Smart Metering ist ein im Rahmen der Energiewende bislang vorwiegend unter Experten diskutiertes Thema, das künftig auch zahlreiche datenschutzrechtliche Fragen für die Stromkunden aufwerfen dürfte. In früheren Beiträgen (z.B. 1, 2, 3, 4, 5, 6) haben wir bereits über die neuesten technischen Entwicklungen und die Kosten-Nutzen-Analyse intelligenter Stromzähler berichtet, diesmal soll der Datenschutz im Vordergrund stehen.

Laut einer Pressemitteilung plant der Energiekonzern E.ON mittels einer Box, die an den Sicherungskasten des Kunden angeschlossen wird, den Stromverbrauch einzelner Haushaltsgeräte detailliert zu erfassen. Die Box soll laut E.ON Energie Deutschland in der Lage sein, Haushaltsgegenstände selbständig zu erkennen und den Verbrauchern ihren Stromverbrauch im Sinne der Energieeffizienz sichtbar zu machen. Dabei sollen sich einzelne Geräte anhand der verbrauchten Strommengen innerhalb eines bestimmten Zeitraums deutlich voneinander unterscheiden lassen. Die Verbrauchsdaten werden an eine App übermittelt, mittels derer beispielsweise beim nächsten Plausch mit dem Nachbarn der Stromverbrauch einzelner Geräte miteinander verglichen werden kann. Die Nutzer sollen nach Angaben von E.ON Energie Deutschland auf diese Weise einen besseren Einblick in ihren Energieverbrauch erhalten. E.ON kündigt an, die erhobenen Kundendaten zu verschlüsseln und auf externe Server in Deutschland zu übertragen.

Bislang ist noch offen, wann genau und zu welchem Preis die Box auf den Markt kommen soll. Die Rede ist von einer Markteinführung im Jahr 2015. Das geplante System soll künftig auf dem Zukunftsmarkt „Smart Home“ eine Rolle spielen, der nach einer Prognose von Deloitte & Touche bis 2017 auf ein Volumen von 4,1 Milliarden EUR in Europa anwachsen soll. Neben E.ON befassen sich auch RWE und EnBW sowie zahlreiche Start-Up-Unternehmen mit dem zukunftsträchtigen Thema.

Datenschutzrechtliche Aspekte

Die Übertragung der Daten auf externe Server gibt den Energiekonzernen Zugriffs- und Auswertungsmöglichkeiten, die teilweise über ein datenschutzrechtlich vertretbares Maß hinausgehen. Insbesondere vorstellbare Auswertungsmöglichkeiten der Daten, wie z.B. Feststellungen, wann sich eine Person Zuhause aufhält, wann sie dort schläft oder wann sie Mahlzeiten zubereitet, lassen weitgehende Aussagen über ihren privaten Lebensbereich zu. Untersucht wurden diese Zusammenhänge vom Forschungsprojekt Data Privacy Management, das die Ergebnisse in einem Arbeitspapier veröffentlicht hat. Danach könnte – je nach Granularität der Auswertung – beispielsweise ermittelt werden, ob das Frühstück warm oder kalt zubereitet wurde, wann die Wäsche gewaschen oder der Fernseher ausgeschaltet wurde oder ob die Kinder alleine zuhause waren.

Die Smart Metering-Geschäftsidee von E.ON birgt – wie auch viele vergleichbare Smart-Home-Lösungen – nicht zu unterschätzende datenschutzrechtliche Risiken in sich. Eine fein-granulare Erfassung des Stromverbrauchs bei Fernsehern lässt es beispielsweise zu, helle und dunkle Abschnitte im Fernsehprogramm bestimmten Bildern zuzuordnen. Auf diese Weise konnte bei einem LCD-Fernseher analysiert werden, welcher Film in einem Haushalt gesehen wurde, obwohl der eingesetzte Smart Meter den Stromverbrauch für einen Vier-Personenhaushalt gemessen hat. Theoretisch denkbar wäre es sogar, dass anhand der Stromverbrauchskurve Konsumenten urheberrechtlich geschützten Materials ausfindig gemacht werden. Somit wäre die Erfassung des Fernsehverhaltens nicht nur über Smart-TVs, sondern auch durch intelligente Stromzähler vorstellbar.

Fazit

Als technische Gegenmaßnahme kämen zugunsten des Datenschutzes grob-gerasterte Zeitintervalle bei der Auswertung, ein gezieltes Verrauschen des Signals sowie eine Anonymisierung der erhobenen Daten in Betracht. In jedem Fall empfiehlt sich – im Sinne einer sicheren Übermittlung an die Stromanbieter – eine Verschlüsselung der Verbrauchsdaten sowie begrenzte Speicherfristen.

Die haushalts- und damit u.U. auch personenbezogene, granulare Messung des Stromverbrauchs im Sekundentakt wie auch die externe Speicherung der Messdaten lässt sich mit dem Prinzip der Datensparsamkeit aus § 3a BDSG nur schwer vereinbaren. Die regelmäßige Übermittlung der Daten an die Stromanbieter sollte nur nach einer expliziten Zustimmung aller in einem Haushalt lebenden Personen i.S.v. § 4a Abs. 1 BDSG erfolgen. Letztere sollten ausführlich über die Auswertungsmöglichkeiten ihrer Verbrauchsdaten aufgeklärt werden, um eine informierte Einwilligung geben zu können.

Bislang sind die datenschutzrechtlichen Risiken des Smart Metering noch nicht in hinreichendem Maß bekannt, da in Deutschland überwiegend konventionelle Stromzähler eingesetzt werden, die den Verbrauch nicht einzelnen Geräten zuordnen können. Mit fortschreitender Digitalisierung sollten die Stromkunden allerdings einer zunehmenden Auswertung ihres Stromverbrauchs und damit möglicherweise auch ihrer Privatsphäre durch die Energiekonzerne gewahr sein.