Mit dieser Frage hatte sich das Verwaltungsgericht (VG) Mainz in einem aktuellen Verfahren zu befassen. Die Antwort im Urteil vom 24.09.2020 (Aktenzeichen: 1 K 584/19.MZ) lautet:
Nein, kann sie nicht.
Hintergrund des Verfahrens war ein Bescheid der Datenschutz Aufsichtsbehörde Rheinland-Pfalz vom 23.11.2018. Dort hatte die Behörde dem späteren Kläger u.a. den Betrieb einer Kamera zur Videoüberwachung untersagt und den Abbau der besagten Kamera gefordert. Gegen diesen Bescheid wehrte sich der Empfänger per Anfechtungsklage vor dem VG Mainz.
Die Rechtswidrigkeit der Videoüberwachung und die Untersagung des Betriebs der Kamera wurden vom VG bestätigt. Nicht jedoch die Verfügung zum Abbau der Kamera. Datenschutz Aufsichtsbehörden können lediglich in dem Rahmen Verfügungen erlassen, in dem ihnen das Gesetz dies ermöglicht. In Artikel 58 Abs. 2 lit. f DSGVO heißt es:
„Jede Aufsichtsbehörde verfügt über sämtliche folgenden Abhilfebefugnisse, die es ihr gestatten, eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, zu verhängen, […].“
Die Aufsichtsbehörde argumentierte, dass bei einer bloßen Abschaltung der Kamera diese dann als faktische Attrappe einen unzulässigen Überwachungsdruck generiere. Nur durch eine Entfernung der Kamera könne darüber hinaus sichergestellt werden, dass die unzulässige Videoüberwachung nicht wiederaufgenommen werde.
Dem folgte das VG jedoch nicht. Stattdessen ging es davon aus, dass es für die Anordnung zum Abbau der Kamera an einer Ermächtigungsgrundlage fehle. „Artikel 58 Abs. 2 lit. f DSGVO erlaubt der Aufsichtsbehörde, eine Datenverarbeitung vorübergehend oder endgültig zu beschränken oder sogar zu verbieten. Von dieser Rechtsgrundlage ist jedoch die Anordnung der Demontage der Verarbeitungsanlage nicht mitumfasst. Das Verbot der Datenverarbeitung bezieht sich auf eine bestimmte Handlung, nicht aber das Vorhandensein einer – ausgeschalteten – Datenverarbeitungsanlage.“
Weiter stellte das VG juristisch korrekt fest, dass bei einer deaktivierten Kamera der sachliche Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gar nicht eröffnet ist. Nach Artikel 2 Abs. 1 DSGVO gilt die DSGVO dann, wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden. Eine deaktivierte Kamera verarbeitet jedoch naturgemäß keine personenbezogenen Daten.
Zur Klarstellung sollen hier noch zwei Punkte genannt werden:
Zum einen kann die Abschaltung einer rechtswidrigen Überwachungskamera durch eine Aufsichtsbehörde natürlich verlangt werden. Zum anderen kann sich gegen deaktivierte Kameras und Kameraattrappen zivilrechtlich gewehrt werden. Es wurde bereits mehrfach gerichtlich entschieden, dass auch Kameraattrappen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bedeuten können und eine Unterlassung verlangt werden kann. Nur eine Aufsichtsbehörde kann den Abbau einer Kamera nach derzeitiger Rechtslage nicht verlangen.
Voxi60
18. August 2021 @ 13:27
Sie schreiben:
„Es wurde bereits mehrfach gerichtlich entschieden, dass auch Kameraattrappen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bedeuten können und eine Unterlassung verlangt werden kann.“
Wo kann ich die Urteile zu Kameraattrappen finden?
Christian Dugall
18. August 2021 @ 15:20
Hallo. Als Beispiele seien „LG Koblenz, Beschl. v. 05.09.2019, Az. 13 S 17/19“ und „LG Bonn, Urteil vom 16.11.2004 – 8 S 139/04“ genannt.