Facebook beschäftigt uns nicht zum ersten Mal im Rahmen dieses Blogs. Die Social Media-Plattform sieht sich immer wieder datenschutzrechtlicher Kritik ausgesetzt, sei es in Bezug auf den Klarnamenzwang oder die automatische Gesichtserkennung, um nur Beispiele zu nennen.

Während bislang die Datenschutzbehörden mehr oder wenig erfolgreich versucht haben, wegen datenschutzrechtlicher Verstöße gegen Facebook vorzugehen, befasst sich nun erstmalig eine Kartellbehörde mit dem Geschäftsmodell von Facebook.

Verfahren des Bundeskartellamts gegen Facebook

Das Bundeskartellamt hat laut seiner Pressemeldung vom 02. März 2016 ein Verfahren gegen die Facebook Inc., USA, die irische Tochter des Unternehmens und gegen die Facebook Germany GmbH, Hamburg, eingeleitet. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, seine möglicherweise marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für soziale Netzwerke durch die Ausgestaltung seiner Vertragsbestimmungen missbraucht zu haben. Ausgangspunkt für das Verfahren ist dabei der Anfangsverdacht, dass die Nutzungsbedingungen von Facebook gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstoßen.

Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt hat hierzu ausgeführt: „Marktbeherrschende Unternehmen unterliegen besonderen Pflichten. Dazu gehört es auch, angemessene Vertragsbedingungen zu verwenden, soweit diese marktrelevant sind. Für werbefinanzierte Internetdienste wie Facebook haben die Nutzerdaten eine herausragende Bedeutung. Gerade deshalb muss auch unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs von Marktmacht untersucht werden, ob die Verbraucher über die Art und den Umfang der Datenerhebung hinreichend aufgeklärt werden.“

Anknüpfungspunkt ist also wie schon in der Vergangenheit die fehlende Transparenz der Nutzungsbedingungen. Die Nutzer sind sich oftmals nicht im Klaren darüber, welche ihrer Daten zu welchen Zwecken an welche Werbekunden weitergegeben werden. Damit können sie aber auch keine wirksame und informierte Einwilligung erteilen, da diese gem. 4a BDSG nur nach einer umfassenden Aufklärung zulässig ist. Die bei Facebook erteilte Einwilligung in die Datenverarbeitung ist zu pauschal, als dass sie insbesondere die Weitergabe der Daten an Dritte zu Werbezwecken legitimieren könnte. Diese Schlussfolgerung haben bereits die Datenschutzbehörden gezogen.

Aufgabe des Bundeskartellamts wird es nun sein, zum einen die marktbeherrschende Stellung von Facebook zu belegen wie auch den Zusammenhang zwischen den datenschutzrechtlichen Verstößen und der marktbeherrschenden Stellung. Nur wenn dies gelingt, wäre der Verstoß auch kartellrechtlich relevant. Dies würde wiederum Raum geben für Sanktionen, die gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB i.V.m. § 81 Abs. 4 GWB mit bis zu einer Million Euro geahndet werden können, allerdings auch bis zu zehn Prozent des Gesamtumsatzes des vorausgegangenen Geschäftsjahres betragen können. Wenn man bei Facebook einen Börsenwert von rund 306 Milliarden Dollar im dritten Quartal 2015 zu Grunde legt, erreicht man damit rasch einen Bußgeldrahmen, der auch für einen Global Player wie Facebook abschreckende Wirkung haben dürfte – vom Imageschaden ganz zu schweigen.

Marktbeherrschende Stellung?

Die Tatsache, dass der Börsenwert von Facebook bereits den von General Electric als Vertreter der Old Economy (300 Milliarden Dollar) übersteigt, zeigt deutlich, dass Daten als das vielbeschworene „neue Öl“ zu werten sind. Es zeigt aber auch, dass Facebook bereits über sehr viele Nutzerdaten verfügt, diese geschickt zu vermarkten weiß und mit einer Nutzerzahl von weltweit 1,55 Milliarden im September 2015 daher vieles für eine marktbeherrschende Stellung spricht. Gemäß § 19 Abs. 4 GWB wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es über einen Marktanteil von mindestens 40 Prozent verfügt. Die Marktanteile der Wettbewerber wie z.B. von Google+ dürften deutlich darunter und damit auch unter denen von Facebook liegen. Es ist erwiesen, dass Netzwerkeffekte entstehen, da man sich i.d.R. bei der Social Media-Plattform anmeldet, bei der bereits die meisten Freunde und Bekannte vertreten sind. Daher ist davon auszugehen, dass sich die Nutzerzahlen bei Facebook auch künftig stetig nach oben entwickeln werden, da im Zweifel bereits viele Personen aus dem realen Leben dort wiederzufinden sind. Auch extensive Werbung der Wettbewerber wird dem nicht viel entgegensetzen können.

Fazit

Die marktbeherrschende Stellung von Facebook wie auch der Zusammenhang mit der Verletzung des Datenschutzrechts muss erst noch vom Bundeskartellamt nachgewiesen werden. In jedem Fall ist die erstmalige Verknüpfung datenschutzrechtlicher Verstöße mit kartellrechtlichen Tatbeständen und Sanktionen durch eine Kartellbehörde sehr spannend und bietet viel Raum für neue Fragen. Es bleibt zu hoffen, dass das Bundeskartellamt mit diesem neuen Ansatzpunkt mehr Erfolg haben wird als die personell oftmals unzureichend ausgestatteten Datenschutzbehörden. Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar machte beispielsweise unlängst deutlich, dass man als für Facebook zuständige Behörde in Deutschland „immer weniger in der Lage“ sei, „die vielfältigen Anforderungen an einen zeitgemäßen Datenschutz technisch und rechtlich zu erfüllen“.

Schließlich verbliebe immer noch der EU-Kommission die Möglichkeit, bei entsprechenden Anhaltspunkten ein kartellrechtliches Verfahren gegen Facebook einzuleiten, sollte das Vorgehen der nationalen Kartellbehörden keine Aussicht auf Erfolg haben. Ein vergleichbares Verfahren wurde 2015 bereits gegen den Internetriesen Google wegen des Vorwurfs der Manipulation von Suchergebnissen eingeleitet, womit Google seine eigenen Dienste bevorzugen wollte. Sofern Google in diesem Verfahren keine Zugeständnisse macht, kann ein Bußgeld von bis zu zehn Prozent des Umsatzes verhängt werden, was bei Google mehr als sechs Milliarden Euro ausmachen kann. Dies zeigt, dass es durchaus Instrumentarien gibt, um der scheinbaren Allmacht großer Internetkonzerne entgegenzuwirken.

Wir halten Sie über die datenschutz- und kartellrechtlichen Verfahren gegen Facebook und Co. auch weiterhin gerne auf dem Laufenden.