Ein Klassiker, der uns im Beratungsalltag immer wieder begegnet, ist die Frage zur Zulässigkeit von Werbung in der E-Mailsignatur. Dabei geht es meistens um die Frage, ob z. B. ein Hinweis auf eine kommende Veranstaltung oder auf ein neues Produkt überhaupt als „Werbung“ zu qualifizieren ist. Wie so ziemlich alle Fragen aus dem Bereich „Zulässigkeit von Werbemaßnahmen“, ist auch dieses Sonderthema stark durch die Rechtsprechung geprägt.
Seit unserem letzten Blogbeitrag zu dieser Thematik sind einige wegweisende Urteile ergangen. Grund genug, hierzu einmal die aktuelle Rechtslage darzustellen.
Rahmenbedingungen
Zur Erinnerung: Nach der Legaldefinition in Art. 2 lit. a der RL 2006/114/EG („Irreführungsrichtlinie“) ist unter Werbung
„jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern“
zu verstehen. Der Begriff „Werbung“ ist also sehr weit gefasst und umfasst letztlich eben „jede“ Äußerung, die der Absatzförderung dient.
Wenn man nun alleine die Regelungen der DSGVO betrachtet, ist die Situation für Werbetreibende dabei aber sogar noch relativ komfortabel. So sieht Erwägungsgrund 47 der DSGVO in Satz 7 vor, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des Werbetreibenden darstellen kann. Solange einer konkreten Werbemaßnahme dann keine überwiegenden Interessen der Werbeempfänger entgegenstehen, kann die damit einhergehende Datenverarbeitung auf die Rechtsgrundlage Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO gestützt werden. Der Versand von z. B. postalischer Werbung wäre auf dieser Grundlage dann durchaus möglich.
Sobald es jedoch um Werbung per E-Mail geht, kommen zusätzlich die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ins Spiel. Für Werbung unter Verwendung „elektronischer Post“ bedarf es gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG grundsätzlich der vorherigen Einwilligung des Adressaten. Wenn eine Einwilligung nicht vorliegt (und auch die Ausnahmeregelung aus § 7 Abs. 3 UWG nicht greift) wird eine „unzumutbare Belästigung“ angenommen, die unter anderem abmahnbar ist. Der Versand von Werbe-E-Mails kann zudem einen rechtswidrigen Eingriff in den „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ darstellen, wenn der Empfänger ein Unternehmen ist. Es stellt sich daher die Eingangsfrage: „Ist der Zweizeiler zu einem neuen Produkt in unserer E-Mailsignatur wirklich bereits Werbung oder dürfen wir solche E-Mails vielleicht auch versenden, wenn wir keine Werbe-Einwilligung haben?“
Literaturansicht: „Schwerpunkttheorie“
In der Literatur wird hierzu teilweise eine Art „Schwerpunkttheorie“ vertreten: So soll eine zulässigerweise versendete E-Mail, die etwa aufgrund einer vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung zur Kundeninformation versendet wird, durch die Hinzufügung von dezenter Werbung nicht unzulässig werden. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn die E-Mail nicht nur zum Zweck der Absatzförderung versendet wird, sondern wenn dafür ein nachvollziehbarer Grund besteht. Gleichwohl sollte die Werbung auch nach dieser Ansicht in den Hintergrund treten und auch optisch nicht im Vordergrund der E-Mail stehen (Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, 4. Aufl. 2019, UWG § 7 Rn. 176).
Ergebnis nach Literaturansicht: Nach dieser Ansicht wäre also der dezente Hinweis auf eine kommende Veranstaltung, der in der Signatur einer E-Mail mit z. B. einer Auftragsbestätigung untergebracht wird, zulässig und zwar auch dann, wenn hierfür keine Einwilligung des Adressaten vorliegt.
Deutlich strengere Rechtsprechung: Ganz oder gar nicht
In einem aktuelleren Urteil des Kammergerichts Berlin aus 2021 (Urteil vom 15.09.2021 – 5 U 35/20) wird dies allerdings gänzlich anders gesehen. Danach soll bereits das Versenden einer E-Mail mit einem zweizeiligen Werbezusatz im Footer ohne ausdrückliche Einwilligung unzulässig sein.
Die Beklagte hatte E-Mails versendet, die ein werbliches Element im Footer beinhalteten, nämlich:
„XXXXX. Organisiert, denkt mit, erledigt. Nutzen Sie www.XXXXX.de“
Das Gericht teilte zwar die Ansicht der Beklagten, dass das werbliche Element hier zu einer nur geringfügigen Beeinträchtigung geführt hatte da dieses insbesondere
- durch einen Absatz von dem Rest der E-Mail abgesetzt sei,
- flächenmäßig einen Bruchteil der gesamten E-Mail ausmache und lediglich aus acht Worten bestehe,
- am Ende der Nachricht stehe und
- nicht in einem Zusammenhang mit dem Rest der E-Mail stehe und nicht als Teil des Schreibens angesehen werden könne.
Dies habe dazu geführt, dass der werbliche Zusatz sowohl aufgrund der Gestaltung der E-Mails als auch aufgrund des Inhaltes leicht als werbend identifiziert und leicht unbeachtet hätte bleiben können. Der Zeitaufwand für die Identifizierung des Zusatzes als Werbeteil habe sich auf ein Minimum beschränkt.
Allerdings komme es hierauf im Ergebnis gar nicht an. Das KG bezog sich in seiner Entscheidung auf ein entsprechendes Urteil des BGH (Urteil vom 10.7.2018 – VI ZR 225/17), wonach für die Annahme, die Nutzung der elektronischen Post sei durch den zulässigen Teil der E-Mail insgesamt gerechtfertigt, „kein Raum“ bestehe.
Das Gericht hob hervor, dass es unerheblich sei, ob eine Belästigung nur geringfügig sei. Das Hinzufügen von Werbung zu einer im Übrigen zulässigen E-Mail-Nachricht sei gerade keine Bagatelle, bei der eine Belästigung des Empfängers ausgeschlossen wäre. Der Empfänger müsse sich schließlich zumindest gedanklich mit den werblichen Elementen beschäftigen.
Zudem sei es für Werbetreibende gerade auch zumutbar, entsprechend der gesetzlichen Vorschriften zu handeln, also erforderliche Einwilligungen einzuholen bzw. Widerspruchsmöglichkeiten zu geben.
Das Gericht kommt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass es auf den Anteil der Werbung an der gesamten E-Mail nicht ankomme. Vielmehr müsse eine Mail mit werblichem Anteil generell als Werbung qualifiziert werden.
Ergebnis nach Rechtsprechungsansicht: Nach dieser Ansicht bedarf es also für das Versenden von Werbung per E-Mail stets einer Einwilligung (bzw. der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG müsste erfüllt sein), auch wenn lediglich in der E-Maisignatur ein kurzer Hinweis mit werblichem Charakter erfolgt.
Bedeutung für die Praxis
Aufgrund der aktuellen Ansicht der Rechtsprechung ist es für Unternehmen am sichersten, E-Mailwerbung ausschließlich dann zu verschicken, wenn zuvor eine entsprechende Einwilligung des Adressaten eingeholt wurde – und sei die Werbung auch noch so kurz und vermeintlich unbedeutend.
In der Praxis kann hier ggf. weiter abgewogen und eine Risikoabschätzung vorgenommen werden. Sicherlich gibt es Mittel und Wege, damit eine „unzumutbare Belästigung“ im Sinne des UWG beim Empfänger eben nicht als solche empfunden wird bzw. dass ein Empfänger Werbung nicht als solche wahrnimmt. Ein Empfänger, der sich nicht belästigt fühlt, dürfte keine weiteren Schritte einleiten, damit die formell gegebene „unzumutbare Belästigung“ eingestellt wird. Die auch durch das Kammergericht aufgeführten Punkte mögen durchaus bei der Gestaltung etwaiger Signaturwerbung beachtet werden. Unternehmen sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass eine solche Gestaltung im Zweifel nicht dazu führt, dass eine E-Mail nicht dennoch als Werbung zu qualifizieren ist und dass dies zu den o.g. Konsequenzen führt.