kunden, die Rückschlüsse auf ihr Reiseverhalten und damit wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen überhaupt erst zulassen. Auch hieran wird deutlich, dass Daten – nicht nur aus Sicht der Anleger – als das viel beschworene neue Öl zu werten sind.

Big Data kann eben durchaus ein interessengeleitetes Phänomen sein, das oftmals auf Intransparenz zulasten einzelner Endnutzer basiert und mitunter wenig mit Schwarmintelligenz gemein hat. Die Kunden erhalten aufgrund ihres vorherigen Buchungsverhaltens alternative Tarife oder bessere Flugverbindungen bei anderen Fluggesellschaften nämlich gar nicht mehr angezeigt. Eine entsprechende Beschwerde des Branchenverbands ECTAA wurde am 24. Juli 2015 bei der EU-Kommission eingereicht – wir halten Sie hierzu gerne auf dem Laufenden.