Vor drei Jahren hat das Bundeskartellamt ein Verwaltungsverfahren gegen die Facebook Gruppe eröffnet (wir berichteten). Das Ergebnis der lang andauernden Prüfung kann zukünftig, laut Pressemeldung des Bundeskartellamts vom 07.02.2019, einschneidende Konsequenzen für Facebook bedeuten. Denn das Bundeskartellamt hat entschieden, dass Facebook künftig ohne rechtskonforme Einwilligung Daten von Drittseiten nicht mehr sammeln darf. Eine entsprechende Einwilligung muss auch vorliegen, um Daten von anderen Facebook-Diensten wie z.B. WhatsApp und Instagram mit Daten der Facebook-Webseite zusammenzuführen.
Marktbeherrschung
Die fehlende Konformität des Geschäftsmodells von Facebook mit kartellrechtlichen Vorgaben trat erstmals populär aufgrund mangelnder Transparenz im Umgang mit Nutzerdaten in Erscheinung. In den vergangenen drei Jahren wurde daher der Frage nachgegangen, wie Facebook sich mit seinem Geschäftsmodell auf dem deutschen Markt positioniert. Das Bundeskartellamt kommt zu dem Schluss, dass Facebook in Deutschland eine marktbeherrschende Stellung im Bereich der sozialen Netzwerke einnimmt. Der Gesetzgeber hat den Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten, Größenvorteile aufgrund von Netzwerkeffekten, das Verhalten der Nutzer, die mehrere oder nur einen Dienst nutzen können und die Kraft des innovationsgetriebenen Wettbewerbsdrucks als relevante Marktmachtfaktoren eingeordnet. Diese Kriterien können laut Bundeskartellamt im Fall Facebook alle bejaht werden, so dass nicht nur der Marktanteil von über 90 % der täglich aktiven Nutzer als Begründung für die Position im Markt ins Feld geführt werden kann. Als marktbeherrschendes Unternehmen müsse Facebook insbesondere beachten, dass die Nutzer auf keinerlei Konkurrenzangebote ausweichen können und entsprechende Maßnahmen zur Förderung der Wettbewerbskonformität ergreifen. Dieser Sachverhalt führe weiter dazu, dass für Facebook besondere kartellrechtliche Regelungen gelten, so der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt.
Bewertungen des Bundeskartellamts
Der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg von Facebook ist hauptsächlich der gesammelte und stetig anwachsende wettbewerbsrelevante Datenschatz. Aufgrund dessen kann der Umgang mit und Zugang zu Daten auch aus einer wettbewerbsrechtlichen Bewertung des Unternehmens nicht ausgeklammert werden. Hierbei lag der Fokus der Bewertung nicht auf Daten, die auf der originären Facebook-Webseite anfallen, sondern auf solchen, die aus weiteren konzerneigenen Diensten oder sogar aus Drittquellen stammen. Zum Beispiel WhatsApp, Instagram und Webseiten, auf denen sich ein Like- oder Share-Button befindet, oder in die Analysedienste eingebunden sind, zählen hierzu. Bezüglich dieser Quellen ist den wenigsten Nutzern bewusst, dass auch hier Daten gesammelt und mit den Daten der Facebook-Webseite zusammengeführt werden. Die Zusammenführung der Daten hat einen zunächst unvorhersehbaren Wert. Anhand dieser ist Facebook in der Lage eigene Dienste zu optimieren, weitere Nutzer zu binden, gezielt Werbung zu verbessern und somit auch für Werbekunden noch interessanter zu werden. Ebendiese Geschäftspraxis bewertet das Bundeskartellamt als wettbewerbsrechtswidrigen Ausbeutungsmissbrauch. Die Ausbeutung der Facebook-Nutzer liegt vor allem im Kontrollverlust über die eigenen Daten durch mangelnde Überschaubarkeit welche Daten für welche Zwecke miteinander verknüpft und zum Beispiel für Profiling genutzt werden. Somit liegt bei den Nutzern kein finanzieller Schaden, jedoch ein erhebliches Risiko für die Ausübung des informationellen Selbstbestimmungsrechts vor. Aufgrund der marktbeherrschenden Stellung Facebooks ist es den Nutzern nicht möglich, sich der Datenzusammenführung zu entziehen, denn der Ansatz von Facebook entspricht dem Motto „Ganz oder gar nicht“. Eine Nutzung des sozialen Netzwerks ist nur möglich, wenn die Datenverarbeitung hingenommen wird. Darüber hinaus gibt es kein weiteres Netzwerk, das ein ähnlich umfangreiches Portfolio anbietet wie Facebook. Weitere Netzwerke können kaum entstehen, geschweige denn wachsen, solange Facebook eine derart große Nutzerbasis für sich beansprucht (Netzwerkeffekt und Größenvorteil). Hierbei handelt sich um einen Kreislauf, den das Wettbewerbsrecht gerade verhindern möchte.
Wie es weitergeht
Nach Ansicht des Bundeskartellamts ist für die Zusammenführung von Daten der Facebook-Webseite mit Daten aus Drittquellen keine Rechtfertigungsgrundlage erkennbar. Weder für die Vertragserfüllung mit den Nutzern sei sie notwendig, noch liege ein berechtigtes Interesse für diese Vorgehensweise auf Seiten von Facebook vor. Es stellt sich daher die Frage, wie Facebook aus Sicht des Bundeskartellamts nun weiter vorgehen kann und welche Folgen das Unternehmen zu erwarten hat. Die Verhängung eines Bußgelds wurde als nicht zielführend bewertet, da Facebook nicht nur „bestraft“ werden, sondern ein wettbewerbskonformes Verhalten entwickeln soll. Das Bundeskartellamt hat daher entschieden, dass es Facebook nur noch erlaubt ist, Daten zusammenzuführen, wenn der Nutzer zugestimmt hat. Nutzer die nicht zustimmen, müssen in die Lage versetzt werden, das soziale Netzwerk dennoch zu nutzen. Das Unternehmen hat vier Monate Zeit, Lösungsvorschläge für die Umsetzung der Vorgaben vorzulegen und weitere acht Monate, um die Lösungen umzusetzen. Facebook hat jedoch bereits angekündigt, Rechtsmittel innerhalb der Monatsfrist gegen die Entscheidung einlegen zu wollen. Facebook schätzt seine Marktposition nicht als beherrschend ein und betont, dass es einen Unterschied zwischen Popularität und Marktbeherrschung gebe. Zudem habe das Bundeskartellamt Wettbewerbsrecht mit Aspekten des Datenschutzes vermischt und seine Zuständigkeit überschritten. Einerseits ist eine Einschätzung über die marktherrschende Stellung von Facebook jedoch ohne Berücksichtigung des Kerngeschäfts – der Sammlung von Daten – kaum möglich. Andererseits kann auch ein Datenschützer die Einschätzung einer marktbeherrschenden Stellung auch nicht übernehmen, so Andreas Mundt.
Auswirkungen
Sollte die Entscheidung des Bundeskartellamts rechtskräftig werden, ist Facebook verpflichtet, Einwilligungen der Nutzer zu jeglicher Datenverarbeitung und -zusammenführung in Zusammenhang mit Facebook-Diensten wie WhatsApp und Instagram sowie mit Drittwebseiten einzuholen. Ohne Einwilligung ist die Datenerhebung und Zuordnung zu Nutzerprofilen nicht gestattet. Eine weitere Folge für Facebook wäre der Verlust von Werbeeinnahmen in Deutschland, da diese in einer Vielzahl über die Daten von Drittseiten der Werbepartner generiert werden. Von der Entscheidung sind demzufolge auch Werbekunden von Facebook betroffen, da auch diese weniger Datensätzen generieren könnten und die Effizienz der Werbung mit anderen Mitteln gefördert werden müsste.
Für den Facebook-Nutzer kann die Entscheidung mehr Transparenz und Entscheidungsfreiheit in Bezug auf die Datennutzung durch Facebook bedeuten. Die Nutzung von Facebook wäre nicht mehr an eine Pflicht zur Datenzusammenführung mit den außerhalb der Facebook-Webseite liegenden Quellen verbunden.
Die Entscheidung des Bundeskartellamtes sendet ein eindeutiges Signal und lässt erkennen, dass nicht nur Datenschützer das Risiko und die Auswirkungen des schrankenlosen Datensammelns durch Unternehmen erkannt haben.
Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes können Sie hier nachlesen.
Timmy
13. Februar 2019 @ 11:43
Ich Interessiere mich für Dinge, die mich nicht interessieren. Ist ja auch ein Ansatz. Ich mache nichts anderes bei FB. Natürlich alles im Rahmen. Alles liken oder so wäre ja unrealistisch.
Eigentlich war ich nichtuser (bin es im Grunde auch). Aber ich möchte nicht getrackt werden, dass ist mein Anspruch. Leider wird ja jeder und jedes getrackt, online wie offline und Geräteübergreifend mittels FB-Pixel. Für mich sind solche Praktiken, die FB einsetzt ein klares NoGo!
Darum habe ich ein neues Hobby. FB müßte noch ein Tool herausbringen, wieviel Werbegelder ein User verursacht. Das wäre schön.