Der G20-Gipfel in Hamburg war nicht nur in politischer Hinsicht brisant, sondern löst im Nachgang auch eine datenschutzrechtliche Diskussion aus. Gegenstand der Debatte ist hierbei der Entzug bereits gewährter Akkreditierungen aufgrund von Sicherheitsbedenken bei 32 Pressevertretern. Wie bekannt wurde, haben Bereitschaftspolizisten bereits erteilte Akkreditierungsausweise kontrolliert und mit den Namen auf einer zweiseitigen Liste abgeglichen. Medienvertreter, die auf der Liste genannt waren, wurde die Akkreditierung entzogen. Jeder Polizeibeamte an den Kontrollpunkten verfügte über eine solche Liste, die sich nach Angaben der ARD aus der Nähe filmen ließ und somit für Außenstehende gut lesbar gewesen sein soll.

Es ist übliche Praxis, dass das Bundeskriminalamt (BKA) vor derartigen Veranstaltungen mit Staatschefs und Ministern eine Sicherheitsüberprüfung durchführt und Pressevertreter, die eine Akkreditierung ersuchen, aufgefordert werden, in einen Abgleich mit speziellen Datenbanken einzuwilligen. Ein Novum ist, dass bereits erteilte Genehmigungen im Nachhinein für ungültig erklärt wurden.

Datenschutzrechtliche Kritikpunkte

Das Ausmaß der Kontrollen wird nun von Datenschützern in Frage gestellt. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist die gesetzlich erforderliche, aber im Einzelfall zweifelhafte Freiwilligkeit bei der Einwilligung in die Sicherheitsüberprüfung. Journalisten sind auf Akkreditierungen für entsprechende politische Veranstaltungen angewiesen, um hierüber berichten zu können und werden im Zweifel in die Sicherheitsüberprüfung einwilligen. Datenschützer stellen auch die Verhältnismäßigkeit der Sicherheitsüberprüfungen in Frage, wenn, wie beim G20-Gipfel, auch Mitarbeiter von Catering- und Sicherheitsunternehmen den Polizeikontrollen ausgesetzt werden.

Der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar konstatiert in diesem Zusammenhang, dass keine verfassungsrechtlich erforderliche Rechtsgrundlage für die Sicherheitsüberprüfungen von Journalisten gegeben sei. Die ungeschützte Verwendung und Weitergabe der Kontrolllisten wertet er als “Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung”. Ein Journalist, von dem bekannt werde, dass ihm aus Sicherheitsgründen die Akkreditierung verweigert oder entzogen wird, sei nicht mehr in der Lage, „seinen Beruf frei und ungehindert auszuüben“ – dies gilt nicht nur für die konkrete Veranstaltung, für die eine Akkreditierung beantragt wurde, sondern auch für die Berichterstattung bei weiteren Veranstaltungen. Die Dokumente zur Erteilung, Verweigerung und ggf. Rücknahme der Akkreditierung seien besonders schützenswert und müssten durch entsprechende „technische und organisatorische Maßnahmen gegen unbefugte Kenntnisnahme gesichert werden“.

Problematisch sei aus Sicht von Peter Schaar ebenso, dass die angefertigten Listen durch Bundesbehörden an andere Behörden „mit erheblichen Konsequenzen für die Betroffenen“ weitergegeben werden können. Dies könne insbesondere dazu führen, dass „die Daten in weitere Datensysteme eingespeist werden“, wobei sich wiederum die Frage nach der Verhältnismäßigkeit und einer Rechtsgrundlage stelle.

Auch von Seiten der Politik wird die Vorgehensweise der Polizei kritisch gesehen. Der stellvertretende Bundesvorsitzender der FDP Wolfgang Kubicki erwägt, nach der Bundestagswahl die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses voranzutreiben.

Position der Bundesregierung

Die Bundesregierung erklärt hierzu, dass bei 32 Pressevertretern in Abstimmung mit dem BKA Sicherheitsbedenken aufgekommen seien, die „ausschließlich aus eigenen Erkenntnissen deutscher Behörden resultierten“. Das Bundespresseamt habe daher entschieden, auf Anraten und in Absprache mit dem BKA, diesen Personen die Akkreditierung zu entziehen. Tatsächlich wurde nach Angaben der Bundesregierung neun Medienvertretern die Akkreditierung entzogen. Die weiteren 23 Pressevertreter seien „nicht mehr am Medienzentrum erschienen“. Auf der schwarzen Liste sollen die Namen von insgesamt 80 Personen, darunter auch von Servicemitarbeitern, gestanden haben. Die Zahl der abgewiesenen Personen sei nicht bekannt.

Unterdessen hat auch das BKA zu den Vorwürfen Stellung bezogen. Danach sei ausgehend von „sicherheitsrelevanten Erkenntnissen“ eine Neubewertung der Lage erforderlich gewesen, die zu dem Listenabgleich geführt habe. Eine Darstellung der Gründe, die zum Entzug der Akkreditierung im Einzelfall geführt haben, sei „zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen“ nicht möglich. Die betroffenen Journalisten hätten aber die Möglichkeit, sich an den Datenschutzbeauftragten des BKA zu wenden.

Fazit

Der Vorgang ist nicht nur aus datenschutzrechtlicher Sicht brisant. Die von Datenschützern gestellte Frage, warum die Listen mit den Namen der betroffenen Journalisten augenscheinlich auch von Dritten einsehbar waren, ist legitim. Um die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen bereits im Vorfeld effektiv zu schützen, hätten die Listen nur für die zuständigen Polizeibeamten einsehbar sein dürfen. Der Verweis auf den Datenschutzbeauftragten des BKA dürfte den betroffenen Pressevertretern, die für ihre Arbeit darauf angewiesen sind, im Nachgang wenig helfen, Akkreditierungen für weitere politische Veranstaltungen zu erhalten.

Letztlich wäre hier nicht nur ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG zu prüfen. Die Vorgehensweise der Sicherheitsbehörden kann auch einen unverhältnismäßigen Eingriff in die von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Pressefreiheit sowie in die von Art. 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Journalisten darstellen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich Gerichte und ggf. auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit diesen spannenden juristischen Fragestellungen beschäftigen werden. Wir halten Sie hierüber gerne weiter auf dem Laufenden.