Der erst seit wenigen Monaten auf dem deutschen Markt ansässige Mietfahrradanbieter aus Shanghai ist nach einem kritischen Bericht des schwedischen Datenschutzaktivisten Alexander Hanff in den Fokus der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit geraten. Das Unternehmen steht in Verdacht, Bewegungs- und Nutzerdaten seiner Kunden in Deutschland im großen Umfang zu sammeln und diese in die Firmenzentrale nach China zu übermitteln.

Personalisierte Werbung wegen Mobike-Smartphone-App?

Um die markanten Fahrräder mit den orangenen Felgen und den silbernen Rahmen benutzen zu können, muss der Interessent auf eine eigens entwickelte Smartphone-App von Mobike zurückgreifen. Nach einer einmaligen Registrierung erfolgen die Miete und Rückgabe des Fahrrades dann nur mittels der hauseigenen Smartphone-Software, die auch die Standorte der zur Verfügung stehenden Fahrräder anzeigt. Ein Scan des am Fahrrad angebrachten QR-Codes entriegelt das Schloss und markiert den Beginn der Mietzeit. Das Entgelt für die Miete wird nach beendeter Fahrt vom Nutzerkonto abgezogen.

Besonders kritisch wird hierbei gesehen, dass Mobike nicht nur Standortdaten abgestellter Fahrräder sammelt, sondern in Echtzeit Daten über die zurückgelegten Wegstrecken erhebt. Aufgrund der aufgezeichneten Wegstrecken würden – so die Kritik – Bewegungsprofile der Nutzer generiert, die Rückschlüsse über ein bestimmtes Konsumverhalten geben, etwa welche Geschäfte, Restaurants bevorzugt oder welche Stadtbezirke, zu welcher Zeit angesteuert werden. Hierbei wird die Sorge laut, dass Mobike diese Daten zum Zwecke personalisierter Werbung an Dritte weitergibt.

Förderung von Denunziation durch „Mobike Credit“?

Ein weiterer Kritikpunkt stellt das sog. Social-Scoring-System „Mobike Credit“ dar, bei der das jeweilige Verhalten des Nutzers überwacht und bewertet wird. Nach der Registrierung startet der Nutzer mit einem Kontowert von 550 Punkten, welcher sich mit dem Nutzerverhalten ändert. Wird ein Fahrrad auf unzulässigen Flächen, etwa vor Einfahrten, abgestellt oder verstößt der Nutzer gegen Verkehrsregeln, werden Punkte abgezogen. Soweit der Wert auf null fällt, wird das Konto des Nutzers gesperrt. Auf der anderen Seite können auch neue Punkte dazu verdient werden. So wirbt der Anbieter auf seiner Homepage: „Wenn du illegal oder schlecht geparkte Mobikes siehst, sende uns bitte dein Feedback und du wirst mit Mobike Credits belohnt.“

Fazit

Im großstädtischen Raum sind „Carsharing-Angebote“ oder innovative „Fahrrad-Verleih-Systeme“ kaum noch wegzudenken. Im Alltag sind sie praktisch, aus datenschutz- und verbraucherrechtlicher Sicht ist der Einsatz solcher Smartphone-Apps, die umfassende Daten über die Benutzung des Fahrrades erheben, jedoch höchst kritisch zu bewerten. Besonders prekär ist im Fall Mobike, dass die Daten an ein außerhalb der EU liegendes Land übermittelt werden, welches keinen der DSGVO vergleichbaren Schutzstandard (Art. 46 DSGVO) gewährleistet. Sollte sich bewahrheiten, dass dabei personenbezogene Daten nach China übermittelt werden, würde diese Praxis gegen die allgemeinen Grundsätze der Datenübermittlung (Art. 44 DSGVO) verstoßen. Ein solcher Verstoß könnte mit einer empfindlichen Geldbuße (Art. 83 Abs. 5 lit. c) DSGVO) sanktioniert werden.

Höchst kritisch ist ferner das Social-Scoring-System „Mobike Credit“ anzusehen. Hinter dem modernen Begriff verbirgt sich in Wahrheit ein Denunziations-System. Es besteht die Gefahr, dass mithilfe von Nutzern Daten über tatsächliche oder vermeintliche Verstöße anderer Nutzer erhoben und verarbeitet werden, sodass neben Bewegungs- auch Verhaltensprofile entstehen. Da es aber in Deutschland Aufgabe des Ordnungsamtes oder der Strafverfolgungsbehörden ist, festzustellen, ob ein Gesetzesverstoß tatsächlich vorliegt, ist der von Mobike praktizierte Ansatz auch aus straf- und verwaltungsrechtlicher Sicht strikt abzulehnen.

Derweil bleibt abzuwarten, zu welchen Erkenntnissen die Berliner Datenschutzbehörde gelangt. Das Echo ist jedenfalls groß, so hat auch der Landesbeauftragte für Informationsfreiheit aus Baden-Württemberg kürzlich eine Einleitung eines Verfahrens in Aussicht gestellt.