Der Mensch wird leider immer fauler: Statt zu kochen wird das Essen über die bekannten Lieferdienste bestellt – selbst Toilettenpapier oder der kleine nächtliche Umtrunk am Wochenende kann über neue Angebote bestellt und „in wenigen Minuten geliefert werden“. Mittlerweile bieten entsprechende Apps und Webseiten sogar ein Live-Tracking der Fahrerinnen und Fahrer an, damit die begehrte Lieferung auf Meter genau live verfolgt werden kann. Welch ein toller Service, oder?

Was die Kundschaft jedoch dabei häufig vernachlässigt, sind die datenschutzrechtlichen Bedenken: Die Live-Ortung ist sicherlich ein nützliches Feature, setzt aber auch ein umfangreiches Tracking der Beschäftigen dieser Lieferdienste voraus. Oftmals werden diese sogar mit Vor- und Nachnamen online für alle Besteller angezeigt. Und die Technik endet nicht bei der Bestellung, sondern könnte auch von dem Unternehmen für die Kontrolle der Beschäftigten und sogar deren Leistungsbemessung genutzt werden. Es gibt vielfältige Szenarien, wonach eine solche Kontrolle der Wege und Fahrzeiten auch Einfluss auf Bezahlung, Strafen und insgesamt den Job haben dürfte.

Live-Tracking von Fahrerinnen und Fahrern und das Datenschutzrecht

Wie könnte denn dieses Angebot für die Kundschaft einerseits und den Datenschutz andererseits in Einklang gebracht werden? Für die Erfassung, Darstellung und Dokumentation der Standortdaten/Routen bedarf es einer datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlage aus der DSGVO bzw. dem hiesigen BDSG.

Gegenüber der Kundschaft und bei der Auslieferung von Ware könnte hier unter Umständen eine Verarbeitung der Route, inklusive der erwarteten Ankunftszeit für die Erfüllung des Vertrages nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO erforderlich sein. Dazu müssten diese Daten aber wirklich für die Vertragserfüllung erforderlich sein, was sich eher auf Bezahlung und Übergabe der Ware bezieht. Spätestens bei der Live-Übertragung der Bewegung des Beschäftigten nebst weiteren Daten zur Person (Namen und Foto der Ausliefernden oder gar deren Bewertung) dürften hier ernsthafte Zweifel bestehen.

Andererseits könnten diese Vorgänge im berechtigten Interesse des Verantwortlichen gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO erfolgen, wobei dem kein überwiegendes Interesse der betroffenen Person am Ausschluss der Datenverarbeitung gegenüberstehen dürfte. Doch gerade hier könnten schutzwürdige Belange der Fahrerinnen und Fahrer vorzugswürdig sein, wenn sich diese auf Schritt und Tritt verfolgt fühlen und sich den gesamten Arbeitstag so einem Leistungsdruck ausgesetzt sehen würden. Zumal auch hier die Frage erlaubt sei, ob diese Beobachtung überhaupt erforderlich ist, denn das Essen kommt dadurch auch nicht schneller an, sondern ganz im Gegenteil: Vielleicht forciert diese Kontrolle eher Stress und Fehler im Straßenverkehr oder sorgt für unberechtigte Kritik.

Wenn diese Transparenz noch weiter ausgebaut wird und sich anschließend die Ausliefernden noch bewerten lassen müssen (waren Sie zufrieden mit..?), bekommt der Datenschützer wohl Bauchschmerzen.

Interne Kontrolle und Leistungsbemessung

Im Innenverhältnis, also in der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten dürfte die datenschutzrechtliche Bewertung ggfs. anders ausfallen. Zunächst drängt sich hier für die Verarbeitung der Bewegungsdaten der Beschäftigten bei Ausübung ihrer Tätigkeit als Fahrerin bzw. Fahrer die Rechtsgrundlage aus § 26 Abs. 1 BDSG auf – zumindest dann, wenn diese Datenverarbeitung für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Diese Rechtsgrundlage bietet viel Raum zur Diskussion. So könnte argumentiert werden, dass diese Daten gleichwohl für das Controlling erforderlich wären, um Arbeitsweg und Routen sowie Effizienz zu prüfen, damit unter Umständen auch Verbrauch und Verschleiß von Benzin/Strom und Material kontrolliert werden können. Auch die Einhaltung von Regeln des Straßenverkehrs und Verbesserung des Umweltschutzes durch Empfehlungen zur Reduzierung vom Verbrauch (spritsparsameres Fahren) könnte hierzu vorgetragen werden. Durch hochmoderne Sensoren und Systeme in Fahrzeugen kann unter Umständen das Fahrverhalten überwacht und selbiges verbessert werden, was der Sicherheit im Straßenverkehr und auch dem Umweltschutz dienlich sein könnte. Vielleicht lassen sich sogar Touren und Wege verbessern, um insgesamt Zeit und Kosten zu sparen, wovon auch die Besteller profitieren würden.

Mithin könnte auch diskutiert werden, ob und inwiefern solche Leistungsdaten (Wegzeiten und Pünktlichkeit) einen Anteil am Verdient der Beschäftigten haben könnten oder der internen Organisation dienen, so dass dieses Live-Tracking insgesamt auch für die Bemessung von Arbeitszeiten und Bezahlung erforderlich sein könnte, wie es auch bei Taxifahrerinnen und Taxifahrern oder im öffentlichen Nachverkehr anzunehmen ist. Anders als beim Firmenwagen wäre hier der gesamte Arbeitstag erfasst und nicht nur eine kurzweilige Einzelfahrt.

Auf der anderen Seite besteht der Überwachungs- und Leistungsdruck durch die Erfassung und Übermittlung der Standortdaten im Livebetrieb, der nicht nur Unwohlsein bei den betroffenen Fahrerinnen und Fahrern hervorrufen dürfte. Wenn dann noch der Chef anruft und den Auslieferern „Feuer“ macht, warum sie seit zwei Minuten an der Seitenstraße stünden, wäre das Betriebsklima alles andere als angenehm. Und Zeit für eine Pause muss auch bleiben.

Freiwillig oder nicht?

Fehlt es daher am Erfordernis der Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von § 26 Abs. 1 BDSG, käme darüber hinaus die Einwilligung der betroffenen Person nach § 26 Abs. 2 BDSG in diese Datenverarbeitung in Betracht. Mitunter werden in der freien Wirtschaft solche, äußerst weitreichende Verfahren per se auf die Zustimmung der Person gestützt, die schriftlich oder elektronisch durch eine bestimmte Betätigung (beispielsweise am einzusetzenden Gerät) abzugeben wäre. Teilweise müssen die Personen  morgens eigenständig diese Funktionen aktivieren.

Für die Annahme einer etwaigen Zustimmung bedarf es aber der Freiwilligkeit dieser Einwilligung. Hier hegen die Datenschützer seit Jahren ernsthafte Zweifel, ob ein solches Einverständnis überhaupt freiwillig gegeben werden kann, insbesondere in solchen Fällen, wo die damit zu rechtfertigende Datenverarbeitung zwingender Bestandteil der Ausführung der Tätigkeit ist. Würden Beschäftigte also diese Zustimmung nicht erteilen, könnte die Arbeit mutmaßlich gar nicht ausgeübt werden – das würde wohl dann schlimmstenfalls die Kündigung bedeuten.

Es sollten deshalb gewisse Alternativen und individuelle Steuerungsmöglichkeiten vorliegen, ggfs. auch ohnehin gewisse Einschränkungen der Datenverarbeitung, um eine freiwillige Zustimmung halbwegs glaubhaft anzuerkennen. Denkbar wäre die Eingrenzung der Übertragung dieser Bewegungsdaten auf einen „15 Minuten Takt“ oder die Löschung entsprechender Daten nach einem sehr kurzen Zeitraum (nach 7 Tagen). Vielleicht könnten hier auch die Bewegungsdaten nur mit pseudonymen Daten verknüpft werden, so dass nicht die Namen, sondern IDs („Fahrer 345“) angezeigt werden und selbst Vorgesetze nicht ohne Weiteres auf die konkrete Person schließen können. Auch eine Aggregation der Daten bietet sich an.

Und bei der Darstellung gegenüber der Kundschaft über Webseiten und Apps wäre der Name und ein Foto der Fahrerin bzw. dem Fahrer sowieso von geringer Relevanz, so dass auf diese Funktionen gänzlich verzichtet werden sollte. Letztlich und auch aus vielfältigen Gründen sollte der Name der ausfahrenden Person doch für den Kauf (und das Trinkgeld) keine Rolle spielen.

Fazit

Auf Grundlage des Datenschutzrechts lassen sich zwar viele Szenarien und Systeme zum Live-Tracking der Fahrerinnen und Fahrer diskutieren, gleichwohl dürften hohe Hürden für die Zulässigkeit solcher Prozesse bestehen. Insbesondere in einem hartumkämpften Wettbewerb mit schlecht bezahlten Jobs erscheinen viele Geschäftsmodelle mit diesem Funktionsumfang datenschutzrechtlich bedenklich. Hier droht ein großer Überwachungsdruck für alle beteiligten Personen.

Aber auch die Kundinnen und Kunden sollten sich überlegen, ob und inwiefern diese Funktionen gewollt sind und zumindest honoriert werden könnten, womit auch ein ordentliches Trinkgeld gemeint sein soll. Und das sollte nicht nur zur Weihnachtszeit gut ausfallen.