Dass der Arbeitgeber über eine Schwangerschaft informiert werden muss, dürfte den meisten bekannt sein. Wann und wie die Benachrichtigung erfolgen muss, ist oftmals nicht klar. Das Mutterschutzgesetz ist hier relativ eindeutig: Der Arbeitgeber soll informiert werden, sobald die Arbeitnehmerin weiß, dass sie schwanger ist (§ 15 Abs. 1 S. 1). In den allermeisten Fällen wird dem Arbeitgeber ein ärztliches Schwangerschaftsattest vorgelegt, das Informationen über den voraussichtlichen Entbindungstermin, die aktuelle Schwangerschaftswoche und den letzten Arbeitstag vor dem Beschäftigungsverbot enthält.

Einige Arbeitgeber akzeptieren dies jedoch nicht und verlangen die Vorlage und Kopie des Mutterpasses. Zu Recht? Die Antwort lautet ganz klar auch 2021: Nein!

Der Mutterpass beinhaltet alle Ergebnisse der Vorsorgeuntersuchungen, beispielsweise Gewicht und Größe des Babys, aber auch Daten über die Gesundheit der Schwangeren, wie

  • die Blutgruppe,
  • Angaben zu vorangegangenen Schwangerschaften und Besonderheiten und
  • die Krankenvorgeschichte (Allergien, HIV-Antikörpertest, besondere soziale oder psychische Belastungen).

Das Erheben von Beschäftigtendaten ist nach § 26 Abs. 1 S.1 BDSG nur zulässig, wenn dies für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Der Umfang der Erforderlichkeit wird hinsichtlich der Schwangerschaft konkretisiert durch § 15 Mutterschutzgesetz (MuSchG):

(1) Eine schwangere Frau soll ihrem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen […].

(2) Auf Verlangen des Arbeitgebers soll eine schwangere Frau als Nachweis über ihre Schwangerschaft ein ärztliches Zeugnis oder das Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers vorlegen. Das Zeugnis über die Schwangerschaft soll den voraussichtlichen Tag der Entbindung enthalten.

Die Angaben zur Schwangerschaft und den mutmaßlichen Tag der Entbindung werden vom Arbeitgeber zwingend benötigt, um die weitere Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses planen, das Vorliegen eines Beschäftigungsverbots prüfen oder eine Vertretungskraft anstellen und einarbeiten zu können.

Die weitergehenden Informationen aus dem Mutterpass sind für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich und daher nicht von § 26 BDSG gedeckt. Da es sich bei diesen Informationen überwiegend um Gesundheitsdaten handelt, untersagt Art. 9 Abs. 1 DSGVO deren Verarbeitung. Die Ausnahmeregelung des Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO (Einwilligung) wird nicht zuletzt wegen der Problematik der Freiwilligkeit von Einwilligungserklärungen im Arbeitsverhältnis nicht zur Anwendung kommen.

Durch die Vorlage des Dokumentes könnte sich der Arbeitgeber zudem über die Grenzen des Fragerechts zum Gesundheitszustand des Arbeitnehmers hinwegsetzen und umfangreiche Informationen über die Gesundheit seiner Beschäftigten erlangen. Schlimmstenfalls würden diese zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses genutzt werden. Selbst wenn die Kündigung vor dem Arbeitsgericht keinen Bestand hätte, würde dies das Vertrauensverhältnis so stark beeinträchtigen, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar ist.

Sofern der Arbeitgeber auf ein Zeugnis über die Schwangerschaft besteht, hat er nach § 9 Abs. 6 MuSchG die hierdurch entstehenden Kosten zu tragen.

Fordert der Arbeitgeber dennoch die Aushändigung des Mutterpasses und verarbeitet diese Daten, wäre hierin ein datenschutzrechtlicher Verstoß zu sehen, der nach Art. 83 Abs. 5 lit. a DSGVO bußgeldbewehrt (Geldbußen von bis zu 20 Mio. EUR oder im Fall eines Unternehmens von bis zu 4 % seines gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs) wäre und sanktioniert werden könnte.