Der SPIEGEL berichtet in seiner aktuellen Ausgabe (13/2012) darüber, dass Vertreter des Pharmakonzerns Novartis sich über Ärzte Zugang zu Patientendaten verschafft haben sollen.

Nach Darstellung des Magazins, haben die Vertreter den Medizinern eine Potentialanalyse der Abrechnungsdaten angeboten. Zu diesem Zweck wurden die personalisierten Abrechnungsdaten, die für Krankenkassen bestimmt sind, auf ein Speichermedium der Vertreter übertragen und dann zur Analyse an einen Dienstleister verschickt. Sollte sich der Vorwurf bestätigen, handelt es sich dabei um einen krassen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Regelungen.

Die beteiligten Mediziner verstoßen gegen die ärztliche Schweigepflicht, die in den Musterberufsordnungen der Ärzte normiert ist und deren Bruch strafrechtlich verfolgt werden kann, wenn sie sensible Patientendaten – ohne Kenntnis und Einwilligung der Betroffenen – Dritten verfügbar machen. Ein entsprechendes Verhalten ist durch das Strafgesetzbuch mit Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bedroht, § 203 Abs. 1 StGB.

Auch Novartis bricht geltendes Rechts, wenn das Unternehmen sich Kenntnis von den Abrechnungsdaten verschafft haben sollte. § 305 a Satz 4 SGB V erlaubt die Übermittlung von Verordnungsdaten exklusiv als Nachweis für die in Anspruch genommenen Leistungen gegenüber einer Kassenärztlichen Vereinigung. Das ausdrückliche Ziel des Gesetzgebers bestand darin, zu verhindern, dass das Verordnungsverhalten von Ärzten zur Beratung genutzt wird. Die Gesetzesbegründung vom 24.10.2006 führt aus:

„Die Aufbereitung dieser Daten in einer Detailliertheit, die Verordnungen einzelner Vertragsärzte nachvollziehbar macht, durch Dritte, die hierzu nicht ausdrücklich gesetzlich befugt sind, wird datenschutzrechtlich unterbunden“ (BT-Drs. 16/3100).

Adressat dieser Regelung waren Pharmaunternehmen, dies geht weiter aus der Gesetzesbegründung hervor:

„ein schützenswertes Recht der Pharmaunternehmen, das ärztliche Verordnungsverhalten individuell zu überprüfen und zu steuern besteht nicht (…)“.

Hier bleibt nicht viel Spiel für Auslegungen oder Interpretationen. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, dürfte auch die Frage zu klären sein, ob Pharmavertreter die richtigen Ansprechpartner für Potentialanalysen bei Ärzten sind. Ohne eine beträchtliche Portion Gutgläubigkeit dürfte es schwerfallen, in diesem Verhalten keinen Interessenkonflikt der Berater zu vermuten.

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