Pünktlich zum Jahreswechsel hat Google in einem Transparenzbericht Zahlen dazu veröffentlicht, wie viele Einzelpersonen seit Mai 2014 die Löschung von Suchergebnissen zu ihrem Namen beantragt haben und wie viele der gestellten Anträge tatsächlich erfolgreich waren.

Hintergrund

Am 13. Mai 2014 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Google und andere Suchmaschinenbetreiber in bestimmten Fällen nicht alle Suchergebnisse anzeigen dürfen (wir berichteten). EU-Bürger können seit dem Urteil des EuGH die Löschung von Links aus den Suchergebnislisten verlangen, wenn Angaben auf den verlinkten Internetseiten ihre Persönlichkeitsrechte verletzen oder in Anbetracht des ursprünglichen Zweckes ihrer Erhebung und Veröffentlichung nicht mehr relevant sind. Insbesondere bei der Prüfung, ob Angaben aufgrund der verstrichenen Zeit den Zwecken für die sie ursprünglich verarbeitet worden sind, heute nicht mehr entsprechen, ist stets im Rahmen einer Interessenabwägung festzustellen, ob der Löschung ein überwiegendes öffentliches Interesse am ungehinderten Zugang zu den Informationen entgegen steht. Dieses kann insbesondere bei Personen des öffentlichen Lebens der Fall sein.

Googles Reaktion

Als Reaktion auf das Urteil stellt Google seit Juni 2014 ein Antragsformular zur Verfügung, in dem man die Löschung von URLs aus den Suchergebnissen beantragen kann. Soweit der Antrag Erfolg hat, werden die beanstandeten Links bei spezifischen Suchanfragen nach dem Namen des Betroffenen von der Suchergebnisliste ausgeblendet. Bei einer Suche mit anderen Begriffen nach den entsprechenden Informationen, tauchen diese zwar weiterhin in der Ergebnisliste auf. Jedoch kann auf diese Weise die Auffindbarkeit von Informationen bei Suchanfragen anhand des Namens einer Person deutlich erschwert  werden.

Google interpretiert das Urteil allerdings bislang so, dass einschlägige Links nur von europäischen Domains wie etwa Google.de, Google.fr oder Google.co.uk und bspw. nicht auf Google.com zu löschen sind. Dieses Vorgehen wurde zuletzt von der Artikel-29-Datenschutzgruppe (ein unabhängiges Beratungsgremium der Europäischen Kommission) kritisiert. In einer Stellungnahme forderte die Datenschutzgruppe Google dazu auf, Verweise auf Webseiten mit sensiblen persönlichen Daten global nicht mehr in Suchergebnissen anzuzeigen. Nur auf diese Weise könnten die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen effektiv und umfassend entsprechend der Vorgaben des EuGH geschützt werden. Weiter forderte die Artikel-29-Gruppe Google dazu auf, in Zukunft die Betreiber einer Webseite nicht mehr zu informieren, wenn sie von der Zensur einer bestimmten Suchanfrage betroffen sind. Für dieses Vorgehen bestehe im europäischen Datenschutzrecht keine Rechtsgrundlage.

Um die Prüfungsverfahren zu vereinheitlichen und das Urteil des EuGH angemessen umzusetzen, hat Google zudem ein eigenes Beratungsgremium mit externen Experten aus verschiedenen europäischen Ländern ins Leben gerufen. Aus Deutschland gehört dem Gremium die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger an. Das Gremium tagte im vergangenen Jahr sieben Mal in verschiedenen europäischen Ländern und soll seine Ergebnisse nunmehr 2015 in einem umfassenden Bericht veröffentlichen.

Zahlen, Fakten und Fallbeispiele

In den letzten sieben Monaten sind laut des aktuell veröffentlichten Transparenzberichts bei Google europaweit etwa 190.000 Anträge auf Löschung eingegangen. In knapp 40 % der bereits geprüften Fälle wurden die beanstandeten URLs auch tatsächlich aus den Suchergebnissen entfernt.

Die Spitzenreiter mit den meisten eingegangenen Anfragen waren Frankreich (39.470 Ersuchen) und Deutschland (32.779 Ersuchen). Am häufigsten von der Löschung aus den Suchergebnissen betroffen war Facebook mit insgesamt knapp 5.000 entfernten URLs. YouTube schaffte es immerhin mit gut 3.000 entfernten Links noch auf Platz 5.

Exemplarisch beschreibt Google in seinem Bericht zudem 14 Fälle in denen Löschungsersuchen Erfolg hatten oder aber abgelehnt wurden. So wird etwa als Beispiel für das erfolgreiche Entfernen eines Links folgender Fall beschrieben: „Wir haben ein Ersuchen von einer Einzelperson erhalten, einen Link zu einem Artikel zu entfernen, in dem über einen Wettbewerb berichtet wird, an dem der Antragsteller als Minderjähriger teilgenommen hat. Wir haben die Seite aus den Suchergebnissen für seinen Namen entfernt.“ Als Beispiel für einen abgelehnten Antrag heißt es weiter: „Wir haben mehrere Ersuchen von einer Einzelperson erhalten, 20 Links zu kürzlich veröffentlichten Artikeln zu entfernen, in denen über die Festnahme des Antragstellers wegen eines in Ausübung seines Berufs begangenen Finanzdelikts berichtet wird. Wir haben die Seiten nicht aus den Suchergebnissen entfernt.“

Fazit

Das Urteil des EuGH hat auch sieben Monate nach seiner Verkündung nicht an Aktualität verloren. Als größte Suchmaschine in Europa steht Google nach wie vor einer Vielzahl von Löschungsersuchen gegenüber. Auch Microsoft hat für seine Suchmaschine Bing das Urteil des EuGH inzwischen umgesetzt. Fragen zur Auslegung und Reichweite des Urteils bieten weiterhin großen Diskussionsstoff. Ist das Urteil auch für Domains außerhalb der EU bindend? Dürfen/müssen Webseitenbetreiber von Löschungen aus Ergebnislisten benachrichtigt werden? Greifen die Löschungen unverhältnismäßig in die Meinungs- und Pressefreiheit ein? Mit Spannung zu erwarten ist in diesem Zusammenhang der für die erste Jahreshälfte angekündigte Bericht des Google-Beratungsgremiums.