Nicht erst seit der Corona Pandemie ist in vielen Unternehmen der Einsatz von Videokonferenzlösungen eine regelmäßige Praxis geworden. Durch die Pandemie und die damit einhergehende Homeoffice Arbeit wurde das Thema aber sicherlich noch mehr verstärkt Bestandteil der täglichen Arbeit von uns allen, sei es nun per Adobe WebEx, Zoom oder MS Teams usw.

Muss die Kamera eingeschaltet werden?

Hierbei stellt sich nun aus datenschutzrechtlicher Sicht u. a. die Frage, ob der Arbeitgeber es von seinen Mitarbeitern verlangen kann, an den Konferenzen mit Videobild teilzunehmen, oder ob es der Teilnehmer frei entscheiden kann, ob er die Kamera lieber deaktiviert lässt. Sicherlich wird es manchen Unternehmen egal sein und man hat vor dem Hintergrund der etwaig legeren Arbeitskleidung im Homeoffice auch Verständnis für das Bedürfnis, ohne Bild an der Besprechung teilzunehmen. Es gibt aber auch Unternehmen und Chefs, die sich von der Teilnahme per Videobild u. a. versprechen, dass die Teilnehmer konzentrierter sind oder mehr in Verbindung mit den Kollegen bleiben, da Meetings „in Echt“ immer seltener der Fall sind und der ein oder andere Kollege noch nie seine „co-worker“ zu Gesicht bekommen hat.

Jedenfalls steht fest, dass beim Web Meeting personenbezogene Daten verarbeitet werden, so dass es per se einer Rechtsgrundlage hierfür bedarf.

Die Frage nach der Rechtsgrundlage

Als Rechtsgrundlage kann hierbei Art. 88 DSGVO i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG in Frage kommen. Hierbei kann man sich aber bereits schnell darüber streiten, ob denn die Übertragung des Videobildes bei einem Meeting tatsächlich Zwecken des Beschäftigungsverhältnisses dient, bzw. für dessen Durchführung wirklich erforderlich ist. Schließlich kann in aller Regelmäßigkeit das Sachthema auch ohne Bildübertragung besprochen werden und Bildschirminhalte können geteilt werden, ohne dass man die Reaktionen auf den Gesichtern der Teilnehmer über phantasievolle PowerPoint Folien verfolgen muss.

Daneben könnte man auch über Art. 6 Abs. 1 f DSGVO als Rechtsgrundlage nachdenken, insbesondere wenn die Gründe für die Teilnahme per Bild eher im sozialen Miteinander gesehen werden, sprich die Videokonferenz das Meeting vor Ort ersetzen soll, bei dem die Wenigsten verschleiert teilnehmen würden. Die Nähe und der Kontakt und die nonverbale Kommunikation bei Meetings sind durchaus auch förderlich für ein gelungenes Meeting und das Gefühl der Bindung der Kollegen untereinander.

Eine freiwillige Einwilligung als Rechtsgrundlage ist zwar durchaus theoretisch denkbar, jedoch scheitert dies regelmäßig an den Nebenpflichten des Verwenders der Einwilligung, namentlich an einer ausreichenden Dokumentation der Einwilligung und Ihres Inhaltes und der Frage, wie bestimmt die Einwilligung formuliert sein müsste. Zudem bestünde das Problem mit der Freiwilligkeit der Einwilligung.

Kamera ja,…

Ich nehme vorliegend mein Ergebnis hier gerne vorweg. Ich halte es für gut vertretbar, dass es Beschäftigten im Grundsatz sehr wohl zugemutet werden kann, an Webmeetings per Videobild teilzunehme und der Beschäftigte somit kein gänzliches Wahlrecht hat. Jedoch unter gewissen Bedingungen.

Die rechtliche Grundlage meines Ergebnisses sehe ich dabei eher bei Art. 6 Abs. 1 f DSGVO als im § 26 Abs. 1 BDSG, da das berechtigte Interesse an einer funktionierenden Kommunikationskultur und einem Miteinander auch beim mobilen Arbeiten mehr im Vordergrund steht, als eine zwingende Erforderlichkeit i. S. d. § 26 Abs. 1 BDSG. Nur die Einwilligung erachte ich aufgrund der fehlenden Praxisnähe bzgl. der Einwilligungsformulierung und der Beweisbarkeit als eher untaugliches Mittel an.

Fakt ist, dass der Beschäftigte auch im Homeoffice und bei der Teilnahme an Webmeetings seine Arbeitsleistung aus dem Arbeitsvertrag erbringt. Es handelt sich nicht um private Videochats. Die grundsätzliche Möglichkeit, die Kollegen hierbei sehen zu können, verbessert durchaus die innerbetriebliche Kommunikation, die durch die fehlende Chance zur Zusammenkunft in der Realität eh schwieriger geworden ist. Eine Bildübertragung im Rahmen von Webmeetings ist zwar nicht zwingend erforderlich, um einen Austausch zu ermöglichen. Jedoch fördert die Wahrnehmung von Mimik und Gestik der Teilnehmer die Kommunikation und kann daher durchaus als erforderlich im weiteren Sinne bewertet werden.

Wenn…

Kommen wir nun zu den Bedingungen:

  • Der Arbeitgeber kann m. E. nach nur dann die Teilnahme per Bild verlangen, sofern er dem Beschäftigten ein Videotool bereitstellt, bei dem die Ausblendung des Hintergrundes gewährleistet ist. Ist dies nicht gewährleistet, überwiegt das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten am Schutz seiner Privatsphäre in der heimischen Wohnung.
  • Den Beschäftigten sollte im Homeoffice die Möglichkeit eingeräumt werden, bei entsprechenden Gründen im Einzelfall, das Kamerabild zu deaktivieren. Gerade bei fehlender Kinderbetreuung oder flexiblen Arbeitszeiten kann es im Einzelfall immer Gründe dafür geben, dass der Beschäftigte das Bild vorrübergehend abschaltet. Dies würde auch die Intention des Art. 21 DSGVO berücksichtigen.
  • Eine Aufzeichnung der Videobilder ist ohne freiwillige ausdrückliche Zustimmung zu unterlassen.
  • Bei der Verwendung von Webmeetingdiensten mit einer Datenverarbeitung aus Drittstaaten heraus müssen die Vorgaben des EuGH zur Drittstaatenübermittlung durch den Arbeitgeber gewahrt werden.
  • Die Teilnehmer sollten grundsätzlich über die Datenverarbeitung hinreichend nach Art. 13 DSGVO informiert werden.

Fazit

Für die Praxis stehen damit den Unternehmen entsprechende Rechtsgrundlagen zur Verfügung, um im Grundsatz die Teilnahme per Videobild vom Mitarbeiter zu verlangen. Dies entspricht auch der Rechtsauffassung der DSK, wobei diese als konkrete Rechtsgrundlage eher auf § 26 BDSG und auch auf die Einwilligung abstellt, worin ein gewisser Widerspruch liegt.