Nach zwei Jahren pandemiebedingter „Auszeit“ konnte die Telemedicus Sommerkonferenz 2022 (Soko22) am 8. und 9. Juli endlich wieder in Berlin vor Ort stattfinden. Die Teilnehmer*innen der Soko22 erwarteten rund zwanzig Vorträge bzw. Diskussionsrunden zu den aktuellen Entwicklungen des Rechts der Informationsgesellschaft. Der Veranstalter Telemedicus e.V. – ein gemeinnütziger Verein und „juristisches Internetprojekt zu allen Rechtsfragen der Informationsgesellschaft“ – hatte ins Microsoft Atrium geladen, um einen (wissenschaftlichen) Dialog über neue und/oder bisweilen noch wenig beachtete Themen zu ermöglichen und zum Gedankenaustausch anzuregen.

Die Themen waren entsprechend des Konzepts von Telemedicus wieder einmal vielfältig und reichten von aktuellen europäischen Gesetzesvorhaben im digitalen Bereich, Medienregulierungen und Non Fungible Tokens (NFTs) bis hin zum Weltraumrecht. Aber auch das Datenschutzrecht durfte nicht fehlen und nahm mehrere Blöcke ein – bspw. im Hinblick auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI).

Auch die DSN GROUP war dieses Mal vertreten: Conrad S. Conrad (Senior Berater Datenschutz bei der datenschutz nord GmbH) stellte anschaulich die Betroffenenrechte aus der DSGVO für Spieler*innen im eSport vor, erläuterte die Herausforderungen und zeigte in diesem Zusammenhang einige interessante Fallbeispiele.

Das gesamte Programm der Konferenz finden Sie hier: Telemedicus Soko22

Gerne möchten wir aber noch für Sie einen Blick auf die – aus unserer Sicht – Highlights der Veranstaltung werfen.

Highlights der Soko22

Nach der persönlichen Begrüßung der Teilnehmer*innen und Referent*innen durch Telemedicus Mitbegründer Dr. Simon Assion (Rechtsanwalt in der Anwaltskanzlei Bird&Bird) wurden zunächst die sog. „Telemedicus Awards“ verliehen; dies sind Negativpreise in verschiedenen digitalen Kategorien.

Anschließend sprach Benjamin Brake (Abteilungsleiter Digital- und Datenpolitik im Bundesministerium für Digitales und Verkehr) über das Thema Datenstrategien, den Nachholbedarf von Deutschland bei der Digitalisierung und diesbezügliche politische (aktuelle) Vorhaben bzw. Schwierigkeiten.

Sodann startete die Konferenz inhaltlich mit abwechslungsreichen Vorträgen und Panels – immer unter Einbezug der Zuhörer*innen, die sich jederzeit mit Anmerkungen zu Wort melden durften. Grundsätzlich konnte jedes der besprochenen Themen mit Spannung überzeugen und zur Diskussion anregen, doch möchten wir zumindest über ein paar Schwerpunkte gesondert berichten:

  • Ist es eigentlich erlaubt, dass das privatwirtschaftliche Unternehmen SpaceX von Elon Musk Satelliten um die Erde kreisen lässt? Wie ist die aktuelle Situation rund um den Aufbau von Satellitenkonstruktionen? Mit diesen Fragen befassten sich Prof. Dr. Markus Schladebach (Universität Potsdam) und Prof. Dr. Enrico Stoll (Technische Universität Berlin). Sie gaben einen Einblick in diesen Problembereich, mit dem sich viele der Zuhörer*innen wohl noch nicht befasst haben dürften, dessen künftige Relevanz jedoch nicht zu unterschätzen ist, z. B. aufgrund der Problematik des Weltraumschrotts.
  • Zudem wurde das Influencer-Marketing als Panel-Diskussion von Marie-Theres Neubauer (Studentin an der Universität Potsdam, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Schertz Bergmann) und Dr. Martin Gerecke (Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle) besprochen und die Grenzen der aktuellen BGH-Rechtsprechung aufgezeigt, aber auch ein kleiner Ausblick auf neue Trends (wie sog. „Pharmafluencer“) gegeben. Hier zeigte sich, wie präsent das Thema für viele Unternehmen ist und warum es als Marketing-Strategie kaum mehr wegzudenken ist.
  • Einen Schwerpunkt der Veranstaltung bildeten zwei neue Regulierungen auf europäischer Ebene: der Digital Services Act (DSA) und der Digital Markets Act (DMA), die als EU-Verordnungen die digitalen Märkte zukünftig maßgeblich bestimmen und viele Tech-Unternehmen in den nächsten Jahren vor riesige Herausforderungen stellen werden. Die Instrumente dieser neuen Regeln wurden u. a. von zwei Rechtsanwälten der Kanzlei SKW Schwarz aus München umfangreich besprochen. Aber viele Fragen blieben angesichts gewisser Unklarheiten unbeantwortet.
  • Des Weiteren gaben Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker (Universität Bremen, Hochschule Bremen) und Reinhold Beckmann (Rechtsanwalt und Dozent) Erläuterungen zur Lieferkettenregulierung und dem European Chips Act als Lösung für die ausreichende Verfügbarkeit von Hardwarekomponenten wie Halbleitern. Es wurde ausgeführt, wie die EU plant, in den kommenden Jahren eine Führungsrolle in diesem Bereich zu übernehmen. Diesbezüglich zeigten sich die Referenten jedoch ein wenig skeptisch.
  • Die Technik der sog. Non Fungible Tokens (NFTs) und die Vor- und Nachteile von NFTs wurden von Patricia Ernst (Rechtsanwältin bei Morrison & Foerster) und Susan Bischoff (Doktorandin an der Universität Freiburg, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Morrison & Foerster) eindrucksvoll sowie verständlich dargestellt und anschließend diskutiert.

Zuletzt fand am Samstagnachmittag eine ausschweifende Panel-Diskussion unter Einbeziehung des Publikums zu derzeitigen Vorhaben der Erneuerung der Ausbildung von Jurist*innen, u. a. durch eine Erweiterung um das Themengebiet Legal Tech und dessen Nutzung, statt, die insbesondere Jurist*innen nach zwei Staatsexamina nachempfinden konnten. Ob künftig ein stärkerer Fokus auf Legal Tech im klassischen Jurastudium gelegt wird und wie dies gelingen soll, blieb jedoch offen.

Neues und Altes zum Datenschutz

Die datenschutzrechtliche Ausrichtung auf der Telemedicus SoKo22 lässt sich natürlich nicht von der Hand weisen. Neben dem oben erwähnten Beitrag von der datenschutz nord GmbH, setzten sich u. a. auch Maximilian Leicht (wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der Universität des Saarlandes) und Leo Dessani (studentischer Mitarbeiter an der Universität des Saarlandes) mit dem Thema Datenschutz auseinander und präsentierten das Konzept des „Feterated Learning“ als Unterfall des „Maschine Learnings“ der KI, das auf Grund der dezentralen Verarbeitung (auf dem jeweiligen Endgerät) einige datenschutzrechtliche Vorteile mit sich bringt. Aber auch die „Prädiktive Privatheit“ wurde im Kontext des Datenschutzrechts u. a. von Prof. Dr. Rainer Mühlhoff (Universität Osnabrück) erörtert.

Bis zum nächsten Jahr!

Insgesamt waren es zwei aufregende Tage in Berlin und es ist für viele Teilnehmer*innen und Referent*innen sicherlich eine große Freude gewesen, sich wieder einmal persönlich zu treffen und austauschen zu können – wenngleich die derzeitige Corona-Lage auch nachdenklich stimmte und für einige Absagen und ein wenig Distanz sorgte.

Wollen wir hoffen, dass sich die Situation im nächsten Jahr wieder etwas entspannt und Telemedicus erneut zu einem interessanten und persönlichen Austausch auf der Soko23 einladen kann.