Für jede Datenverarbeitung ist gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 6 DSGVO eine Rechtsgrundlage erforderlich. Bei Fotos benötigen Verantwortliche sowohl für das Anfertigen als auch für die Veröffentlichung des Fotos eine Rechtsgrundlage.

Im Folgenden wird auf die Veröffentlichung eines Klassenfotos auf der Webseite einer Schule eingegangen. In seinem Tätigkeitsbericht über das vergangene Jahr berichtet der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (TLfDI) über eine solche Veröffentlichung, bei der keine Einwilligung vorgelegen hat. Es stellt sich die Frage, ob dies rechtmäßig ist.

Sachverhalt

Auf der Schulwebseite einer Thüringer Schule wurde ein Klassenfoto einer Grundschulklasse veröffentlicht. Da die Eltern einer abgebildeten Schülerin keine Einwilligung zur Veröffentlichung erteilt hatten, wurde das Klassenfoto vor der Veröffentlichung so bearbeitet, dass das Gesicht des Mädchens „wenig schmeichelhaft mit einem schwarzen Bart, einer dicken Brille und zotteligen langen Haaren übermalt worden war“ (siehe S. 105 des Tätigkeitsberichts 2023 des TlfDI). Die Eltern informierten daraufhin den TLfDI, der den Fall prüfte.

Rechtsgrundlage

Für die Erstellung und Veröffentlichung von Fotos wird regelmäßig die Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO als Rechtsgrundlage herangezogen. Eine Einwilligung zur Fotoveröffentlichung hatten die Eltern hier weder auf dem Einschulungsbogen noch danach für einzelne schulische Ereignisse erteilt.

Als weitere in Betracht kommende Rechtsgrundlage geht der TLfDI auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e DSGVO ein, wonach die Verarbeitung ebenfalls rechtmäßig sein könnte, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich wäre, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgte, die der Schule übertragen wurde. Der TLfDI führt aus, dass eine legitimierende Vorschrift weder im Thüringer Schulgesetz noch in der Thüringer Schulordnung enthalten sei, sodass die Schule sich nicht auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e DSGVO stützen könne.

Vom TLfDI zu einer Stellungnahme aufgefordert, gab die Schule an, dass gemäß § 23 KunstUrhG keine Einwilligung erforderlich sei, wenn die Veranstaltung im Vordergrund stehe. Dem entgegnete der TLfDI jedoch, dass Schüler*innen bei einer Einschulung maßgeblich im Vordergrund stünden und nicht bloß Beiwerk zur Schule seien, sodass § 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrhG verneint wurde. Ferner läge keine Versammlung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG vor.

Abschließend betonte der TLfDI noch, dass die Unkenntlichmachung des Gesichts der Schule dem Erwägungsgrund 42 S. 5 DSGVO widerspricht, wonach die Einwilligung verweigert werden könne, ohne Nachteile zu erleiden. Ohne Einwilligung solle erst gar kein Foto erstellt werden oder eine Bildbearbeitung durch Verpixeln oder Herausschneiden erfolgen.

Anwendbarkeit des KunstUrhG

Die Anfertigung eines Fotos richtet sich nach den Vorschriften der DSGVO. Für die Anfertigung gibt es im KunstUrhG keine Regelungen.

Das KunstUrhG sieht Regelungen vor, wenn Fotos verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Daher stellt sich immer wieder die Frage, ob das KunstUrhG neben der DSGVO anwendbar ist, Vorrang genießt oder von der DSGVO verdrängt wird. Hierzu werden im Folgenden ein paar Auffassungen von Datenschutzaufsichtsbehörden dargestellt, wobei das Vorrangverhältnis nicht immer erwähnt wird.

Der TLfDI hat im oben geschilderten Fall die Regelungen der DSGVO und des KunstUrhG geprüft. Daher wird von einer Anwendbarkeit des KunstUrhG neben der DSGVO ausgegangen.

Auch die Sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte bejaht auf Ihrer Webseite im Bereich „Datenschutz in der Schule“ die Anwendbarkeit des KunstUrhG: „Für die Zulässigkeit der Verbreitung und Veröffentlichung personenbezogener Abbildungen gelten weiterhin unverändert die bundesgesetzlichen Vorschriften des Kunsturheberrechtsgesetzes.“

Der LfDI Baden-Württemberg lässt in der Handreichung „Fotografieren und Datenschutz“ aus dem Jahr 2019, S. 4, die Frage offen und vertritt die Auffassung, dass die Wertungen des KunstUrhG jedenfalls in die Abwägungsentscheidung gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO einfließen. Dies gelte insbesondere für die ersten drei Fälle des § 23 Abs. 1 KunstUrhG.

Auch die LDA Brandenburg lässt die Frage in der Veröffentlichung „Verarbeitung personenbezogener Daten bei Fotografien“ aus dem Jahr 2018, S. 6, offen, sodass die in § 23 KunstUrhG geregelten Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis Berücksichtigung finden könnten.

Unter den genannten Auffassungen der Datenschutzaufsichtsbehörden ist somit keine dabei, welche die Anwendbarkeit des KunstUrhG ausdrücklich verneint. Sofern keine Einwilligung für die Veröffentlichung eines Fotos vorliegen sollte, wären somit aus Sicht dieser Datenschutzaufsichtsbehörden auch die Fälle des § 23 KunstUrhG zu berücksichtigen.

Fazit

Zwar können aus Sicht der dargestellten Auffassungen der Datenschutzaufsichtsbehörden die Erwägungen des § 23 KunstUrhG herangezogen werden, wonach unter den dort geregelten Ausnahmen eine Veröffentlichung von Fotos ohne Einwilligung möglich ist. Gerade bei einem Klassenfoto stellen die einzelnen Schulkinder jedoch regelmäßig nicht nur ein Beiwerk auf dem Foto dar und sind auch nicht Teil einer Versammlung, sodass bereits aus diesem Grund ein Berufen auf § 23 Abs. 1 Nr. 2 und 3 KunstUrhG ausscheidet. Schulkinder auf einem Klassenfoto sind vielmehr essenzieller Bestandteil dieses Fotos, sodass bei Minderjährigen die Einwilligung der sorgeberechtigten Personen erforderlich ist. Bei fehlender Einwilligung dürfte somit kein Foto des Schulkindes veröffentlicht werden. Etwaige Bearbeitungen des Fotos, durch die eine Person erkennbar bleibt, sind ebenfalls unzulässig.