Hat die Überschrift gewirkt… ? Sind Sie interessiert? Ich verspreche, es ist kein billiger Teaser um Ihre Aufmerksamkeit zu erlangen und dann am Ende doch enttäuscht zu werden.

Darf man in einem Datenschutz-Blog, von dem man in der Regel ja erwarten dürfte, dass für das Thema Datenschutz Partei ergriffen wird, auch mal kritische Töne anschlagen? Sich gar gegen Datenschutz aussprechen? Ich denke, das darf man nicht nur- das muss man von Zeit zu Zeit bei entsprechenden Themen. Was ließe sich über die Glaubwürdigkeit von Autoren sagen, die bei jedem Thema letztlich mit dem Ergebnis schließen, dass „dem Datenschutz“ nach allem Für und Wider wieder mal der Vorrang einzuräumen ist? Damit sage ich nicht, dass wir hier kritische Betrachtungen ausblendeten. Allerdings stehen die datenschutz notizen naturgemäß eher auf der „pro“-, denn auf der „contra“-Seite. Heute jedoch nicht.

Es geht um das Thema Bargeld-Obergrenze, und wie so häufig, hat mich die Lektüre eines Zeitungsartikels das Thema kritisch(er) betrachten lassen. Zwar hatten wir das Thema Bargeld-Obergrenze bereits vor kurzem in den notizen besprochen, allerdings möchte ich Ihnen als kritische Leser die nachfolgenden interessanten Informationen gleichwohl als Ergänzung noch einmal nahebringen und damit auch die Überschrift begründen. Quelle ist der Artikel „Bargeld funktioniert immer“ aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 21. Februar.

Was war der politische bzw. kriminalpolitische Hintergrund der Überlegungen, eine gesetzliche Obergrenze von 5.000,- Euro für Bargeld-Geschäfte einzuführen? Richtig, die Bekämpfung der Geldwäsche. Hierzu ist interessant zu erfahren, dass gerade Deutschland offensichtlich ein Paradies für Geldwäsche ist – zum einen, da es als potenter Wirtschaftsstandort viele wohlhabende Bürger und damit potenzielle Käufer auch illegaler Waren bietet. Zum anderen, da es allen – mittelbar auch Kriminellen – ein hohes Maß an Rechtssicherheit bietet, jedenfalls deutlich mehr, als andere Länder. Eine im Auftrag des Finanzministeriums erarbeitete Studie schätzt daher den Umfang des „gewaschenen“, also über verschiedene Wege in den legalen Finanzkreislauf gebrachten illegalen Geldes auf 50 – 100 Milliarden Euro. Zugegeben, eine große Spanne, die Raum für Spekulationen über den tatsächlichen Umfang bietet. Aber selbst bei Unterstellung der Untergrenze schädigt dies in erheblicher Weise legal arbeitende Unternehmen.

Kleine Quizfrage in diesem Zusammenhang: Wie hoch, schätzen Sie, ist der Anteil von 500,- Euro-Scheinen aller im Umlauf befindlichen Euro-Banknoten? Ich hätte auf ca. 5 – 10% getippt. Richtig ist: Mehr als 30%!  Europol geht davon aus, dass ein erheblicher Teil dieser Summe der organisierten Kriminalität dient. Große Summen lassen sich damit in überschaubarer Weise transportieren (Bargeld ist auch am Flughafen mit Scannern nicht auszumachen), und dies sogar per Paket – welche in der Regel überhaupt nicht kontrolliert werden.

Als Folge hatte Großbritannien daher die 500,- Euro-Note bereits 2010 aus dem (Geld-) Verkehr gezogen. 21 von 28 EU-Ländern haben bereits Bargeld-Obergrenzen, diese liegen zwischen 1000,- Euro in Frankreich und 15.000,- Euro in der Slowakei.

In Deutschland allerdings fürchtet man – dieses Mal sogar nahezu parteiübergreifend – das Ende der (Bargeld)Welt und die totale Überwachung. Verschwörungstheorien entwickeln nicht nur diejenigen mit Aluhüten, sondern konservative und eigentlich vertrauenswürdige Medien und Politiker. Die Bargeld-Obergrenze sei die Einführung einer umfassenden Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür. Oder diene der heimlichen Durchsetzung eines Negativzinses. Und so weiter.

Natürlich soll man Argumente, dass es z.B. bisher keine belastbaren Studien über die Wirksamkeit dieser Maßnahme im Hinblick auf den gewünschten Efffekt hat, nicht unter den Tisch fallen lassen – gerade dieser Punkt erscheint mir zentral in der Debatte. Aber:

Deutschland reagiert (wieder einmal) fast hysterisch. Überrascht? Das noch jemanden? Positiv ist natürlich die offensichtlich hohe Sensibilität und die offene Streitkultur. Aber nicht alle, die Datenschutz als „Argument“ gegen die Bargeld-Obergrenze anführen, verfolgen tatsächlich ehrlich dieses Ziel. Das darf bei aller Streitkultur und „das-Ende-der-(Bargeld)-Welt“-Debatten nicht unter den Tisch fallen. Wie so häufig, wäre etwas weniger Aufregung und etwas mehr Gelassenheit angebracht. Und Ehrlichkeit.