Die Verwendung von Gesichtserkennungstechnologien war bereits in vielen Kontexten ein heiß diskutiertes Thema. Immer wieder werden Fälle publik, die die erheblichen datenschutzrechtlichen Herausforderungen und ethischen Fragestellungen aufzeigen, die mit dem Einsatz dieser Technologie einhergehen.

Kontroversen und Datenschutzverletzungen

Jüngst berichteten wir von einem Fall, bei dem Bußgelder wegen der Nutzung biometrischer Daten zur Gesichtserkennung auf einer Baustelle verhängt wurden (wir berichteten). Auf der Baustelle wurde eine Gesichtserkennungssoftware eingesetzt, um die Arbeitszeiten der Mitarbeitenden zu erfassen. Dies führte zu erheblichen Datenschutzverletzungen, da die Erfassung biometrischer Daten ohne ausreichende rechtliche Grundlage erfolgte und die betroffenen Mitarbeitenden nicht hinreichend informiert wurden. Ein älteres Beispiel verdeutlicht die Problematik noch stärker: Eine Anwältin wurde aufgrund ihres beruflichen Hintergrunds bei einem Musicalbesuch durch Gesichtserkennung identifiziert und daran gehindert, die Veranstaltung zu betreten. Diese Software wurde eingesetzt, um bestimmte Personen auszusperren, was zu einem klaren Missbrauch der Technologie führte und erhebliche Bedenken hinsichtlich der Diskriminierung und der Verletzung der Privatsphäre aufwarf (wir berichteten).

Diese Vorfälle illustrieren eindrücklich, warum seit Langem ein endgültiges Verbot von Gesichtserkennungssoftware gefordert wird (wir berichteten). Der Einsatz solcher Technologien birgt immense Risiken für die Privatsphäre und öffnet Tür und Tor für Missbrauch durch staatliche und private Akteure.

Einsatz durch die Polizei in Brandenburg

Nun geriet der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware erneut in den Fokus der Presse, so z. B. in der Tagesschau und auf Netzpolitik.org. In Brandenburg wurde die Technik durch die Polizei erstmals zur Bekämpfung von Kriminalität eingesetzt. Der Einsatz der Gesichtserkennungssoftware erfolgte im Rahmen der Amtshilfe durch die Polizei Sachsen und wurde richterlich genehmigt. Juristen und Politiker kritisieren jedoch, dass der Einsatz ohne ausreichende rechtliche Grundlage und Transparenz erfolgt ist. Das Sammeln und Verarbeiten biometrischer Daten stellt einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre dar und erfordert daher klare gesetzliche Regelungen sowie eine umfassende Aufklärung der betroffenen Bürger.

Dies geschah besonders im Lichte der Arbeitspapiere der Berlin Group, einem Zusammenschluss europäischer Datenschutzbehörden, die gerade kürzlich klare Empfehlungen zur Nutzung von Gesichtserkennungstechnologien formuliert haben (wir berichteten). Die Berlin Group betont in ihren Arbeitspapieren ebenfalls die Notwendigkeit strikter Einschränkungen und Kontrollen, um den Datenschutz zu gewährleisten und die Privatsphäre der Bürger zu schützen.

Damit reiht sich der Fall als weiteres Beispiel der eingangs beschriebenen, nicht hinreichend geprüften Einsätze ein. Erschwerend kommt hinzu, dass der Akteur dieses Mal kein privatwirtschaftliches Unternehmen ist, sondern die öffentliche Hand selbst und dass die Technologie auch in anderen Bundesländern wie Sachsen und Nordrhein-Westfalen genutzt wird. Dies begründet die heftigen Debatten über Datenschutz und Grundrechte, deren rechtliche und ethische Fragen sich wie folgt zusammenfassen lassen:

  1. Rechtsstaatlichkeit: Es gibt Bedenken, dass der Einsatz solcher Technologien ohne klare gesetzliche Grundlage erfolgt. Der Schutz der Grundrechte, insbesondere des Rechts auf Privatsphäre, steht hierbei im Mittelpunkt.
  2. Überwachungsgesellschaft: Die flächendeckende Überwachung könnte zu einer Gesellschaft führen, in der Bürger ständig beobachtet und analysiert werden, was die Freiheit und Unbefangenheit im öffentlichen Raum einschränkt.
  3. Fehleranfälligkeit: Biometrische Systeme sind nicht unfehlbar. Es besteht die Gefahr von Fehlidentifikationen, die zu ungerechtfertigten polizeilichen Maßnahmen gegen unschuldige Personen führen können.

Forderungen

Datenschützer und Bürgerrechtsorganisationen fordern daher strengere Kontrollen und eine klare gesetzliche Regelung für den Einsatz biometrischer Überwachungstechnologien, um den Schutz von Bürgern zu gewährleisten. Sie betonen die Notwendigkeit einer öffentlichen Debatte und einer transparenten Entscheidungsfindung, um den Missbrauch solcher Technologien zu verhindern. Die Ampel-Koalition kündigte daraufhin bereits strengere Regulierungen für biometrische Überwachungstechniken an, um die durch die EU-Verordnung für Strafverfolgungsbehörden eröffneten Möglichkeiten zusätzlich zu begrenzen.

Fazit

Der Einsatz von Gesichtserkennung und biometrischer Videoüberwachung in Deutschland steht vor erheblichen rechtlichen Herausforderungen. Die Fälle zeigen deutlich, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt, um klare gesetzliche Grundlagen zu schaffen und den Datenschutz zu gewährleisten. Eine umfassende und transparente öffentliche Debatte ist notwendig, um einen ausgewogenen Einsatz dieser Technologien zu ermöglichen, der sowohl die Sicherheit der Bürger als auch ihre Grundrechte respektiert. Es bleibt abzuwarten, wie die Politik und die zuständigen Behörden auf diese Herausforderungen reagieren werden.