Weihnachten: In der Theorie ein Fest der Besinnlichkeit – in der Praxis leider oftmals das genaue Gegenteil. Dies gilt zumindest während der Adventszeit, wenn sich wieder alles um die Frage dreht, ob und für wen welches Geschenk besorgt wird; oder auch werden muss, je nachdem, ob der Auslöser dafür die pure Freude am Schenken ist oder doch vielmehr sozialer Druck dahintersteckt. Gerade im letztgenannten Fall stellt die Aussicht, sich nach Feierabend oder gar am wohlverdienten Wochenende in die vollen Innenstädte und Shoppingmalls begeben zu müssen, für viele Menschen ein absolutes Horrorszenario dar und wirklich leer wird es vermutlich auch unter den aktuell geltenden 2G-Regelungen nicht werden. Für diejenigen, die ihre freie Zeit lieber auf andere Weise verbringen als sich in überfüllte Kaufhäuser zu stürzen, um (wie so oft) am Ende doch nichts Passendes zu finden, ist das Onlineshopping natürlich ein wahrer Segen.

Tatsächlich haben im letzten Jahr in einer Umfrage von Bitkom vor dem Dezember-Corona-Lockdown sieben von zehn Verbrauchern angegeben, Geschenke für das Weihnachtsfest im Internet zu bestellen. Dabei waren Bequemlichkeit und die Vermeidung von Gedränge in den Läden die meist genannten Gründe – noch vor der Verringerung der Gefahr, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren!

Unternehmen können den Trend des gemütlichen „von-Zuhause-aus-Bestellens“ natürlich in diesem Jahr noch weiter befeuern, indem sie potentielle Kunden auch in den eigenen vier Wänden mithilfe digitaler Kommunikationsmittel direkt ansprechen: Findet der ohnehin ideenlose, aber kaufbereite Onlineshopper plötzlich eine E-Mail mit Weihnachtsangeboten in seinem Postfach, kann das nicht nur das Ende einer verzweifelten Suche bedeuten, sondern gleichzeitig auch Umsatz für das versendende Unternehmen. Aber natürlich ist die rechtliche Komponente bei all dem vorweihnachtlichen Shoppingwahn nicht zu vernachlässigen.

Zulässig ist Werbung per E-Mail nur, wenn eine entsprechende Erlaubnis dafür vorliegt – wobei in diesem Fall neben dem Datenschutzrecht auch die Vorschriften aus dem Wettbewerbsrecht zu beachten sind, welche die Möglichkeiten stark limitieren. So stellt das, was in der soeben gemachten Beschreibung noch nach einer Win-Win-Situation für beide Seiten klang, nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stets eine unzumutbare Belästigung und damit unzulässige geschäftliche Handlung (§ 7 Abs. 1 UWG) dar, sofern keine ausdrückliche Einwilligung für die Werbe-Benachrichtigungen erteilt wurde.

Werbe-E-Mails ohne Einwilligung – nur in bestimmten Ausnahmen!

Daher müssen Unternehmen, die ihr Weihnachtsgeschäft durch das Verschicken von Werbe-E-Mails zusätzlich ankurbeln wollen, differenzieren, ob die Empfänger darin eingewilligt haben oder nicht. Daran ändert auch die Ausnahmeregelung in § 7 Abs. 3 UWG für E-Mail-Werbung in bestehenden Kundenbeziehungen wenig, auf die sich Unternehmen oftmals berufen (wollen). Demnach liegt keine unzumutbare Belästigung und damit keine Unzulässigkeit vor, wenn Werbe-E-Mails auch ohne Einwilligung an Empfänger verschickt werden, sofern folgende vier Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Der Unternehmer hat die entsprechende E-Mail-Adresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden erhalten (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG).
  2. Der Unternehmer nutzt die Adresse nur zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren bzw. Dienstleistungen (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG).
  3. Der Kunde hat der Verwendung nicht widersprochen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG).
  4. Der Kunde wird bei Erhebung der Adresse und bei jeder weiteren Nutzung klar und deutlich darauf hingewiesen, dass er dieser Verwendung zu jeder Zeit widersprechen kann, ohne dass dafür andere Kosten als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen anfallen (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG).

Aufsichtsbehördliche Konkretisierung der Regelung

Da all diese vier Voraussetzungen vorliegen müssen, damit sich auf die Ausnahme in § 7 Abs. 3 UWG berufen werden kann (und ansonsten wiederum eine unzumutbare Belästigung der E-Mail-Empfänger vorliegt), müssen Unternehmen vorsichtig sein. So äußerte bspw. der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI Baden-Württemberg) in seinem Tätigkeitsbericht 2020 die Kritik, „dass es die werbenden Unternehmen mit der Einhaltung der Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG oft nicht so genau nehmen“. Diese interpretiert der LfDI Baden-Württemberg wie folgt:

  1. Die E-Mail-Adresse des Kunden muss im Rahmen eines tatsächlichen Vertragsabschlusses erhalten worden sein. Ein Wunsch nach einem Angebot oder Kostenvoranschlag genügt nicht. Auch ein Rücktritt vom Vertrag, dessen erfolgreiche Anfechtung oder wirksamer Widerruf lässt die Rechtsgrundlage entfallen (zu § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG).
  2. Es darf nicht für Dritte, sondern nur für eigene Waren und Dienstleistungen geworben werden, welche zudem ähnlich zum gekauften Produkt bzw. der erhaltenen Dienstleistung sein müssen. Dabei ist der Begriff der „Ähnlichkeit“ eng auszulegen. Bei beworbenen Waren bestehe regelmäßig eine Ähnlichkeit, wenn der typischen Einsatz- bzw. Verwendungsmöglichkeit der bereits gekauften Ware entsprochen werde, diese ein klassisches Zubehör oder Ersatzteil dafür sei oder sie in einem engen Verwendungszusammenhang eine verkehrsübliche Ergänzungsware dazu darstelle. Beworbene Dienstleistungen seien dagegen regelmäßig als ähnlich einzustufen, sofern dem typischen Leistungsziel der bereits erhaltenen Dienstleistung entsprochen werde, sie ein klassisches Zubehör dafür sei oder sie eine verkehrsübliche Zusatz- oder Ergänzungsdienstleistung dazu darstelle (zu § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG)
  3. Die Möglichkeit, der Verwendung der E-Mail-Adresse für Werbung zu widersprechen, muss bereits beim Bestellvorgang gegeben sein (zu § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG).
  4. Der Hinweis, dass der Werbung jederzeit zum Normaltarif widersprochen werden kann, muss leicht auffindbar und gut lesbar in jeder E-Mail zu finden sein (zu § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG).

Insgesamt verweist der LfDI Baden-Württemberg in seinem Tätigkeitsbericht darauf, dass gerade die Bewertung, ob für ähnliche Waren und Dienstleistungen geworben werde, eine Frage des jeweiligen Einzelfalls sei. Natürlich würden die Möglichkeiten dazu umso umfangreicher, je mehr verschiedene Waren und Dienstleistungen der Kunde bereits erworben hat. Allerdings sei § 7 Abs. 3 UWG „kein Freibrief für allgemeine Produkt- und Dienstleistungswerbung“. Bei jedem einzelnen Kunden müsse eine genaue Prüfung des bisherigen Kaufverhaltens vorgenommen werden, um die Werbemöglichkeiten abzuklären.

Welche Schlussfolgerung lässt sich daraus ziehen?

Für Unternehmen bedeutet dies letztlich, dass das Versenden „allgemeiner“ Werbe-E-Mails mit Weihnachtsangeboten unterschiedlichster Art in der Regel ausgeschlossen ist, soweit keine Einwilligung dafür vorliegt. Dies gilt auch, wenn die Werbenachrichten an Bestandskunden verschickt werden sollen, weil diese Kunden einwilligungsfrei nur E-Mail-Werbung für ähnliche Waren und Dienstleistungen erhalten dürfen, wobei alle genannten, strengen Bedingungen einzuhalten sind. Werbung an diese Personengruppe wird daher ohne vorliegende Einwilligung nur das umfassen können, was nah an den früheren Bestellungen und damit an den eigenen persönlichen Interessen liegt – es sei denn, es wird über die entsprechende E-Mail-Adresse noch für andere bestellt. Wenn das nicht der Fall ist, so fördert diese Art von Werbung wahrscheinlich eher die Selbstbeschenkung, als dass sie dabei hilft, die Geschenke-To-do-Liste abzuarbeiten.