Am 29.06.2022 veröffentlichte die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen (LDI NRW) ihren 27. Tätigkeitsbericht für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12.2021.

In diesem hob die LDI NRW auf Seite 30 etwas hervor, was durch Inkrafttreten des TTDSG Ende letzten Jahres längst Einzug in unsere Gesetze gefunden hat, aber an vielen vorbei gegangen ist:

„Videokonferenzdienste, die bis zum 1. Dezember 2021 als Telemediendienste eingeordnet wurden, sind nunmehr als Telekommunikationsdienste zu bewerten. Das führt unter anderem dazu, dass Stellen, die Videokonferenzdienste einsetzen, keinen Auftragsverarbeitungsvertrag mehr mit den Videokonferenzanbieter*innen abschließen müssen und für die aufgrund der Übertragung des Videochats verarbeiteten personenbezogenen Daten nicht mehr verantwortlich sind.“

Über einige Neuerungen, die das TTDSG mit sich brachte, haben wir bereits an anderen Stellen berichtet:

TTDSG – Gesetz mit Auswirkungen auf den Datenschutz? Ein erster Überblick

Das TTDSG tritt in Kraft: Neue Regeln beim Betreiben der Website?

Nach Einordnung der LDI NRW wären öffentliche Stellen und Unternehmen somit zum einen nicht mehr Verantwortliche i. S. d. Art. 4 Nr. 7 DSGVO, was wiederum eine Auftragsverarbeitung ausscheiden ließe und den Abschluss eines Auftragsverarbeitungsvertrages entbehrlich machte. Zum anderen wäre der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) nunmehr in Bezug auf den Einsatz von z. B. Google Meet, Microsoft Teams oder Zoom (sog. OTT-Dienste/interpersonelle Kommunikation) zuständig, anstatt die Aufsichtsbehörden der Bundesländer.

Die LDI NRW schließt sich damit zwar der Ansicht des EDPB an, welcher in seinen Guidelines (07/2020 on the concepts of controller and processor in the GDPR, Seite 12 ff.) ebenfalls TK-Diensteanbieter bei der Erbringung ihrer Dienste als Verantwortliche im Sinne der DSGVO einstufte.

Diese Einordnung von Videokonferenz-Tools eröffnet jedoch mehr Fragen, als sie beantwortet. Was genau ist mit Daten „aufgrund der Übertragung des Videochats“ gemeint? Und was ist ein „Videochat“ überhaupt? Wie ist in Bezug auf die weiteren Funktionen, wie der Speicherung der Aufnahmen oder sogar etwaigen Auswertungen, vorzugehen? Sind diese Teil des TK-Dienstes oder unterliegen sie doch wiederum der DSGVO?

Zudem fühlen sich andere LfDIs sehr wohl weiterhin zuständig, wie z. B. an der Aussage des Hessischen Landesdatenschutzbeauftragten Prof. Dr. Alexander Roßnagel in Bezug auf die Zulässigkeit Zooms an hessischen Hochschulen zu erkennen ist (wir berichteten).

Sofern die Videokonferenzanbieter*innen neben der schlichten interpersonellen Kommunikation weitere Dienste anbieten bzw. implementieren, sollten daher weiterhin Auftragsverarbeitungsverträge geschlossen werden, bis diese Fragen abschließend geklärt sind.