Es hört sich an, als sei der Konflikt der griechischen Komödie entsprungen. Menanders Smikrines hat ein unbändiges Verlangen, das Charisios zu erfüllen nicht bereit ist. Aber wir haben es natürlich nicht mit einem Konflikt aus der spätathenischen Epoche, das durch Menanders Wirken literatischen Niederschlag gefunden hat, zu tun, sondern vielmehr mit dem Klassiker aktuellen Datenschutzrechts: Auf der einen Seite ein Vertreter der Exekutive, hier der Zoll, auf der anderen Seite ein Vertreter des Volkes, hier in Gestalt einer Firma. Und der Konflikt wird vor einem Gericht, hier dem FG Düsseldorf und dann dem EuGH, ausgetragen, und nicht durch Intrige, Verrat, wie einst im griechischen Theater.

Zum Hintergrund:

Der Zoll verlangt Angaben der Unternehmen über die Zollverantwortlichen, also auch Mitarbeiter. Diese Daten gehen weit über das bisher bekannte Maß hinaus.

Durch den neuen, zum 01.06.2016 in Kraft getretenen Unionszollkodex wird das Verfahren zur Erteilung der zollrechtlichen Bewilligung, also der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Zwecke des Zollverkehrs neu geregelt. Für die Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung, die beispielsweise für die Ein- und Ausfuhr von Kriegswaffen (i. S. d. § 3 Abs 3 KrWaffKontrG) oder eine erleichterte Zollanmeldung erforderlich ist, werden die Firmen, die bisher am Zollverkehr teilgenommen haben, aufgefordert, einen Fragenkatalog zur Selbstbewertung als zugelassener Wirtschaftsbeteiligter (AEO) auszufüllen.

Der angeforderte Fragenkatalog hat es durchaus in sich, denn es sollen die Daten der Beteiligten, wie Vor- und Nachname, Geburtsdatum, verantwortliches Veranlagungsfinanzamt sowie Steueridentifikationsnummer der Geschäftsführer, aber auch der für Zollaufgaben zuständigen Mitarbeiter des Unternehmens übermittelt werden. Der Zoll soll mit diesen Daten die zollrechtliche Zuverlässigkeit der Verantwortlichen bewerten. Diese Zuverlässigkeit setzt voraus, dass in den letzten drei Jahren keine schwerwiegenden oder wiederholten Steuer- oder Zollstraftaten begangen wurden.

Um seiner Forderung den notwendigen Nachdruck zu verleihen, hat der Zoll angekündigt, dass bei fehlender Information durch das Unternehmen nicht nur die erneute Bewilligung abgelehnt, sondern auch bestehende Bewilligungen widerrufen werden würden.

Hiermit zeigte sich ein Unternehmen aber nicht einverstanden und scheute den Rechtsstreit nicht. Man klagte vor dem Finanzgericht Düsseldorf, das sich der Argumentation des Klägers nicht versperren konnte. Das Finanzgericht legte die Sache dem EuGH (Beschluss des FG Düsseldorf vom 09.08.2017 – 4 K 1404/ 17Z) vor, damit geprüft wird, ob das Anforderung der Daten der Aufsichtsräte und Angestellten dem europäischen Recht entspricht. Aus der Vorlage darf geschlossen werden, dass das Gericht offensichtlich Zweifel hat.

Die Praxis des Zolls lässt uns an der Rechtmäßigkeit zweifeln, denn der Wunsch des Zolls entspringt aus der unzutreffenden Annahme, dass die Zuverlässigkeit des Mitarbeiters aus den erhaltenden Daten abgeleitet werden kann. Aber gerade hieran fehlt es, denn die aktuellen Verfahrensdauern in Steuerstrafverfahren lässt es unwahrscheinlich werden, dass eine Steuerstraftat innerhalb von drei Jahren in die eine oder andere Richtung erledigt worden ist. Und Straftaten, die länger als drei Jahre zurückliegen, bleiben bei der Bewertung außen vor.

Und kann man dieses Vorgehen durch eine Einwilligung des Betroffenen umgehen? Mitnichten, denn eine Einwilligung, die der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer anfordert, krankt an dem Grundproblem der Freiwilligkeit. Die Freiwilligkeit einer solchen Erklärung dürfte vor dem Hintergrund der arbeitgeberischen Anforderung ausscheiden. Wie freiwillig handelt ein Arbeitnehmer, wenn er zu dieser Handlung vom Arbeitgeber veranlasst oder gar gezwungen wurde? Verstärkt wird dies noch dadurch, dass der Zoll mit rechtlichen Nachteilen droht, wenn die Daten nicht übermittelt werden. Die drohenden Konsequenzen setzen den Arbeitgeber, das Unternehmen, so unter Druck, dass auch auf den Mitarbeiter Druck ausgeübt werden wird, um die Erklärung zu erhalten. Dies alles hat nicht mit Freiwilligkeit zu tun.

Im Hinblick auf die in Kraft tretende DSGVO ist der Schritt des FG Düsseldorf zu begrüßen, denn die rechtlichen Anforderungen an verantwortliche Stellen werden deutlich steigen.