Vor einigen Tagen wurde die Telemedicus „Sommerkonferenz“ 2020 nachgeholt und fand – wie viele andere Events auch – unter den aktuellen Bedingungen als Online-Ausgabe statt. Das persönliche Zusammenkommen in Berlin musste dieses Jahr leider ausfallen.

Auch wenn der Name sicherlich nicht mehr so ganz zur Jahreszeit passte, wie es auch mehrfach etwas humorvoll erklärt wurde, warteten die Veranstalter mit äußerst interessanten und auch für das Datenschutz relevanten Beiträgen auf, die von den Veranstaltern kostenlos zum Abruf gestellt und in der vergangenen Woche veröffentlicht worden sind.

Und am Freitag, den 23.10 stellten sich die Sprecherinnen und Sprecher sodann in einer Live-Videokonferenz für eine Q&A Runde zur Verfügung, womit die SoKo 2020 sehr charmant und gleichwohl persönlich abgerundet werden konnte.

Die Themenschwerpunkte der diesjährigen „SoKo“ lagen allesamt im Medienrecht mit facettenreichen Ausflügen in die Medienregulierung, in das Jugendschutzrecht, das Geschäftsgeheimnisgesetz sowie das Datenschutzrecht bzw. in die IT-Sicherheit.

Viele Podcast und Vorträge

Wer das Event verpasst hat, kann sich jetzt also noch im Nachgang die Vorträge und Diskussionsrunden anschauen.

Hörenswert ist unter anderem der vor einigen Wochen aufgezeichnete Podcast von Sarah Baumann, studentische Mitarbeiterin am Weizenbaum Institut und Dr. Simon Assion, Mitgründer von Telemedicus zum derzeitigen Stand der „ePrivacy Verordnung“, die sich seit vielen Jahren im „Gesetzgebungsverfahren“ der EU befindet und wohl zu den meist umkämpften Regelwerken der Geschichte der EU zählt.

Brauchen wir überhaupt eine neue ePrivacy Verordnung und was sind die Gründe für diese mehrjährige Verzögerungen? Hier hatten oder haben die einzelnen Gremien und Organe offenbar in den vergangenen Jahren versucht, alles erdenklich Mögliche in einer neuen Verordnung zu regeln anstatt die bestehenden Regelwerke anzupassen, woraus unklare Vorschriften und viel Irritation hervorging.

Beachtenswert ist unter anderem auch das zukünftige Zusammenwirken des spezielleren Regelungswerks mit der DSGVO, insbesondere auch im Kontext von Cookies auf Webseiten und der werblichen Ansprache.

Das Fazit zu der Entwicklung der ePrivacy Verordnung von Dr. Simon Assion ist daher nicht sehr positiv ausgefallen.

Eine ebenfalls sehr interessante Diskussion folgte unter dem Titel „IoT- smart home / creepy home“, in der sich die Rechtsanwältin Insa Janßen und die IoT-Spezialistin Patrizia Gufler über aktuelle Risiken, Gefahren und auch gewisse Kuriositäten aus der Welt der vernetzten Geräte unterhielten. Was passiert, wenn plötzlich die Kaffeemaschine gehackt wird und man Lösegeld zahlen muss? Und was für Informationen verraten wir mittelbar durch unsere Geräte wie die smarte Lampe oder eben jene im Heimnetzwerk verbundene Kaffeemaschine? Doch dann greifen auch noch die Vorgaben der DSGVO, wie z.B. die Infopflichten aus Art. 13 und 14 DSGVO.

Einige besprochene Beispiele aus dem wohl in naher Zukunft allgegenwärtigen Situation erschienen da in der Tat etwas gruselig, sorgten aber für ein kleines Schmunzeln.

In einem weiteren Beitrag stellte die die Juristin Malgorzata Steiner, die als Senior Legal Counsel bei Zalando SE arbeitet, die wohl bevorstehende Regulierung der Künstlichen Intelligenz (KI) auf europäischer Ebene vor und zeigte auf, an welchen Stellen die mehr oder weniger noch unbekannte Technik datenschutzrechtliche Probleme aufwerfe und wo Regelungsbedarf bestünde.

Gleichzeitig hob sie einige positive Aspekte der DSGVO vor, wünschte sich aber im Ergebnis maßgeschneiderte Lösungen anstelle einer Überregulierung.

Aber auch die weiteren Beiträge zum Jugendschutz, der Regulierung der Telemedien bzw. Intermediäre oder zu neuen Modellen von „Content Moderatoren-Teams“, die im Zuge des NetzDG immer mehr zu Einsatz kommen, dürften den einen oder anderen Leser interessieren.

Live-Diskussion aller Referenten

Am Freitag und somit am letzten Tag der SoKo wurde kurz nach 17 Uhr mit ca. 20 Teilnehmern eine kleine Diskussionsrunde ausgetragen, in der verschiedene Fragestellungen der einzelnen Vorträge bzw. Podcast nochmals aufgegriffen und untereinander besprochen wurden. So erhielten die Beiträge ein kleines Update.

Gestartet wurde mit dem Datenschutzrecht bzw. der ePrivacy Verordnung. Der Rechtsanwalt Dr. Simon Assion sprach über das Zusammenspiel der bevorstehenden ePrivacy Verordnung mit der DSGVO und verwies vor dem Hintergrund des Art 95 DSGVO darauf, dass sie als lex specialis zur DSGVO gelte.

Es gelte die Vollharmonisierung der Verordnung, d.h. auch die DSGVO verdränge nicht alle weiteren Regelungen, die nicht mittelbar das Datenschutzrecht betreffen. Mithin müsse man auch im Hinblick auf die Telekommunikationsdienstleister und das Fernmeldegeheimnis an das Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) denken, das ab dem kommenden Jahr hier den Datenschutz vereinheitlichen solle. Das würde sich auch auf die persönlichen Sprachassistenten auswirken.

Aber auch aktuelle Fragestellungen zum Jugendschutz wurden besprochen. Diskutiert wurden hier unter anderem das Herkunftslandprinzip und die Zuständigkeit der Aufsicht.

Malgorzata Steiner, Senior Legal Counsel von Zalando SE zeichnete sodann die Vorteile wie auch die Gefahren der „KI“ auf: Ein KI-Algorithmus könne durchaus als eine Lösung genutzt werden, um Inhalte zu erkennen und zu filtern, und damit viel Arbeit leisten. Aber es müsste eine menschliche Aufsicht bzw. menschliche Kontrolle bestehen, wie es sich vermutlich aus Art. 22 DSGVO ergebe.

Insgesamt bestünden aber hier auch Risiken der Diskriminierung, denn auch Algorithmen seien „bias“ und unterlägen daher diesem Manko der Gesellschaft. Jedoch könnte die KI durch Training und Verbesserungen der Algorithmen möglicherweise in naher Zukunft eher und weniger diskriminierend sein als der Mensch, der ja bekanntlich von Vorurteilen und dem eigenen Weltbild geprägt ist.

Und so neigte sich sie die Veranstaltung allmählich dem Ende entgegen und fand mit diesem virtuellen Austausch einen guten Abschluss.