Das aktuelle Schuljahr befindet sich auf der Zielgeraden. Klausuren, Notenkonferenzen und Zeugnisse stehen auf der Tagesordnung. Regelmäßig werden bei der Rückgabe der Prüfungen und zum Teil bei der Übergabe der Zeugnisse die erreichten Noten der einzelnen Schülerinnen und Schüler (SuS) vor der Klasse oder dem Kurs bekanntgegeben.

Ist das zulässig?

Formaljuristisch ist die Bekanntgabe der Noten je Schüler eine Datenübermittlung. Diese bedarf einer rechtlichen Grundlage, damit sie rechtmäßig ist. Aus den Schul(datenschutz)gesetzen ergibt sich eine solche nicht. Aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kann eine solche lediglich aus Art. 6. Abs. 1 S. 1 lit. a (Einwilligung der betroffenen Person) hergeleitet werden. Das bedeutet, dass entweder die SuS oder die Sorgeberechtigten gefragt werden, ob diese mit der Notenbekanntgabe einverstanden sind. Maßgeblich ist hierbei die Einsichtsfähigkeit der SuS über die Reichweite einer Entscheidung.

In vielen Schulen besteht bereits ein Agreement zwischen Lehrern und SuS, dass diese im Rahmen der Notenbekanntgabe „Stopp“ rufen können und der Lehrer überspringt den betreffenden SuS. Das entspricht zwar nicht genau den gesetzlichen Anforderungen, hat sich aber als praktikabler Weg etabliert.

Unproblematisch ist es hingegen, einen Zensurenspiegel bekannt zu geben. Hier werden die Noten der Klasse/ des Kurses zu statistischen Werten zusammengefasst. Erkennbar ist dann nur, wie viele SuS die jeweilige Note erhalten haben, aber nicht welcher SuS konkret.

Schuld ist nur die DSGVO!

Nein. Die öffentliche Bekanntgabe von Noten ohne entsprechende Einwilligung war auch vor der Anwendung der DSGVO unzulässig. Nur wurde sich zu diesem Zeitpunkt nicht bzw. nicht ausreichend mit diesem Thema beschäftigt.

Früher hat es auch keinen gestört!

Ist das wirklich so? Wenn man zu den Besten gehörte, war man schnell als Streber verschrien. Gehörte man zu den Schlechtesten galt man schnell als Versager. Durchschnitt war auch nicht gut. Mir waren die Noten in meinen Chemie- und Physikklausuren immer unangenehm. Ich wäre froh gewesen, wenn diese nicht jedes Mal laut vorgelesen worden wäre. Hand aufs Herz: Fast jeder hatte ein Unterrichtsfach, bei dem er sich einen Mantel des Schweigens gewünscht hätte.