Seit Ende Januar gelten Facebooks neue Datenschutzrichtlinien, mit deren Hilfe Facebook-Nutzer noch passgenauer mit personalisierter Werbung beliefert werden sollen (wir berichteten). Diese Woche zeigte sich erneut deutlich, dass die Änderungen nicht nur hierzulande heiß diskutiert werden. Auch aus anderen EU-Ländern melden sich kritische Stimmen. Eine von der belgischen Datenschutzbehörde in Auftrag gegebene Studie kam zu dem Ergebnis, dass Facebooks Datensammelwut (nach wie vor) in Unvereinbarkeit mit dem europäischen Recht steht.

Die Forscher der Freien Universität Brüssel und der Katholischen Uni Löwen bemängeln u.a. die folgenden Punkte:

  • Die Möglichkeit der Einholung wirksamer Einwilligungserklärungen zur Datenerhebungen und -verarbeitunge durch Facebook sei äußerst fraglich, da Informationen nur begrenzt zur Verfügung stünden und Nutzer keine echte Wahlmöglichkeit zwischen Datenverarbeitungen hätten. (Stichwort: take-it-or-leave-it)
  • Insbesondere das praktizierte Opt-Out-Verfahren für personalisierte Werbung erfülle nicht die gesetzlichen Vorgaben.
  • Im Vergleich zu 2013 hätte sich Facebooks neue „Erklärung der Rechte und Pflichten“ kaum verändert. Mehrere Klauseln würden nach wie vor gegen EU-Verbraucherschutzrecht (missbräuchliche Vertragsklauseln) verstoßen.
  • Die Datenzusammenführung aus verschiedenen Quellen (z.B. Instagram oder Whatsapp) und die damit einhergehende umfassende Profilbildung nur auf Grundlage eines Opt-Out sei unzulässig.
  • Facebook-Nutzer würden nicht hinreichend transparent über die Verwendung ihrer Inhalte für Werbeanzeigen aufgeklärt. Auch fehle es an entsprechenden Kontrollmöglichkeiten.
  • Die einzige Möglichkeit, die Verwendung von Standortdaten durch die Facebook-App zu verhindern, sei auf Betriebssystem-Ebene. Kritisiert werden hier fehlende Möglichkeiten, differenziert die Verwendung des Standortes über die App (mit datenschutzfreundlichen Voreinstellungen) selbst zu bestimmen.
  • Das User-Tracking (auch außerhalb von Facebook) mit Hilfe von Social Plug-Ins, Fingerprinting oder über die mobile App sei nach EU-Recht nur auf Grundlage einer vorherigen freiwilligen und informierten Einwilligung zulässig, an welcher es vorliegend mangele.
  • Die Betroffenenrechte würden nicht hinreichend gewahrt, da Nutzer zwar Einfluss auf die Sichtbarkeit ihrer Inhalte nehmen, aber bspw. nicht verhindern könnten, dass Facebook diese Daten auch nach dem Löschen des eigenen Profils weiter verwendet.

Die aktuelle Studie zeigt, dass (europaweit) die Diskussionen um die neuen Datenschutzrichtlinien bei Facebook noch nicht beendet sind. In Deutschland hat zuletzt die Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein Front gegen Facebook gemacht – und verloren (wir berichteten). Ob sich nach dieser Studie erneut eine hiesige Aufsichtsbehörde des Themas Facebook annehmen wird, wird sich zeigen. In jedem Fall bietet der 61 Seiten lange Bericht auf EU-Ebene weiteren Diskussionsstoff.

Der Studienbericht selbst ist als vorläufiger Entwurf deklariert, welcher nach weiteren Recherchen, Beratungen und Kommentierungen noch aktualisiert werden soll. Die Autoren fordern dazu auf, Kommentierungen und Anregungen zu dem Entwurf unter facebook.icri-cir@law.kuleuven.be abzugeben.