Der US-Telekommunikationsriese und Internetprovider AT&T hat kürzlich sein Produkt „U-Verse with AT&T GigaPower“ in weiteren US-Metropolen verfügbar gemacht. Wie der Name bereits andeutet, handelt es sich dabei um eine extrem schnelle Internetanbindung, die Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 1Gbit/s erlaubt. Spielfilme in HD können damit theoretisch in unter einer Minute vollständig heruntergeladen werden.

Transparente Preisgestaltung…

Diese Geschwindigkeit hat natürlich ihren Preis. Das einfache Internet-Angebot gibt es ab 70 $ im Monat. Möchte man auch noch die Möglichkeit haben, Fernsehen über das Internet zu schauen, werden 120 $ im Monat fällig. Für 150 $ im Monat gibt es dann das Paket mit Internet, Fernsehen und Telefon über VoIP.

…aber Privatsphäre kostet extra.

Für nur 29 $ zusätzlich im Monat lässt sich zu diesen Angeboten zudem noch das „Privatsphäre-Paket“ hinzubuchen. Sie haben richtig gelesen – Privatsphäre kostet bei diesem Produkt extra!

Alle oben genannten Preise gelten nur, wenn man die Option „Internet Preferences“ hinzubucht, die beim Produkt standardmäßig aktiviert ist – sozusagen das Gegenteil von „Privacy by default“ (datenschutzfreundliche Voreinstellungen):

Bei dem Dienst „Internet Preferences“ handelt es sich um nichts anderes als zielgerichtete Werbung für die Kunden. Auf seiner Webseite führt AT&T aus, wie der Dienst funktioniert. Übersetzt ins Deutsche hört sich das Ganze in etwa so an:

„Wenn Sie AT&T Internet Preferences auswählen, können wir Ihnen den besten Preis für GigaPower bieten, denn in diesem Fall räumen Sie uns das Recht ein, Ihr individuelles Surfverhalten, z.B. die von Ihnen eingegebenen Suchbegriffe oder besuchte Webseiten, zu erfassen. Mit diesen Informationen können wir Ihnen dann maßgeschneiderte Werbung und Angebote zukommen lassen, die mit Ihren eigenen Interessen übereinstimmen.

[…]

Sie können diese Angebote und Werbung online oder per E-Mail erhalten. Sie haben unser Versprechen, dass AT&T  Ihre Privatsphäre schützt. Wir werden keine persönlichen Informationen an Dritte verkaufen.“

Sofern man keine zielgerichtete Werbung des Providers erhalten möchte, kann man dies  für die oben genannten 29 $ extra unterbinden.

Was ist daran neu?

Nun ist es natürlich keine Erfindung von AT&T Daten der Nutzer zu dem Zweck zu analysieren um diese später zielgerichtet bewerben zu können. Viele andere Web-Dienste wie Google oder Facebook finanzieren sich im Wesentlichen über dieses Prinzip. Während bei den Web-Diensten aber zumindest theoretisch (und je nach technischer Umsetzung) die Möglichkeit besteht, über entsprechende Privatsphäre-Einstellungen im Browser eine Individualisierung zu verhindern, ist dies bei der Erfassung des Surfverhaltens durch den Internetprovider nicht möglich. Ein Provider hat stets direkten Zugriff auf alles was sein Kunde im Internet tut. Anderenfalls wäre das Surfen schon technisch nicht möglich.

Gibt es solche Geschäftsmodelle bald auch in Deutschland?

Auch wenn diese Geschäftspraktik seitens AT&T bisher nur in den USA betrieben wird, stellt sich natürlich die Frage, ob in Zukunft auch in Deutschland mit ähnlichen Geschäftsmodellen der hiesigen Internetprovider zu rechnen sein wird.

Hier lässt sich bereits sagen, dass das beschriebene Geschäftsmodell in Deutschland rechtlich wohl nicht zulässig wäre.

Nach der Regelung des § 15 Abs. 3 Telemediengesetz (TMG) dürfen Diensteanbieter (zu denen auch Internetprovider zählen) zwar für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Telemedien Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht. Diese Nutzungsprofile dürfen jedoch nicht mit Daten über den Träger des Pseudonyms zusammengeführt werden.

Da ein Internetprovider aber bereits über alle Klardaten seiner Kunden verfügt, würde es hier stets zu einer solchen Zusammenführung kommen.

Das Zusenden von Werbung per E-Mail, die der AT&T-Dienst ebenfalls vorsieht, ist in Deutschland zudem nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist bei Werbung unter Verwendung von E-Mails stets eine unzumutbare Belästigung des Adressaten anzunehmen, wenn dieser nicht zuvor ausdrücklich in diese Werbung eingewilligt hat. Dies dürfte über das oben beschriebene Verfahren nicht möglich sein.

Insofern bleibt zu hoffen, dass es personalisierte Werbung direkt vom Provider auch in Zukunft in Deutschland nicht geben wird.