Möchten Sie an der Ratssitzung Ihrer Gemeinde teilnehmen und können nicht vor Ort sein? In immer mehr Gemeinden scheint dies dank Liveübertragung möglich zu sein. Aber welchen rechtlichen Herausforderungen müssen sich die Gemeinden bei dem Livestream ihrer Ratssitzungen stellen und welche Gefahren birgt die Übertragung.

Welche Rechtsgrundlage ist anwendbar?

Für jede Datenverarbeitung bedarf es zunächst einer rechtlichen Grundlage. Gemeinden können sich gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e DSGVO auf die Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben kraft Landesgesetzen in Verbindung mit den Konkretisierungen in der Satzung der jeweiligen Gemeinde berufen. Alternativ dazu bedarf es der Einwilligung der Gemeinderatsmitglieder in die Liveübertragung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO.

Für den ersteren Fall kann zunächst an den Grundsatz der Öffentlichkeit von Sitzungen gedacht werden, welcher in den Gemeindeverordnungen der Länder festgeschrieben ist. Öffentlichkeit meint in diesem Zusammenhang die Sitzungsöffentlichkeit – sprich den möglichen Zutritt in die Sitzungen. Bei einer Übertragung im Internet kommt es mit einer möglichen weltweiten Teilnahme an der Veranstaltung dagegen zu einer neuen Dimension der Veröffentlichung, die den Öffentlichkeitsgrundsatz dem Grunde nach sprengt. Deshalb haben viele Bundesländer weitere Verordnungen erlassen, die eine Ton- und Bildübertragung zur Berichterstattung ermöglichen. Konkretisiert werden diese Landesverordnungen dann wiederum durch die Hauptsatzungen der Gemeinden. Inhaltlich sollten die Hauptsatzungen unter anderem folgende Punkte regeln:

  • den Umfang und die Art der Übertragung,
  • die Speicherung sowie die Löschung der personenbezogenen Daten sowie
  • die organisatorischen Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um zu gewährleisten, dass im Falle eines Widerspruchs gegen die Veröffentlichung die betroffenen Personen weder in der Ton- noch in der Bildaufnahme auftauchen.

Im Falle des Fehlens von gesetzlichen Regelungen, müsste bei einem Livestream einer Gemeinderatssitzung von den Mandatsträger*innen eine wirksame Einwilligung eingeholt werden, was schwerlich rechtssicher sein wird. Insgesamt sind demnach gesetzliche Regelungen zu bevorzugen.

Darüber hinaus dürfen in beiden Konstellationen beteiligte Personen neben Mandatsträger*innen nicht außer Acht gelassen werden. Personen, die in den Bild- und Tonaufnahmen der Gemeinderatssitzungen auftauchen können, wie zum Beispiel Bürger*innen oder Verwaltungsangestellte müssen nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO ihre Einwilligung zum Livestream abgeben.

Mögliche Gefahren

Die Gefahren, die mit einer solchen Liveübertragung stets einhergehen, sollten im Rahmen der Entscheidung zum Streamen von Gemeinderatssitzungen unbedingt berücksichtigt werden. Die Direktübertragung von öffentlichen Gemeinderatssitzungen im Internet ist eine weltweite Übermittlung personenbezogener Daten an eine Vielzahl unbestimmter Personen. Das birgt die inhärente Gefahr, dass sich Gemeinderatsmitglieder nicht mehr unbefangen und spontan äußern können, da sie wissen, dass Mimik und Gestik sowie ihre Redebeiträge im Wortlaut weltweit veröffentlicht werden. Dies kann schlimmstenfalls die Funktionsfähigkeit und die Spontanität des Gemeinderates lähmen. Außerdem ist das Mitschneiden und das Kopieren der Aufnahmen möglich, welches Missbrauchspotenzial für Dritte bietet.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Speicherung des Livestreams über den Übertragungszeitpunkt hinaus. Eine Speicherung ist grundsätzlich solange möglich wie sie für die Erreichung des Zwecks erforderlich ist, Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO. Das heißt die Gemeinden müssen begründen, ob und wieso sie die Gemeinderatssitzungen über den tatsächlichen Zeitpunkt hinaus speichern wollen. Hierfür können neben der Transparenz der Kommunalpolitik insbesondere das Informationsinteresse der Bürger*innen angeführt werden.

Im Falle von nicht gesetzlichen Regelungen sieht der bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz die Archivierung des Livestreams in Form einer Mediathek auf den jeweiligen kommunalen Internetseiten stets als unzulässig an. Eine Rechtmäßigkeit könne dabei nicht durch die Einwilligung der Gemeinderatsmitglieder hergestellt werden, da die Gemeinden ihre Kompetenzen nicht beliebig durch Zuhilfenahme von Einwilligungen erweitern könnten. Außerdem seien durch eine Speicherung, alle Äußerungen – auch die unglücklichen – dauerhaft weltweit abrufbar und auswertbar.

Fazit

Das Streamen von Gemeinderatssitzungen ist grundsätzlich möglich, wenn es eine Rechtsgrundlage dafür gibt. Entsprechende Verordnungen und das Einholen von wirksamen Einwilligungen müssen dabei beachtet werden.

Darüber hinaus ist die Erforderlichkeit einer solchen Übertragung und Speicherung im Netz, insbesondere mit Blick darauf, dass die Inhalte der Gemeinde eine gewisse Regionalität aufweisen und primär für die Bürger*innen der Gemeinde relevant sind, zu begründen. Die Gefahren hinsichtlich des Missbrauchs der Bild- und Tonaufnahmen sowie der möglicherweise eingeschränkten Spontanität der Gemeinderatsmitglieder während der Sitzungen sind dabei nicht außer Acht zu lassen. Im Ergebnis kann es aber eine Chance der Kommunalpolitik sein, für alle Bürger*innen zugänglich zu sein – auch direkt von zu Hause.