„Learn what matters to your audience“– Lerne, was Deinem Publikum wichtig ist. Mit diesen Worten preist Facebook sein neues Marketing-Tool „Topic Data“ aktuell im Internet an. Nach eigenen Angaben soll Werbenden so erstmalig eine ganzheitliche und prozessfähige Sicht auf ihre Kunden ermöglicht werden. Das gezielte Einblenden von Werbung (wie etwa bei dem Facebook-Tool Custom Audiences) soll jedoch nicht möglich sein. Vielmehr soll „Topic Data“ Unternehmen dabei unterstützen, ihre Marketingaktivitäten zu optimieren.

Wie funktioniert „Topic Data“?

Facebook hat sich zur Ausgestaltung und Umsetzung des neuen Tools mit dem Datenanalyse-Unternehmen DataSift aus den USA zusammengetan und gemeinsam mit diesem das Analyse-Werkzeug „Pylon“ entwickelt, welches bei der Nutzung von „Topic Data“ zum Einsatz kommt.

Nach den Angaben der beiden Unternehmen werden bei dem Analyseverfahren öffentliche und nicht-öffentliche Posts und Kommentare der Facebook-Nutzer ausgewertet und in verwertbare Informationen für Werbetreibende übersetzt. Persönliche Nachrichten sollen von der Auswertung nicht betroffen sein. Durch das Verfahren sollen Unternehmen bspw. herausfinden können, wie häufig ihr Produkt innerhalb einer bestimmten Zielgruppe Erwähnung findet oder wie sich Diskussionen zu einem bestimmten Thema entwickeln. Auf diese Weise können Marketingmaßnahmen anhand der demographischen Daten der Nutzer (bspw. Geschlecht, Alter oder Wohnort) und den geposteten Meinungen zielgerichteter umgesetzt werden können.

Grundsätzlich ist es natürlich bereits heute möglich, Zielgruppen und Themen in sozialen Netzwerken zu analysieren. Allerdings ist anzunehmen, dass die Datenmengen mit Hilfe von „Topic Data“ weitaus größer und repräsentativer sein werden als dies bislang bei Analyseverfahren von Drittanbietern der Fall war. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass nur Facebook Zugriff auf die große Datenmenge nicht- öffentlicher Posts hat und diese durch die Zusammenarbeit von DataSift und Facebook nun auch für Werbezwecke ausgewertet werden können.

Was sagt das Datenschutzrecht?

Nach Angaben von DataSift soll bei dem Verfahren großer Wert auf die Persönlichkeitsrechte der Nutzer gelegt werden. So sollen die Kommentare und Posts Facebook zu keinem Zeitpunkt verlassen, da „Pylon“ innerhalb des Sozialen Netzwerks ausgeführt werde. Zudem würden die Daten ausschließlich in anonymisierter Form mit Hilfe von „Pylon“ zu Auswertungszwecken verarbeitet. Laut DataSift sollen zudem nur Auswertungen an Werbende übermittelt werden, welche mindestens 100 anonymisierte Einzelmeldungen enthalten. Die für die Auswertungen genutzten Daten sollen nach 30 Tagen vollständig gelöscht werden. Durch diese Maßnahmen sei sichergestellt, dass im Rahmen der Auswertung kein Rückschluss auf den jeweiligen Nutzer möglich ist.

Auch wenn das Analyseverfahren auf den ersten Blick im Einklang mit dem Datenschutzrecht zu stehen scheint, lohnt sich eine genauere Betrachtung:

Zwar ist die Verarbeitung anonymisierter Daten zulässig und das deutsche Datenschutzrecht in diesem Fall nicht einschlägig. Hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Datenverarbeitung tatsächlich vollständig anonym erfolgt und wie seitens Facebook sichergestellt ist, dass bereits das „Durchsuchen“ der Posts und Kommentare in anonymisierter Form erfolgt. Insbesondere der Hinweis, dass die Daten vor der Auswertung durch „Pylon“ anonymisiert werden, spricht dafür, dass bis zu diesem Zeitpunkt eine personenbezogene Verarbeitung der Daten durch Facebook erfolgt. In diesem Fall stellt das Scannen der Kommentare und Posts der Nutzer auf bestimmte Schlagworte sowie das Herausfiltern der Treffer eine Verarbeitung von Nutzerdaten im Sinne des Telemediengesetzes (TMG) dar und bedarf demnach der vorherigen Einwilligung der Nutzer. Die Möglichkeit der Einholung wirksamer Einwilligungserklärungen zur Datenerhebung und -verarbeitung durch Facebooks neue Datenschutzrichtlinien wird jedoch nicht nur in Deutschland stark angezweifelt (wir berichteten).

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob tatsächlich keine personenbezogenen Daten der Nutzer durch den Dienstleister DataSift verarbeitet werden. DataSift gibt zwar an, keine Auswertungen an Werbende herauszugeben, wenn nicht mindestens 100 Einzelmeldungen in die jeweilige Analyse eingeflossen sind. Dies bedeutet aber, dass das Datenanalyse-Unternehmen im Einzelfall auch Auswertungen generieren kann, welche etwa bei Randthemen nur einen kleinen Kreis der Nutzer trifft und so im Zweifelsfall doch ein Rückschluss auf die Person möglich sein kann. Ebenso hat DataSift Zugriff auf die Kommunikationsinhalte, welche auch Namen und andere Informationen mit Personenbezug enthalten können. In diesen Fällen handelt es sich wiederum um eine Verarbeitung personenbezogener Daten (wohl im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung i.S.d. § 11 BDSG), welche im Vorfeld durch wirksame Einwilligungserklärungen der Nutzer legitimiert werden müsste.

Fazit

Bei weltweit fast 1,4 Milliarden aktiven Facebook- Nutzern und entsprechend vielen Posts und Kommentaren ist das neue Zielgruppenanalysetool „Topic Data“ für Marketingabteilungen ohne jeden Zweifel ein verlockendes Angebot. Aufgrund der augenscheinlich nicht ausschließlich anonymen Verarbeitung der Nutzerdaten und den bestehenden Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Einholung wirksamer Einwilligungserklärungen, ist vorliegend jedoch anzunehmen, dass die gewonnenen Analyseerkenntnisse nicht auf einer zulässigen Datenverarbeitung beruhen.

Bislang wird „Topic Data“ nur in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien angeboten. Die von der Analyse betroffenen Daten sind aktuell entsprechend auch nur auf diese Länder beschränkt. Ob es trotz der aufgezeigten datenschutzrechtlichen Bedenken auch zu einer Vermarktung des Tools in Deutschland kommen wird, bleibt abzuwarten.