Hat die Staatsanwaltschaft Kiel gegen den Datenschutz verstoßen? Davon ist die Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein, Marit Hansen, überzeugt, denn sie hat die Staatsanwaltschaft Kiel persönlich auf Schadensersatz wegen Datenschutzverletzungen gemäß § 83 BDSG verklagt. Der Vorwurf lautet, die Staatsanwaltschaft Kiel habe schutzwürdige Inhalte aus der Ermittlungsakte eines Verfahrens gegen sie offenbart.
Hintergrund dieser Ermittlungsakte ist ein Verfahren, das 2015 von der Staatsanwaltschaft Kiel gegen Hansen eingeleitet wurde, da sie verdächtigt wurde, Subventionen veruntreut zu haben. Ein ehemaliger Kollege habe sie angezeigt. Erst nach über drei Jahren wurde das Verfahren eingestellt – der vorliegende Verdacht war unbegründet. Gegen die überlange Dauer legte Hansen Klage auf Schadensersatz ein und bekam vom OLG Schleswig eine „Entschädigung aufgrund eines durch ein unangemessen langes Ermittlungsverfahren erlittenen Nachteils“ (OLG Schleswig, Urteil vom 26.06.2020 – 17 EK 2/19) zugesprochen.
Auch die neue Klage hat mit diesem Verfahren zu tun: Wurden schon im ersten Urteil des OLG Schleswig der Staatsanwaltschaft indirekt Fehler zugeschrieben (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 26.06.2020 – 17 EK 2/19, Rn. 86), so wirft die Klägerin der Staatsanwaltschaft weitere Fehler vor. „Die Staatsanwaltschaft Kiel hat nach meiner Überzeugung gegen Regelungen des Datenschutzrechts und der Strafprozessordnung verstoßen, indem sie rufschädigende Inhalte über mich ohne Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch herausgegeben hat, die dann weiterverteilt wurden“, zitiert die ZEIT Frau Hansen. Konkret heißt das: Die Staatsanwaltschaft habe Inhalte aus der Ermittlungsakte Hansen zu der Ermittlungsakte des damaligen Anzeigeerstatters genommen. Dieser hat sich dann Einblick in seine Akte gewähren lassen, da gegen ihn wegen falscher Verdächtigungen ermittelt wurde. Dieses Recht stand ihm auch grundsätzlich zu, jedoch hätte er nicht die Informationen sehen dürfen, die für seinen Fall nicht relevant waren und somit aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht hätten zugänglich sein dürfen.
Genau diese Informationen erhielt er nicht nur, sondern mehr noch: Er verbreitete sie daraufhin bzw. nutzte sie zu eigenen Zwecken, um Hansen zu schaden. Eine Benachrichtigung über die datenschutzrechtswidrige und StPO-widrige Offenbarung und deren genaue Umstände – die vorgeschrieben ist –, sei bis heute nicht erfolgt. Frau Hansen möchte das nicht hinnehmen und klagt „auch im Namen anderer, die nicht die Nerven und das Geld für solche Verfahren haben“, wie sie es in einem Interview mit der taz begründet. Zu den Vorwürfen hat sich die Kieler Staatsanwaltschaft bisher noch nicht geäußert. Es bleibt spannend.
Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen in diesem Fall in unserem Blog auf dem Laufenden halten.