Mit genau dieser Frage hatte sich die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Bremen in einer Entscheidung vom 22.06.2022 zu befassen (Az.: 4 K 1/21). Das Verwaltungsgericht Bremen kam dann zu der Entscheidung, dass in gewissen Konstellationen auch eine unvollständige Auskunft gegenüber Betroffenen einen Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfüllen kann.

Was war passiert?

Die Kläger machte gegenüber der Beklagten (Amt für Jugend, Familie und Frauen) Auskunftsansprüche nach der DSGVO geltend. Zwar erteilte die Beklagte eine Auskunft nach Art. 15 DSGVO, jedoch war diese nicht vollständig. Die Auskunft der Beklagten (Schreiben und Tabellen) enthielt keine Information über das Bestehen einer automatischen Entscheidungsfindung einschließlich Profiling, keinen Hinweis zum Beschwerderecht bei einer Aufsichtsbehörde und keinen Hinweis auf das Bestehen von Betroffenenrechten.

Entscheidung des Gerichts

Trotzdem sah das Gericht die geltend gemachten Auskunftsansprüche nach Art. 15 DSGVO zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als erfüllt an. Zwar erbrachte die Beklagte einen Teil der Auskunft erst nach Klageerhebung, aber noch vor der mündlichen Verhandlung, was den maßgeblichen Zeitpunkt für das Gericht darstellt.

Bei dem Hinweis auf das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde verwies das Gericht kurzerhand auf das ursprüngliche Schreiben der Beklagten und ließ das genügen:
„Der Anspruch aus Art. 15 Abs. 1 lit. f DSGVO, also auf einen Hinweis auf das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde, wurde bereits mit dem Schreiben der Beklagten vom 24.06.2020 erfüllt. Hier hatte die Beklagte auf Seite 2 bereits darauf hingewiesen, dass die Kläger für den Fall, dass sie die Auffassung verträten, ihre Daten würden rechtswidrig verarbeitet, Beschwerde bei der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit der Freien Hansestadt Bremen einreichen könnten.“

Ein zu erfolgender Hinweis von der Beklagten über das Bestehen von Betroffenenrechten nach Art. 15 Abs. 1 lit. e DSGVO sah das Gericht nicht. Zwar sah das Gericht in keinem der Schreiben bzw. Tabellen eine Information hinsichtlich der Betroffenenrechte, stellte aber klar, dass hierfür nach seiner Auffassung keine Erforderlichkeit (mehr) bestand:
„Für den Hinweis auf das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der die Kläger betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung (Art. 15 Abs. 1 lit. e DSGVO) bestand kein Bedürfnis, nachdem die Kläger bereits in den Schriftsatz vom 04.01.2021, mit dem sie die Klage eingereicht hatten, Art. 15 Abs. 1 DSGVO vollständig zitiert hatten. Die Kläger können sich im vorliegenden Fall gerade nicht darauf berufen, sie hätten keine Kenntnis von ihren Betroffenenrechten gehabt und die Beklagte müsste nun dazu verpflichtet werden, sie hierauf hinzuweisen. Denn auf diese Weise könnten die Kläger keine Verbesserung ihrer Rechtsposition erreichen. Eine Klage, bei der nicht einmal die Möglichkeit einer Verbesserung der eigenen Rechtsposition besteht, ist als rechtsmissbräuchlich zu bewerten und daher unzulässig (so auch: BVerwG, Urt. v. 21.08.2003 ‑ 3 C 15/03 ‑, juris Rn. 28).“

Weiterhin stellte das Gericht klar, dass hier keine Information über das Bestehen einer automatischen Entscheidungsfindung einschließlich Profiling hätte erfolgen müssen:
„Für den Hinweis auf das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 und ­­zumindest in diesen Fällen ‑ aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person (Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO), bestand kein Bedürfnis, weil im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die personenbezogenen Daten der Kläger zum Zwecke der automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling verarbeitet worden sein könnten. Hierauf bezogenen Ausführungen sind von Seiten der Kläger auch im Verlaufe des Verfahrens nicht erfolgt. Im Ergebnis erscheint es der Kammer auch als gänzlich fernliegend, dass die Daten der Kläger zum Zwecke der automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling verarbeitet worden sein könnten.“

Fazit

Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bremen darf durchaus kritisch gesehen werden. Meines Erachtens ist die Argumentation des Gerichts hinsichtlich der fehlenden Information über das Bestehen einer automatischen Entscheidungsfindung einschließlich Profiling nachvollziehbar und vertretbar. Auch wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass der Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO („zumindest“) nahelegt, dass eine derartige Auskunftspflicht nur in den Fällen des Art. 22 DSGVO besteht, in sonstigen, nicht unter Art. 22 DSGVO subsumierbaren Fällen, jedoch nicht besteht, freiwillig aber möglich bleibt (vgl. Schmidt-Wudy, in: BeckOK Datenschutzrecht, Wolff/Brink, 40. Edition, Rn. 77). Hinsichtlich der anderen beiden Punkte – fehlende Hinweise zum Beschwerderecht und zu den Betroffenenrechten – lässt sich meines Erachtens sehr gut eine andere Meinung vertreten.

Insgesamt ist diese Entscheidung als Einzelfall einzustufen und sollte im Rahmen einer Auskunftserteilung nicht als Vorbild dienen. Schon gar nicht für privatwirtschaftliche Unternehmen, bei denen nicht selten strengere Maßstäbe herangezogen werden.