In aller Munde ist derzeit ein noch nicht rechtskräftiger Beschluss des Familiengerichts am Amtsgericht Bad Hersfeld vom 22.07.2016 (Az.: F 361/16 EASO).

Um was geht es?

Eine geschiedene Ehe, 2 Kinder (Mädchen 10 und 15 Jahre). Das Aufenthaltsbestimmungsrecht liegt beim Vater. Beide Kinder besaßen ein bzw. zwei Smartphones. Ein Schulfreund des Vaters hatte von den Mädchen unter anderem Nacktfotos verlangt und sexuell anzügliche Nachrichten per WhatsApp versendet. Bis zum Auftreten des Jugendamtes wusste der Vater nichts von den Geschehnissen. Erst durch das Jugendamt wurden ihm die Vorkommnisse bekannt.

Aufgrund des Vorfalls beantragte die Mutter zunächst Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der elterlichen Sorge. Beide Anträge wurden später zurückgenommen.

Aufgrund dessen musste das Gericht in der Sache nicht entscheiden, erließ jedoch Auflagen gem. §§ 1666, 1666a BGB zur Abwehr einer in der Vergangenheit bereits aufgetretenen Gefahr, die auch zukünftig bestehen kann:

  • Ein internetfähiges mobiles Smart-Gerät (Smartphone oder Tablet bis maximal 12,9 Zoll Bildschirmdiagonale) pro Kind genügt,
  • WhatsApp sei von dem Smart-Gerät zu entfernen,
  • Jegliche Messenger-Apps, welche eine zwangsweise automatische Vernetzung des Nutzers mittels der eigenen sowie fremder im Gerät hinterlegter Mobiltelefonnummern zwingend vorsehen oder vorschreiben, sei von den Smart-Geräten der Kinder stetig fernzuhalten,
  • Monatlich ist ein Gespräch über den aktuellen Stand der Nutzung des Smartphones zu führen,
  • Alle drei Monate ist das Smart-Gerät in Augenschein zu nehmen und bezüglich dort installierter Apps sowie auf eventuell auftretende Ungereimtheiten und etwaige kindes-/jugendgefährdende Inhalte gemeinsam mit dem jeweiligen Kind durchzusehen.
  • Die Auflagen gelten bis 2018 für die ältere, bis 2021 für die jüngere Tochter.

Was hat das mit Datenschutz zu tun?

Auf den ersten Blick nichts. Aber das Datenschutzrecht ist ein Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, welches die Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen garantiert.

Messenger-Dienste im allgemeinen und WhatsApp als Klassenprimus im speziellen sind aus dem digitalen Leben kaum noch wegzudenken. Weltweit geht man von 1 Mrd. und in Deutschland von 35 bis 40 Mio. Nutzern aus. Über 72 Prozent der 10- bis 18-Jährigen nutzen WhatsApp.

Das Medium stellt mithin eines der wichtigsten Kommunikationsmittel der Heranwachsenden dar und trägt im erheblichen Maße zur Generation der „digital natives“ bei. Das Beherrschen des Umgangs mit sozialen Medien nimmt auch im Arbeitsleben eine immer größere Rolle ein und führt zur Entstehung neuer Berufe (z. B. Social Media Manager oder Social Media Communications Specialist).

Verbietet man den Umgang mit diesen Diensten, kann eine entsprechende Kompetenzausbildung erst verspätet oder nur unzureichend erfolgen. Gerade weil der Beschluss des Gerichtes von Messenger-Diensten im Allgemeinen spricht und damit auch den Facebook-Messenger, Threema, Snapshat und andere umfasst, wird der Zugang zu diesen Medien völlig abgeschnitten.

Auch wird es den Kindern schwerfallen, zu erklären, warum sie diese Dienste nicht nutzen dürfen. Im schlimmsten Fall kann hieraus eine Ausgrenzung resultieren.

Im Ergebnis wird durch den gerichtlichen Beschluss derart intensiv auf die Persönlichkeitsentfaltung der Kinder eingewirkt, dass hieraus massive Folgen für die Zukunft resultieren, deren Umfang nicht abzuschätzen ist.

Zurück zum Datenschutz

Die Nutzung von sozialen Medien wird sich für Kinder und Jugendliche mit der Datenschutzgrundverordnung, die im Mai 2018 in Kraft tritt, noch einmal erheblich ändern:

In Art 8 DSGVO ist festgelegt, dass Dienste der Informationsgesellschaft von unter Sechszehnjährigen nur genutzt werden dürfen, wenn der/ die Träger der elterlichen Verantwortung seine/ ihre Zustimmung zur Nutzung des Dienstes erklärt haben. Fehlt es an dieser Zustimmung, muss der Dienstanbieter die Nutzung seines Dienstes versagen.