Nachdem das Gesetzgebungsvorhaben der Bundesregierung (wir berichteten) zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) im Bundesrat gestoppt wurde, steht die Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie in deutsches Recht weiterhin aus.
Diese Entwicklung führt zwar zu einer Verzögerung des Gesetzesvorhabens, da mit einem Verfahren im Vermittlungsausschuss zu rechnen ist. Die Verzögerung dürfte jedoch nur von kurzer Dauer sein, da die EU-Kommission bereits ein Klageverfahren gegenüber Deutschland sowie sieben weiteren Mitgliedsstaaten angekündigt hat. Dies stellt eine Eskalation des bereits zuvor in die Wege geleiteten Vertragsverletzungsverfahrens aufgrund nicht fristgemäßer Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie dar. Verstärkt wird dies letztlich auch durch den politischen Druck und die mediale Aufmerksamkeit.
Auf was müssen sich Organisationen einstellen?
Selbst wenn ein neues Hinweisgeberschutzgesetz im Vergleich zu der im Bundesrat gescheiterten Version an manchen Stellen abgeändert werden sollte, müssen die Vorgaben der EU-Whistleblowing-Richtlinie in diesem Gesetz Berücksichtigung finden. Die in der EU-Richtlinie genannten Fristen müssen dementsprechend auch in einem angepassten Gesetz umgesetzt werden. Demnach werden ab dem 17.12.2023 Unternehmen mit einer Mitarbeiteranzahl von 50 bis 249 weiterhin zur Einrichtung eines Hinweisgeberkanals verpflichtet. Für Unternehmen ab einer Mitarbeiterzahl von 250 gelten die Verpflichtungen dann unmittelbar nach dem Inkrafttreten des Gesetzes.
Was ist darüber hinaus zu beachten?
Ein Hinweisgebersystem ist für diverse Organisationen jedoch bereits erforderlich, um den in § 5 Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) enthaltenen Erlaubnistatbestand auszuschließen. Andernfalls kann sogar die Offenlegung von Fehlverhalten und damit verbundenen Geschäftsgeheimnissen eine nicht strafbare Handlung im Sinne des GeschGehG darstellen. Darüber hinaus stellt ein Hinweisgebersystem einen unverzichtbaren Teil jedes nachhaltig funktionierenden Compliance Managementsystems dar. Ein Meldekanal trägt wesentlich dazu bei Fehlverhalten in Organisationen frühzeitig aufzudecken, dieses zu verfolgen, zu sanktionieren und damit weiteren Verstößen langfristig vorzubeugen.
Die Verzögerung im Gesetzgebungsprozess führt letztlich nicht zu einer Entspannung für die (zukünftig) verpflichteten Organisationen. Diese sollten daher die verbleibende Zeit bis zur Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie nutzen, um sich auf die Einführung eines Meldekanals vorzubereiten.