Aktuell ist sowohl in der Öffentlichkeit wie auch (stellenweise) im privaten Umfeld das zwischenmenschliche Miteinander von einem ganz besonderen Buchstaben dominiert: Das ‚G‘ erfährt nicht nur für Anhänger des unvergessenen Heinz Erhardt eine bisweilen schwer erträgliche Renaissance: Mal mit einer Zwei, mal mit einer Drei kombiniert, Plus, Minus, mit extra Käse – wer soll da noch durchblicken?

Das dachte sich wohl auch ein Einwohner im Landkreis Osnabrück und suchte gerichtliche Hilfe gegen das Durcheinander. Als Genesener wurde ihm aufgrund einer kurzfristigen Änderung der betreffenden Covid 19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmV) die Erteilung eines Nachweises zu seiner überstandenen Erkrankung verweigert, weil dessen Gültigkeit auf nur noch 3 Monate statt zuvor deren 6 festgelegt worden war. In einem Eilverfahren hat das dortige Verwaltungsgericht (VG) am 4. Februar 2022 entschieden, dass dieses Vorgehen unzulässig ist.

Bestimmung (nur) durch das RKI ist verfassungswidrig

Der Beschluss (Az. 3 B 4/22) gilt zwar nur für den konkreten Einzelfall – sprich: für diejenige Person, die eben hier vor Gericht gezogen ist – hat aber in der Sache durchaus Gewicht. Zur Bestimmung der Zeitspanne, wie lange jemand als „genesen“ im Sinne der SchAusnahmV gilt, verweist die Verordnung auf das, was das Robert-Koch-Institut (RKI) auf seinem Internetauftritt veröffentlicht.

Diesem Prozedere erteilt das Gericht eine deutliche Absage. Denn zum einen gebe es keine hinreichend eindeutigen wissenschaftlichen Belege für diese Regelung. Nebenbei sei ggf. auch zu diskutieren, ob bei Fragen dieser Tragweite nicht auch das Parlament zu beteiligen sei. Immerhin gehen mit der Unterscheidung, ob jemand sich auf das „magische G“ berufen kann, zahlreiche Freiheiten einher – oder eben das Versagen derselben im Falle des Fehlens eines anerkannten Nachweises.

Eile vor Weile?

Kurz zusammengefasst hat das VG erhebliche Zweifel daran, dass derart schwere Einschnitte in die persönliche Lebensgestaltung des Einzelnen allein dadurch gerechtfertigt werden können, dass auf eine Webseite verwiesen wird, deren Inhalte sich ggf. sprichwörtlich von heute auf morgen ändern können. Bei dieser Einschätzung stützt sich das VG zusätzlich auf ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages zur „Ausarbeitung zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung des Genesenennachweises durch Rechtsverordnung“ vom 28. Januar 2022.

Im Gegensatz zu den höchstinstanzlichen Gerichten auf Bundesebene dürfen die Richter in dem hier vorliegenden Verfahren aber nicht über die Verfassungsmäßigkeit der Verordnung generell entscheiden. Jeder, der also ähnlich wie der Antragsteller hier betroffen ist, muss selbst zu Gericht eilen und eigens Hilfe beantragen.