Nach wie vor hat das im Mai 2014 erlassene Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht an Brisanz verloren. Kernaussage des EuGH war, dass Google und andere Suchmaschinenbetreiber nicht immer alle Suchergebnisse ungefiltert anzeigen dürfen. Betroffene können seit dem unter bestimmten Voraussetzungen die Löschung von Links aus den Ergebnislisten beantragen, die bei einer Suche nach ihrem Namen erscheinen. Google gibt an, diesem Wunsch nachzukommen, soweit im Einzelfall das Recht des Antragstellers auf Vergessenwerden schwerer wiegt, als das Informationsrecht der Öffentlichkeit.
In der Vergangenheit berichteten wir bereits mehrfach über Googles Versuche, einheitliche Löschkriterien zu entwickeln und der Vielzahl von Löschungsersuchen Herr zu werden.
Löschaufforderung des ICO
Nunmehr hat die britische Datenschutzbehörde ICO (Information Commissioner’s Office) Google dazu aufgefordert, auch Verlinkungen zu aktuellen Medienberichten über eine auf das Urteil des EuGH gestützte und bereits durchgeführte Link-Löschung aus den Ergebnislisten zu entfernen.
Hintergrund ist ein Fall, in dem Google dem Antrag eines Mannes stattgegeben und zunächst alle Links aus den Ergebnislisten entfernt hat, die sich auf eine fast zehn Jahre zurückliegende geringfügige Straftat des Mannes bezogen haben. Google weigerte sich daraufhin jedoch, auch Verlinkungen zu aktuellen Medienberichten über dieses erfolgreiche Löschungsersuchen zu entfernen. Indem Dritte bei einer Suche über den Namen des Antragstellers nun erneut auf dessen gesetzeswidrige Vergangenheit stoßen, wurde die Löschaktion praktisch nutzlos. Dieser Ansicht war auch die britische Datenschutzbehörde und forderte Google entsprechend zu einer Löschung der insgesamt neun neu gesetzten Verlinkungen auf.
Die Anordnung des ICO ist zu begrüßen. Nur, wenn auch nachträglich erstellte Artikel, welche erneut die Privatsphäre der Betroffenen verletzende Themen zum Inhalt haben, aus den Ergebnissen entfernen werden, läuft das „Recht auf Vergessenwerden“ nicht leer.
Persönlichkeitsrechte jetzt umfassend gewahrt?
Das Ziel, die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen effektiv und umfassend entsprechend der Vorgaben des EuGH zu schützen, ist mit dieser Entscheidung jedoch noch nicht erreicht. Zum einen bleibt abzuwarten, ob Google der Anordnung des ICO innerhalb der gesetzten Frist von 35 Tagen kampflos nachkommen wird. Zum anderen besteht insbesondere weiterhin das Problem, dass Google Löschansprüche bislang nur für europäischen Domains wie etwa Google.de, Google.fr oder Google.co.uk und nicht weltweit, also bspw. auch für Google.com, anerkennt.