Wer eine Wohnung sucht, kennt das Problem: Vor allem in Großstädten ist das Angebot knapp und die Konkurrenz groß. Doch muss man als Wohnungssuchender automatisch sofort tief in die Tasche greifen, um überhaupt eine Chance zu haben?

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts (LG) Berlin (LG Berlin, Urteil vom 19.06.2025, Az. 52 O 65/23) könnte künftig für mehr Schutz von Wohnungssuchenden sorgen – sowohl vor überhöhten Anforderungen als auch vor unzulässiger Datenerhebung. Denn das Gericht folgte der Auffassung des klagenden Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) und entschied, dass Wohnungssuchende auf Deutschlands größtem Immobilienportal, ImmoScout24, einerseits durch irreführende Aussagen zum Kauf eines kostenpflichtigen Zusatzprodukts („SCHUFA-BonitätsCheck“) gedrängt und andererseits zur Preisgabe sensibler persönlicher Daten ohne wirksame Rechtsgrundlage veranlasst wurden (siehe auch Pressemitteilung des vzbv).

Irreführende Werbung

Die Immobilien Scout GmbH bot auf der Plattform ImmoScout24 einen „SCHUFA-BonitätsCheck“ für 29,95 Euro an und bewarb das Produkt u. a. mit folgenden Aussagen:

  • „Immer häufiger verlangen Vermieter schon bei der Besichtigung einen SCHUFA-BonitätsCheck. Weisen Sie Ihre Zuverlässigkeit bei uns einfach nach.“
  • „[…] Besonders in großen Städten mit geringem Wohnungsangebot ähneln Besichtigungen einem Bewerbungsgespräch, zu dem potenzielle Mieter eine Mappe mit allen relevanten Unterlagen zu ihrer Person mitbringen. Die SCHUFA Auskunft ist dabei ein wichtiger Bestandteil dieser Bewerbungsmappe.“

Das Gericht stufte die Werbung mit einem kostenpflichtigen „SCHUFA-BonitätsCheck“ als irreführend ein. Durch die genannten Aussagen entstand aus Sicht des Gerichts der Eindruck, dass Vermieter schon bei der Wohnungsbesichtigung eine Bonitätsauskunft von Mietinteressenten verlangen dürfen. Das ist aber gerade nicht der Fall! Vielmehr sind sich Deutschlands Datenschützer und Datenschutzbehörden nahezu einig darüber, dass eine Bonitätsauskunft erst verlangt werden darf, wenn der Abschluss des Mietvertrags kurz bevorsteht und nur noch vom Ergebnis der Bonitätsprüfung abhängt (wir berichteten). Durch die Werbung entstehe für viele Wohnungssuchende der Eindruck, dass sie ohne dieses Dokument kaum Chancen auf dem Wohnungsmarkt hätten.

Zwar befand sich auf der Plattform grundsätzlich auch ein Hinweis zur tatsächlichen Rechtslage in den „Fragen und Antworten“, dieser sei aber nach Ansicht des Gerichts deutlich weniger auffällig als die hervorgehobenen Werbetexte gewesen und daher nicht geeignet, den falschen Eindruck zu korrigieren.

Unzulässige Datenverarbeitung

Das LG Berlin beanstandete zudem eine unzulässige Datenerhebung seitens ImmobilienScout24. Im Rahmen einer digitalen Selbstauskunft konnten Nutzer dort persönliche Angaben wie Beschäftigungsart, Nettoeinkommen oder Rauchgewohnheiten eintragen. Diese Daten wurden in den Profilen gespeichert und sollten Vermietern zugänglich gemacht werden. Zwar bewarb ImmobilienScout24 die Funktion als „sicher und datenschutzkonform“, doch das LG Berlin kam zu einer anderen Einschätzung: Für die betreffende Datenverarbeitung fehle eine wirksame Rechtsgrundlage. Insbesondere sei keine freiwillige und eindeutige Einwilligung der Nutzer erkennbar. Eine solche Einwilligung setze voraus, dass die Betroffenen ihre Entscheidung in Kenntnis der Folgen und ohne äußeren Druck treffen. Bei der Wohnungssuche liege jedoch eine faktische Zwangssituation vor, da viele Verbraucher sich genötigt fühlten, persönliche Daten preiszugeben, um ihre Chancen auf eine Wohnung zu erhöhen. In einem solchen Kontext könne nicht von einer freien Entscheidung ausgegangen werden. Darüber hinaus sei die Formulierung auf der Webseite irreführend gewesen, da sie den Eindruck vermittelt habe, die Angabe dieser Daten sei für die Nutzung der Plattform erforderlich.

Fazit

Das Urteil des LG Berlin setzt ein deutliches Zeichen für mehr Transparenz und Datenschutz im digitalen Wohnungsmarkt. Es macht klar, dass Verbraucher weder durch irreführende Werbung zu kostenpflichtigen Zusatzprodukten gedrängt noch zur Preisgabe sensibler Daten ohne wirksame Einwilligung veranlasst werden dürfen. Gerade in einem ohnehin angespannten Mietmarkt ist es entscheidend, dass Wohnungssuchende fair behandelt und nicht durch manipulative Darstellungen unter Druck gesetzt werden.

Gleichwohl ist das Verfahren derzeit noch nicht rechtskräftig: Die Immobilien Scout GmbH hat gegen die Entscheidung Berufung beim Kammergericht (KG) Berlin eingelegt (KG Berlin, Az. 5 U 63/25). Bis zu einer endgültigen Entscheidung bleibt daher offen, ob das Urteil Bestand haben wird. Unabhängig davon sendet dieses jedoch bereits ein wichtiges Signal an Plattformbetreiber in der Immobilienbranche!