„Mit zuletzt rund 74.500 Neuerkrankungen jährlich ist Brustkrebs die mit Abstand häufigste Krebserkrankung der Frau“, so das Zentrum für Krebsregisterdaten des RKI Stand 2022. Etwa jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Eine von sechs Betroffenen erkrankt vor dem 50. und knapp zwei von fünf nach dem 70. Lebensjahr. Eine ausschlaggebende Voraussetzung für die Heilung ist die frühzeitige Entdeckung und Behandlung. Deshalb hat das Bundesministerium für Gesundheit 2004 das Mammographie-Screening-Programm eingeführt.
Einladung zum Mammographie-Screening
Alle zwei Jahre erhalten in Deutschland Frauen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren eine Einladung zum Mammographie-Screening-Programm. Hierbei wird eine Röntgen-Reihenuntersuchung durchgeführt. Das Mammographie-Screening gilt als wichtigste Präventivmaßnahme und kann nachweislich zur Senkung der Brustkrebssterblichkeit in der besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe beitragen, wenn sie konsequent und qualitätsgesichert angeboten wird.
Die Einladungen werden von den Zentralen Stellen verschickt. Hierbei handelt es sich um öffentliche Stellen, die eigens zu diesem Zweck von der Kassenärztlichen Vereinigung und den Landesverbänden der Krankenkassen in Abstimmung mit den zuständigen Landesbehörden unter Berücksichtigung landesrechtlicher Bestimmungen errichtet wurden. Jedes Bundesland besitzt mindestens eine solche Zentrale Stelle. Die Zentralen Stellen sind auf der Internetseite des Mammographie-Screening-Programms abrufbar. Für den Versand der Einladungen an die Betroffenen wird auf die Daten der Einwohnermeldeämter zurückgegriffen.
Wie die LDI NRW sowie der BayLfD jüngst berichteten, wenden sich regelmäßig Frauen an die Behörden, die die Nutzung ihrer Meldedaten für die Einladung zum Mammographie-Screening für unrechtmäßig hielten. Insbesondere wird seitens der betroffenen Frauen moniert, dass sie eine Weitergabe als übergriffig empfänden und keine Einwilligung erteilt hätten. Zu Recht?
Rechtsgrundlage für die Übermittlung der Meldedaten
§ 25a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch regelt, dass sogenannte organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme angeboten werden müssen. Konkretisiert wurde diese Vorschrift am 20.02.2025 durch die Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (im Folgenden KFE-RL). § 13 Abs. 3 KFE-RL besagt ausdrücklich, dass die Zentrale Stelle zur Einladung die Daten der Melderegister verwendet. Die Meldebehörde übermittelt zu diesem Zweck auf Basis von §§ 36 Abs. 1, 55 Abs. 5 Bundesmeldegesetz (im Folgenden BMG) in Verbindung mit dem jeweiligen Landesgesetz (in Bayern bspw. § 17 Abs. 1 S. 1 MeldDV) die folgenden personenbezogenen Daten an die zuständige Stelle: Familienname, frühere Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und -ort, derzeitige Anschrift und bedingter Sperrvermerk nach § 52 BMG.
Die Erlaubnisnorm für die Verarbeitung und Speicherung der Daten bei der Zentralen Stelle zum Zweck des Verschickens der Einladungen ist in § 13 Abs. 3 KFE-RL sowie in den jeweiligen Landesgesetzen geregelt (so bspw. in § 16 Landeskrebsregistergesetz NRW für NRW oder in § 17 Abs. 2 MeldDV für Bayern). Die LDI NRW und der BayLfD sind sich uneinig, welche datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung an und Datenverarbeitung durch die Zentrale Stelle einschlägig ist. Sowohl Art. 6 Abs. 1 lit. c, als auch Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO erscheinen möglich.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen ist für die Datenübermittlung somit keine datenschutzrechtliche Einwilligung gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO erforderlich. Auch könnten sich die Betroffenen nicht auf die fehlende Schweigepflichtentbindung gegenüber ihrer Frauenärztin oder ihrem Frauenarzt berufen. Die Schweigepflichtentbindung könne nur bei einer Übermittlung von Gesundheitsdaten aus der Arztpraxis erforderlich sein; die Arztpraxen seien aber in die Datengewinnung der Zentralen Stelle von vornherein nicht eingebunden.
Keine Übermittlung bei Sperrvermerk
Eine Datenübermittlung findet nur dann nicht statt, wenn im Melderegister für die betroffene Person eine Auskunftssperre nach § 51 BMG eingetragen ist. Eine solche Eintragung erfolgt, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass für die betroffene oder eine andere Person durch eine Offenlegung der Meldedaten eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann.
Widerspruch möglich?
Im Folgenden stellt sich die Frage, ob den betroffenen Frauen ein Widerspruchsrecht gegen die Nutzung ihrer personenbezogenen Daten zusteht. Unbestritten ist, dass ein voraussetzungsloses Widerspruchsrecht gegen die „weiteren Einladungen“ nach § 25a Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 13 Abs. 1 Satz 2 KFE-RL möglich ist. Dies sind alle Einladungen, die der ersten Einladung turnusmäßig nachfolgen. Die Zentrale Stelle hat dafür ein Formular bereitgestellt, welches hier abgerufen werden kann.
Fraglich ist allerdings, inwieweit bereits der ersten Einladung widersprochen werden kann.
Der BayLfD ist der Meinung, dass das allgemeine Widerspruchsrecht nach Art. 21 DSGVO auch für die erste Einladung und der damit einhergehenden Datenverarbeitung nicht ausgeschlossen sei. Diese Ansicht wird mit der „Befugnis“ der Zentralen Stelle zur Datenverarbeitung begründet, im Gegensatz zur „Verpflichtung“, bei deren Vorliegen ein Ausschluss des allgemeinen Widerspruchsrechts anzunehmen wäre. Als datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage wird hier folglich Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO gewählt. Zu beachten ist allerdings, dass die Voraussetzungen des Widerspruchsrechts in Art. 21 Abs. 1 DSGVO einzuhalten sind und sich ein Vorbringen von Gründen, die sich aus der besonderen Situation der betroffenen Person ergeben, in diesem Fall wohl schwierig gestalten wird.
Demgegenüber sieht die LDI NRW den Anwendungsbereich für einen Widerspruch als nicht eröffnet an, da sie die Datenverarbeitung wohl auf Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO stützt.
Fazit
Die Übermittlung der oben genannten personenbezogenen Daten von den Meldeämtern an die Zentrale Stelle zum Zwecke der Einladung zum Mammographie-Screening kann jedenfalls auf eine gesetzliche Grundlage gestützt werden und ist damit zulässig. Die Einholung einer Einwilligung ist nicht erforderlich. Die Aufsichtsbehörden sind sich nicht darüber einig, ob die Voraussetzungen für einen Widerspruch gegeben sind oder nicht. Die Übermittlung unterbleibt ansonsten nur bei Bestehen einer melderechtlichen Auskunftssperre. Deshalb bleibt den Betroffenen nur: Die erste Einladung in den Papierkorb oder Schredder und danach vom Widerspruchsrecht gegen die weiteren Einladungen Gebrauch machen.