Am 1. Oktober 2021 ist durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge der neue § 7a UWG in Kraft getreten, welcher Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten für Einwilligungen von Verbrauchern in Telefonwerbung enthält (wir berichteten). Das Erfordernis zur Einholung einer ausdrücklichen Einwilligung, bevor Verbraucher werblich per Telefon angesprochen werden dürfen, ergab sich bereits zuvor (und ergibt sich nach wie vor) aus dem Wettbewerbsrecht. Ein Werbeanruf – sofern keine solche Einwilligung vorliegt – stellt demnach stets und ausnahmslos eine unzumutbare Belästigung (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG) und Ordnungswidrigkeit (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UWG) dar, welche die Bundesnetzagentur mit einem Bußgeld von 300.000 Euro ahnden kann (§ 20 Abs. 2, 3 UWG).

Nach dem Entwurf des Gesetzes für faire Verbraucherverträge kam es jedoch trotz dieses Umstandes häufig zu Fällen, in denen Verbraucher unerlaubt angerufen und ihnen in diesem Zusammenhang Verträge aufgedrängt oder untergeschoben wurden. Der neue § 7a UWG soll laut Entwurf zu einer effektivieren Sanktionierung unerlaubter Telefonwerbung beitragen. Anreize für Verstöße dagegen sollen indes durch weitere Bußgelder (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UWG) gemindert werden, die die Bundesnetzagentur bis zur Höhe von 50.000 Euro verhängen kann (§ 20 Abs. 2, 3 UWG).

Telefonwerbung ohne Einwilligung – auch ein Datenschutzverstoß!

Spannend ist vor diesem Hintergrund zunächst die Tatsache, dass unerlaubte Telefonwerbung auch unter Geltung der DSGVO noch ein Problem zu sein scheint. Urteile wie das des OVG Saarland vom Februar 2021, wonach das Fehlen einer Einwilligung für derartige Werbung auch zu einem Datenschutzverstoß führt, da in diesem Fall keine Stützung auf die (nach der DSGVO für Direktwerbung alternative) Rechtsgrundlage in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO möglich sei, verdeutlichen die Risiken höherer Sanktionen. Bei fehlender Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung drohen den werbenden Unternehmen gem. Art. 83 Abs. 5 lit. a DSGVO Bußgelder von bis zu 4 % des weltweit erzielten Umsatzes aus dem Vorjahr bzw. 20.000.000 Euro – je nachdem, welcher Betrag höher ist.

§ 7a UWG: Entwurf von Auslegungshinweisen der Bundesnetzagentur

Darüber hinaus schreibt auch schon die DSGVO vor, dass der Verantwortliche die Einwilligungen in die Datenverarbeitung nachweisen können muss (Art. 7 Abs. 1, 5 Abs. 2 DSGVO). § 7a UWG verpflichtet Telefonwerbende nun allerdings zusätzlich dazu, die Einwilligung von Verbrauchern „zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form zu dokumentieren“ (§ 7a Abs. 1 UWG) und den Nachweis „ab Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung“ fünf Jahre lang aufzubewahren (§ 7a Abs. 2 UWG). Um diese Vorgaben zu konkretisieren, hatte die Bundesnetzagentur – vom Gesetzgeber auch ausdrücklich im Gesetzentwurf angesprochen – noch im Oktober 2021 Auslegungshinweise entworfen, zu denen bis zum 30. November 2021 von den durch § 7a UWG berührten Marktteilnehmern schriftlich Stellung genommen werden konnte.

Dokumentation in „angemessener Form“?

In ihrem mehr als 20 Seiten umfassenden Entwurf, welcher der Erläuterung der neuen Vorschriften dienen soll, geht die Bundesnetzagentur bspw. auf die besonderen Dokumentationserfordernisse im Rahmen des § 7a UWG ein, da – unabhängig vom Umfang der Einwilligungsdokumentation – unbestimmt bleibt, was unter deren „angemessener Form“ im Sinne der Norm zu verstehen ist. Während es im Gesetzentwurf lediglich heißt, dass die Dokumentationsform nicht vorgeschrieben, sondern von der Art der Einwilligung abhängig sei, wird in dem Entwurf der Bundesnetzagentur im Wesentlichen auf drei Dokumentationsformen eingegangen. So wird ausgeführt, dass …

  • textliche oder in sonstiger Form online erteilte Einwilligungen in Telefonwerbung, z. B. per E-Mail, „eines aussagekräftigen und manipulationssicheren Belegs, darüber, dass die Dateneingabe und die Erklärung der Werbeeinwilligung tatsächlich seitens des Verbrauchers erfolgt sind, auf den sie sich beziehen“ bedürfen. Das Double-Opt-in-Verfahren wird in diesem Zusammenhang als ungeeignet zum Einwilligungsnachweis herausgestellt, weil nicht belegbar sei, ob dem Inhaber der E-Mail-Adresse auch tatsächlich die für die Werbung angegebene Telefonnummer zugeteilt sei. Zwar entspricht dies letztlich auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), nach der der Werbende in diesem Fall noch die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, „dass der Telefonanschluss der E-Mail-Adresse, unter der die Bestätigung abgesandt wurde, zuzuordnen ist“. Konkrete Beispiele, wie die Anforderungen stattdessen erfüllt werden können, werden jedoch nicht genannt.
  • fernmündliche Einwilligungen per Aufzeichnung dokumentiert werden können – eine Möglichkeit, die auch im Gesetzentwurf explizit als zulässige Methode der Einwilligungsdokumentation herausgestellt wurde. Laut Bundesnetzagentur müsse hierfür jedoch ein Format gewählt werden, welches weder eine Veränderung noch Löschung der Originalaufnahme ermögliche. Darüber hinaus sei sicherzustellen, dass jeder der Gesprächsteilnehmer zuvor in die Aufzeichnung der Einwilligung selbst eingewilligt habe, was ebenfalls zu dokumentieren sei. Über die Art und Weise, wie dies wiederum genau dokumentiert werden soll, wird sich hingegen nicht geäußert.
  • schriftliche Einwilligungen nicht nur eine Dokumentation der entsprechenden Einwilligungsklausel erfordern, sondern stattdessen bspw. bei einer Einwilligung durch Unterschrift eines Vertragsdokuments, u. a. alle wesentlichen Vertragsbestandteile mit zu erfassen und lediglich sensible personenbezogene Daten ohne Zusammenhang zur Einwilligungserteilung auszunehmen sind. Weitere, praktische Hinweise, wie in diesem Fall am besten vorzugehen ist, werden nicht gegeben.

Die stets neu beginnende Frist von fünf Jahren

Darüber hinaus äußert sich die Bundesnetzagentur im Entwurf ihrer Auslegungshinweise über die in § 7a UWG vorgeschriebene fünfjährige Aufbewahrungsfrist ab Erteilung der Einwilligung in die Telefonwerbung sowie nach jeder Einwilligungsverwendung. Sie vergleicht diese Regelung mit den Aufbewahrungspflichten aus dem Wertpapierhandelsgesetz (konkret: § 83 Abs. 8 WpHG) und macht primär zwei Aspekte deutlich. So …

  • … sei „zu gewährleisten, dass die Dokumentationsdaten in der […] beschriebenen Qualität lesbar, dauerhaft verfügbar und gegen Änderungen geschützt zum Abruf bereitgehalten werden. Hierzu gehört vor allem der Schutz vor Veränderung und Löschung.“
  • … komme es zu einer Verwendung der Einwilligung und damit zu einer Verlängerung der Aufbewahrungsfrist um fünf Jahre, wenn ein Anruf initiiert und im Rahmen der Gesprächsverbindung telefonisch geworben werde. Beauftragte Call-Center bspw. müssten daher ihre Auftraggeber über jeden für sie durchgeführten Werbeanruf informieren, damit es für die Auftraggeber möglich sei, die Dauer der Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten für die verwendeten Einwilligungen zu berechnen. Im Grunde bedeutet dies also, dass – aufgrund der bei jedem Anruf neu beginnenden fünfjährigen Aufbewahrungsfrist – sämtliche Werbeanrufe zu dokumentieren sind.

Die Bundesnetzagentur geht noch weiter

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Bundesnetzagentur die weitreichenden Dokumentations- und Aufbewahrungserfordernisse für Telefonwerbende nicht nur auf die Einwilligung, sondern auch auf deren Widerruf bezieht, was sogar über den Wortlaut des § 7a UWG hinausgeht („Die Dokumentationspflicht bezieht sich daher auch auf den Widerruf bzw. sonstige Änderungen der Einwilligung in Telefonwerbung. Die Widerrufserklärung ist in gleicher Granularität zu belegen wie die Erklärung zur Erteilung der Einwilligung“). Bei Alteinwilligungen, die vor Inkrafttreten des § 7a UWG eingeholt wurden, sieht sie, sofern keine den Anforderungen entsprechende Dokumentation vorliege, das zwingende Erfordernis, diese nachzuholen, bevor ein Werbeanruf erfolgt. Demnach wäre also eine Prüfung vorzunehmen, ob die in der Vergangenheit eingeholten Einwilligungen in ihrer Dokumentationsform ausreichend sind.

Kritik am Entwurf

Mittlerweile sind zahlreiche Stellungnahmen auf der Internetseite der Bundesnetzagentur verfügbar, die auf den Entwurf der Auslegungshinweise der Behörde Bezug nehmen. Während der Entwurf seitens der Verbraucherverbände begrüßt wird (z. B. von der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., der Verbraucherzentrale Bayern e.V.), äußern andere Verbände starke Kritik. Nur beispielhalber sei hier der Bitkom e.V. genannt, welcher u. a. anführte, der Entwurf beinhalte mehr als nur unverbindliche Auslegungshinweise, sondern konkrete Vorgaben, die über die gesetzlichen aus § 7a UWG hinausgingen, wozu keine Befugnis der Bundesnetzagentur bestehe. Auch werde dem Prinzip der Datenminimierung aus der DSGVO (Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO) durch die weitgehenden Dokumentationsverpflichtungen nicht entsprochen. Der Deutsche Dialogmarketing Verband e.V. spricht zudem eine anhaltende Unklarheit an, wann eine Dokumentation letztlich „angemessen“ sei und kritisiert die von der Bundesnetzagentur vorgenommene Ausdehnung des Dokumentationserfordernisses auf Widerrufe. Zuletzt sei noch die Stellungnahme vom Call Center Verband Deutschland e.V. erwähnt, der z. B. fehlende Einbindung bei Erstellung der Hinweise bemängelte, vorwarf, dass diese eher der Arbeitserleichterung des Bundesnetzagentur bei Ordnungswidrigkeitsverfahren als dem Verbraucherschutz dienten, mit unverhältnismäßigem administrativem Aufwand einhergingen und die Anforderungen in der Praxis nicht zu leisten seien.

Wie wird die Bundesnetzagentur reagieren?

Das alles wirft die spannende Frage auf, wie die Bundesnetzagentur mit den insgesamt fünfzehn eingetroffenen Stellungnahmen umgehen und die Auslegungshinweise anpassen wird. Auf ihrem Internetauftritt hat die Behörde angekündigt, auf Basis „der daraus gewonnenen Erkenntnisse“ eine finale Fassung von Auslegungshinweisen zu § 7a UWG zu verfassen. Wünschenswert wäre, dass hier klare, praxisnahe, den Telefonwerbenden tatsächlich zur Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung hilfreiche Hinweise erarbeitet werden.