Videoüberwachungsmaßnahmen und deren datenschutzrechtliche Zulässigkeit waren bereits mehrfach Gegenstand unseres Blogs. Das Landgericht Detmold hat nun in seiner Entscheidung vom 08.07.2015 (Aktenzeichen 10 S 52/15) zu der Frage Stellung bezogen, ob eine Videoüberwachungsanlage zum Schutz vor Diebstahl, die auch Teile des Nachbargrundstücks erfasst, rechtlich zulässig ist.

Zugrundeliegender Sachverhalt

Ausgangspunkt für das zweitinstanzliche Urteil war ein Nachbarschaftsstreit. Hierbei hatte die Bewohnerin eines Mehrfamilienhauses geklagt, nachdem der Inhaber eines auf dem Nachbargrundstück befindlichen Gewerbebetriebs mit insgesamt vier Videokameras sein Grundstück überwachte, um dieses eigenen Angaben zufolge vor Einbrüchen und Vandalismus zu schützen. Außerdem sollten die Aufnahmen aus der Videoüberwachung den Nachweis erbringen, dass die Klägerin rechtswidrig das Grundstück befahre und dort parke. Zwei der installierten Kameras erfassten zunächst auch Teile des klägerischen Grundstücks, was die Klägerin aufgrund einer Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zur Klage gegen die Videoüberwachung durch den Beklagten veranlasste. Nach dem Vortrag der Klägerin löste bei ihr sowohl die permanente Überwachung als auch bereits die Sorge davor psychische Beeinträchtigungen aus.

Der Beklagte hielt dem entgegen, es sei unzumutbar, die Kameras so zu positionieren, dass das klägerische Grundstück ausgespart werde, da damit auch sein eigenes Grundstück nicht mehr ausreichend überwacht werde. Das Amtsgericht Lemgo gab dem Beklagten in seinem Urteil vom Februar 2015  (19 C 302/14) auf, die Kameras zu entfernen, wogegen dieser Berufung einlegte.

Rechtliche Würdigung

In der zweiten Instanz kam das Landgericht Detmold zum Ergebnis, dass die zwischenzeitlich eingestellte Überwachung des Nachbargrundstücks unbeachtlich sei, da die objektive und ernsthafte Befürchtung der Klägerin ausreiche, es könne weiterhin eine Videoüberwachung stattfinden. Damit schließt die Bewertung des Gerichts an die Entscheidung des BGH vom 21.10.2011 an (V ZR 265/10), der bereits zum Überwachungsdruck durch Videokameras Stellung bezogen hat.

Das Landgericht Detmold befand, dass die Persönlichkeitsrechte der Klägerin das berechtigte Überwachungsinteresse des Beklagten überwiegen, da die Videoüberwachung des klägerischen Grundstücks einer Vollüberwachung der Klägerin wie auch ihrer Mitbewohner und Besucher gleichkomme. Die vom Beklagten geltend gemachten Überschreitungen des Wegerechts während der Betriebszeiten seines Unternehmens könnten auch durch weniger einschneidende Maßnahmen, wie etwa die Hinzuziehung von Zeugen oder die Anfertigung von Fotos zur Wiedergabe der konkreten Situation dokumentiert werden. Außerhalb der Betriebszeiten des Unternehmens des Beklagten schätzte das Gericht die Gefahr nennenswerter Eigentumsbeeinträchtigungen oder Störungen des Betriebsablaufes als gering ein, so dass im Ergebnis das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung das Präventionsinteresse des Beklagten überwiege.

Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass selbst dann, wenn nur das Grundstück des Beklagten erfasst wird, die Videoüberwachung bereits deshalb unzulässig ist, weil den Anforderungen des § 6b BDSG nicht in ausreichender Weise Rechnung getragen wird. Das Gericht sah keinen Hinweis darauf, dass gem. § 6b Abs. 2 BDSG auf dem Grundstück des Beklagten auf die Videoüberwachungsmaßnahmen und die hierfür verantwortliche Stelle hingewiesen wird. Außerdem sind die aufgezeichneten Daten gemäß § 6b Abs. 5 BDSG Daten grundsätzlich unverzüglich zu löschen. Der Beklagte hatte demgegenüber vorgetragen, seiner Löschungspflicht hinsichtlich der aufgezeichneten Daten erst nach 3-4 Wochen nachzukommen.

Fazit

Die Rechtsauffassung des Gerichts ist folgerichtig, insbesondere da zum Eigentumsschutz des beklagten Unternehmens mildere Mittel in Betracht gekommen wären als die Vollüberwachung des nachbarlichen Grundstücks. Auch der richterliche Verweis auf die nicht eingehaltenen Anforderungen an die Videoüberwachung aus § 6b BDSG ist schlüssig, wenn auch in der Sache wenig überraschend.

Die Argumentation des Landgerichts Detmold deckt sich mit der von der Blogredaktion vertretenen Rechtsauffassung zur Videoüberwachung. Auch in der datenschutzrechtlichen Beratungspraxis ist es immer wieder erforderlich, auf eine rechtlich zulässige Installation der Kameras zu Überwachungszwecken wie auch auf die Kennzeichnung der Videoüberwachungsanlagen und die zulässige Speicherdauer der erfassten Daten hinzuweisen.