Längst ist die Kundenverhaltensanalyse sowohl in Online-Shops als auch in der Offline-Welt üblich. Der Wettbewerbsdruck aus dem Internet wird immer größer – daher sind Kundenprogramme, Rabatt-Aktionen und individuelle Preise für den Erfolg des Geschäfts nützlich.
Die große Supermarkt-Kette Walmart hat nun offenbar ein neues Patent für Sensoren an einem Einkaufswagen angemeldet. Hiermit sollen unter anderem der Puls, die Körpertemperatur und auch die Herzfrequenz der Kunden über die Berührung des Griffs erfasst werden können. Zusammen mit Live-Standortdaten des Einkaufswagens würden diese Informationen an einen Server übermittelt werden. Bestimmte hierfür vorgesehene Mitarbeiter sollten dann diese Daten der Kunden in einem System einsehen und im Notfall, z.B. bei einem überhöhten Stresslevel reagieren und sich um die (ärztliche) Versorgung des Betroffenen kümmern können.
Augenscheinlich geht es dem Supermarkt-Riesen hierbei um den Schutz der Gesundheit seiner Kunden. Auch Stressfaktoren und Streitereien zwischen Kunden sollten beobachtet werden. Es besteht allerdings der Verdacht, dass diese Sensorik nicht nur aus wohlwollenden Zwecken der Gesundheitsvorsorge der Kunden installiert wird. Die denkbare Marketing-Analyse der Käufer ist nicht von der Hand zu weisen, schließlich können die gewonnenen Erkenntnisse über den Puls wie auch die Bewegungsdaten des Einkaufswagen wertvolle Rückschlüsse über die Interessen des einzelnen Kunden wie auch den Erfolg von Angeboten oder bestimmten Aufstellern im Supermarkt liefern. Es entstehen exzessive Bewegungsprofile in der Verkaufshalle wie auch ein sehr aussagekräftiges Bild über die Emotionen und Vorlieben des Käufers.
Datenschutz bei der Kunden-Analyse im Einzelhandel
Im Anwendungsbereich der DSGVO wäre ein Einsatz derartiger Technik wohl undenkbar. Immerhin werden hiermit nicht nur allgemeine personenbezogene Daten der Käufer, sondern auch besondere Kategorien personenbezogener Daten (Art. 9 DSGVO) verarbeitet. Denn der Puls, die Herzfrequenz wie auch die Körpertemperatur sind unter Umständen durch Ihr Zusammenwirken biometrische Daten und geben Einblick auf Gesundheitsdaten des Kunden. Eine Rechtsvorschrift als Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung würde unter der DSGVO wohl ausscheiden, da ein Supermarkt-Betreiber wohl keine medizinische Diagnostik bzw. Vorsorge oder Behandlung nach Art. 9 Abs. 2 lit. h) DSGVO vornimmt und sich auch nicht beispielsweise auf das öffentliche Interesse im Bereich der öffentlichen Gesundheit stützen kann (Art. 9 Abs. 2 lit. i) DSGVO. Auch hat der Käufer diese sensiblen Daten nicht offensichtlich öffentlich gemacht (Art. 9 Abs. 2 lit. e) DSGVO).
Zumindest in Europa bliebe deshalb nur die ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen, die der Verantwortliche jederzeit nachweisen können muss und die ebenso jederzeit vom Betroffenen wiederrufen werden könnte (Art. 7 DSGVO). Dies setzt eine transparente Information über die verwendete Technik voraus. Analog zur Videoüberwachung oder Gesichtserkennung im Supermarkt wäre hier wohl ein großes und vor dem Betreten des Supermarktes leicht wahrnehmbares und verständliches Hinweisschild zu fordern (Art. 12 und 13 DSGVO). Darüber hinaus müsste sich auch die Einwilligung durch eine eindeutig bestätigende Handlung (Erwägungsgrund 32 der DSGVO) ergeben, z.B. in dem der Kunde diese Funktionen an dem Einkaufswagen per Schaltknopf erst einmal aktivieren muss. Bei Kindern unter 16 Jahren, die häufig auch den Einkaufswagen schieben wollen, kommen noch weitere Besonderheiten hinzu (Art. 7 und 8 DSGVO).
Ferner blieben noch die Betroffenenrechte des Einzelnen. Und es stellen sich Fragen nach den technisch-organisatorischen Maßnahmen des Betreibers, wie lange und wie sicher diese sensiblen Kundendaten verarbeitet werden würden (Art. 32 DSGVO). Eine Speicherung der Bewegungsprofile und Gesundheitsdaten von mehreren Tagen wäre gewiss unzulässig.
All diese Fragen muss sich Walmart wohl zunächst einmal nicht stellen. Die strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen der DSGVO gelten in den USA nicht. Obgleich im internationalen Datenschutz derzeit viel diskutiert wird, werden diese europäische Vorgaben wohl so schnell nicht in den USA Einzug finden.
Ob das von Walmart angemeldete Patent jemals tatsächlich umgesetzt wird oder nur Gedankenspiele sind, wird die Zukunft zeigen. Ein Unternehmen wie Amazon meldet im Jahr schätzungsweise tausend Patente für neue Dienste, technische Lösungen oder auch futurischen Roboter/Drohnen Techniken an.
Anonymous
25. Oktober 2018 @ 13:28
Handschuhe = tot?
Handschuhe + mit Bezahlkarte assoziierte nahestehende Personen = Angebote für Bestattungsdienstleistungen
Einwilligung = Einkaufswagen (Koppelungsverbot?)
keine Einwilligung = Artikel einzeln zur Kasse jonglieren
Albers, Ingrid
25. Oktober 2018 @ 9:51
Haben sie gut geschrieben den Artikel. Gut zu verstehen.