Wie relevant die Diskussion um ein einziges personenbezogenes Datum sein kann, zeigt der Fall einer Berlinerin, der aufgrund ihrer Konfessionslosigkeit ein Vorstellungsgespräch verwehrt wurde.
Die betroffene Frau bewarb sich 2012 erfolglos auf eine Stellenausschreibung des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung, welche eine Mitgliedschaft in einer evangelischen oder einer anderen christlichen Kirche in Deutschland als Bewerberkriterium voraussetzte. Nachdem die Frau nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wurde, klagte sie wegen religiöser Diskriminierung auf eine Entschädigung von 10.000 Euro. Nach Durchlaufen aller Instanzen fällte der EuGH am Dienstag, 17.04.2018 in Luxemburg sein Grundsatzurteil zu der Interessenabwägung.
Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH
Das kirchliche Arbeitsrecht steht mit seiner Selbstverwaltung und dem weiten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen auf der einen und die Grundrechte von potentiellen Arbeitnehmern auf der anderen Seite. Das Bundesarbeitsgericht bat den EuGH um die Auslegung des EU-Diskriminierungsverbotes und dieser entschied, dass es auf die jeweilige Tätigkeit ankäme.
Konfessionsbindung nur bei bestimmten Tätigkeiten
Nur, wenn die „mit der Religion oder Weltanschauung zusammenhängende Anforderung“ „eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation“ darstelle, sei diese Bedingung für ein Bewerbungsverfahren zulässig. Bezogen auf eine Pfarrerstelle ist eine solche Anforderung mithin durchaus nachvollziehbar. Ob jedoch auch Erzieher, welche der jeweiligen Konfession der Einrichtungen nicht angehören, aufgrund dieser Eigenschaft diskriminiert werden dürfen, wurde von den Gerichten in den vergangenen Jahren nicht eindeutig geklärt.
Unklar ist auch, ob dies bei der auf 18 Monate befristeten Referentenstelle, auf die sich die Klägerin beworben hatte, zutrifft.
Jetzt muss das Bundesarbeitsgericht entscheiden
Eine Entscheidung zu diesem konkreten Fall trifft im Kommenden nun das Bundesarbeitsgericht, dessen Urteil möglicherweise eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechtes nach sich zieht.
Nachdem in den letzten Monaten (wir berichteten hier und hier) im kirchlichen Datenschutzrecht sowohl das KDG als auch das DSG-EKD novelliert wurden, könnte diese Entscheidung weitreichendere Auswirkungen auf das Kirchenrecht haben.
Ganz im Sinne der DSGVO forciert ein einziges personenbezogenes Datum die Sensibilisierung für eine Thematik und löst womöglich eine Kettenreaktion aus, welche wir in unserem Blog abbilden werden.
Anonymous
20. April 2018 @ 14:42
Ob sich etwas ändert, wird man sehen. Aber man sollte nicht unter den Tisch fallen lassen, dass die Frau nur vermutet, dass sie wegen ihrer Konfessionslosigkeit diskriminiert worden sein könnte, denn dies hat die Diakonie so nicht übermittelt (da wäre sie auch schön blöd das explizit irgendwo hinzuschreiben), vielmehr steht die Diakonie auf dem Standpunkt, dass sie eine andere, wichtigere Eigenschaft nicht hatte: die richtige Ausbildung (gefordert: Uni, vorhanden: FH).
Einfacher wird es durch das Urteil auch nicht bei Kirchens unterzukommen: wie will denn ein (weltliches) Gericht entscheiden, ob die religiöse Prägung eines Menschen für eine Stelle erforderlich ist oder nicht? Das können immer noch am Besten die Kirchen alleine entscheiden.