Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfordert auf Grund vieler unbestimmter Normen eine Auslegung. Handlungsempfehlungen der Aufsichtsbehörden können hierbei eine gute Hilfe sein, Entscheidungen der Gerichte sind ebenso willkommen.

Viele Fragezeichen bestehen derzeit bei der konkreten Umsetzung der Anforderungen an eine rechtswirksame Einwilligung nach Art. 7, 8 DSGVO. Diskutiert wird unter anderem die Freiwilligkeit der Einwilligung. Aber auch die Umsetzung der „eindeutig bestätigenden Handlung“ des Betroffenen (Siehe Erwägungsgrund 32 der DSGVO) erfordert exakte technische Lösungen.

Das sog. Kopplungsverbot spielt diesbezüglich eine wichtige Rolle, wenn also ein Vertragsabschluss an die Einwilligung des Kunden an eine bestimmte Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten zu einem nicht ausschließlich für die Vertragserfüllung bestimmten Zweck „gekoppelt“ wird, also zwingend hiervon abhängig ist. In der Regel dürfte es sich hierbei um den Versuch handeln, sich gleichzeitig das Einverständnis mit der Nutzung der Kundendaten zu Werbezwecke (z.B. Zusendung von Werbung per E-Mail) einzuholen oder aber mehrere jeweils eigentlich einer separaten Einwilligung erfordernden Datenverarbeitungsvorgänge zusammenzufassen (Vgl. Schulz; in Gola, DSGVO, 2. Auflage 2018, Art. 7 Rn. 25ff). Eine solche Verknüpfung der Einwilligung mit dem Vertragsschluss könnte daher nach Art. 7 Abs. 4 DSGVO unzulässig sein. Allerdings ist ein solcher Vorgang in der Praxis häufig zu sehen.

Das Oberste Gerichtshof in Österreich (OGH) hat in seiner aktuellen Entscheidung (Urteil vom 31.08.2018, Az.: 6Ob140/18h) auch zu diesem Kopplungsverbot der DSGVO Stellung bezogen und hierzu interessante Ausführungen gemacht. Da die DSGVO bekanntermaßen in den EU-Mitgliedstaaten vom gleichen Wortlaut ist, dürfte die Interpretation des höchsten Gerichts aus unserem Nachbarland auch hierzulande Beachtung erfahren und als Auslegungshilfe dienen.

Aus dem Urteil:

„4.2.2. Die Frage des „Koppelungsverbotes“, also ob der Vertragsabschluss von einer Zustimmung zu einer (dafür nicht erforderlichen) Datenverarbeitung abhängig gemacht werden kann, wurde in der höchstgerichtlichen Judikatur hingegen noch nicht behandelt. Anders als in Deutschland (§ 28 Abs 3b BDSG, dazu Revision S 7f) bestand in Österreich nach altem Datenschutzrecht auch keine diesbezügliche ausdrückliche Bestimmung.

4.2.3. In Frage steht dabei, ob eine derartige Einwilligung „ohne Zwang“ bzw. „freiwillig“ gegeben wird, wenn sie Voraussetzung für den Abschluss eines Vertrags ist, für dessen Durchführung sie aber nicht erforderlich wäre. Die Revisionswerberin steht auf dem Standpunkt, dass dies deshalb in ihrem Fall so sei, weil der Verbraucher nicht auf einen Vertragsschluss mit ihr angewiesen sei (dies würde im Ergebnis der alten deutschen Rechtslage entsprechen). Diesbezüglich macht sie geltend, dass sich die Vorinstanzen mit diesem Vorbringen (insbesondere in der Berufung) nicht auseinandergesetzt hätten (dementsprechend fehlen auch Feststellungen zur Marktstellung der Beklagten; allenfalls kann davon ausgegangen werden, dass ihr diesbezügliches Vorbringen unstrittig geblieben ist).“

In dem Urteil des OGH wurden unter anderem die AGB eines Dienstes zum Empfang vom digitalen TV beanstandet, mittels derer sich der Anbieter gleichzeitig auch die Einwilligung des Kunden in die Datenverarbeitung zu Werbezwecke (auch für „Kooperationspartner“, also Dritte) einholte.

Das Gericht stellte dabei die Definitionen und Regelungen vor und kam zu dem Ergebnis, dass hier eine verbotene Kopplung vorlag, da der Kunde durch die AGB auch die Erlaubnis der Nutzung seiner Daten für die Werbung erteilte. Dieses ist allerdings ein anderer Zweck und betrifft nicht die eigentliche Dienstleistung.

Es wird in diesem Zusammenhang vom Gericht auch der Erwägungsgrund 43 zitiert:

„[..]Die Einwilligung gilt nicht als freiwillig erteilt, wenn zu verschiedenen Verarbeitungsvorgängen von personenbezogenen Daten nicht gesondert eine Einwilligung erteilt werden kann, obwohl dies im Einzelfall angebracht ist, oder wenn die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Erfüllung nicht erforderlich ist.“

Nun lässt sich natürlich diskutieren, ob und inwiefern ein Erwägungsgrund der DSGVO überhaupt als Auslegungshilfe der Verordnung herangezogen werden darf.

Fazit

Mit der Entscheidung schafft der OHG ein wenig mehr Klarheit beim Kopplungsverbot. Gleichwohl lässt sich streiten, ob andere Ansichten mangels tiefergehender Begründung in der Sache nicht ebenso gut vertretbar wären und eine Lockerung des Kopplungsverbotes aus Gründen der Praktikabilität in der elektronischen Datenverarbeitung erlauben.

So kann die Freiwilligkeit der Abgabe der Einwilligung gewiss infrage gestellt werden, wenn sie zwingend für die Nutzung einer Dienstleistung oder eines Produkts (z.B. Smartphone, IoT-Gerät) erforderlich ist. Auf diese Weise könnte der Anbieter oder Hersteller bestimmte Funktionen wie beispielsweise die Analyse des Nutzerverhaltens oder das GPS-Tracking einverlangen, ohne dass diese Datenverarbeitung für die Nutzung der Anwendung bzw. des Geräts erforderlich ist. Ähnlich könnte auch das Spielen von Games auf einer Webseite von einem Tracking abhängig gemacht werden, obgleich dieses streng genommen zwei unterschiedliche Vorgänge sind.

Gewiss mutet die Diskussion über die Wahlfreiheit und Freiwilligkeit des Handelns in der heutigen Informationsgesellschaft schon etwas Philosophisches an, kann doch ohnehin nahezu immer bezweifelt werden, dass der Einzelne mit der tiefgehenden und kaum mehr nachvollziehbaren Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch Google, Facebook, Amazon und Co. überhaupt einverstanden ist, insbesondere angesichts der mangelten Alternativen anderer Diensteanbieter oder Systeme (sog. Lock-in Effekt).

Der OGH sah übrigens die Fallfrage für geklärt an und verzichtete auf eine Vorlage an den EuGH. Insofern bleibt weiterhin ein gewisser Unsicherheitsfaktor, wenn gleich die Ausführungen im Ergebnis vorzugswürdig erscheinen.