Datenschutz sollte immer auch als ein wesentlicher Bestandteil des Verbraucherschutzes gesehen werden. Dies war eine der Schlussfolgerungen aus der Podiumsdiskussion am 24.10.2017 anlässlich der Einweihung des neuen Zentrums für Verbraucherschutz und verletzliche Verbraucher in Siegen. Das Forschungszentrum möchte die Auswirkungen des Wettbewerbs auf das Verbraucherverhalten untersuchen und dabei insbesondere die sog. „verletzlichen Verbraucher“ in den Mittelpunkt der Forschung stellen. Hierunter versteht man Verbraucher, die aufgrund einer Benachteiligung, sei es altersbedingt, aufgrund des sozialen Status oder des Bildungsstands, schwächere und oftmals benachteiligte Marktteilnehmer sind.

Teilnehmer der von Frau Weidenfeld moderierten Podiumsdiskussion waren Herr Prof. Kenning von der Universität Düsseldorf (Marketing), Herr Schuldzinski als Vorstand der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Herr Haas von der Initiative Media Smart e.V., Frau Prof. Schramm-Klein von der Universität Siegen (Marketing) und der Verfasser des Blogbeitrags als Justiziar der datenschutz nord für den Bereich des Datenschutzes.

Inhalte der Diskussion

Nach einer Eröffnungsrunde, in welcher der Begriff des verletzlichen Verbrauchers herausgearbeitet wurde, kam die Frage auf, wie hoch der Anteil der verletzlichen Verbraucher eingeschätzt wird. Während diese Zahl in Bereichen der Konsumgüter und der Energieversorgung auf einen Anteil von 10-15 Prozent eingeschätzt wird, wurde dieser Anteil im Bereich des Internets und der sozialen Medien als deutlich höher erachtet. Im Bereich des Internets ist aufgrund der Komplexität der Sachverhalte und in vielen Fällen intransparenter Datenschutzerklärungen der Anteil verletzlicher Verbraucher deutlich höher einzustufen, auch wenn dies natürlich einzelfallabhängig ist. Da es bislang an empirischen Studien und belastbaren Fakten zu dieser Einschätzung fehlt, läge hierin ein lohnenswertes Forschungsziel des neu geschaffenen Zentrums für verletzliche Verbraucher.

Die lebhafte Diskussion erstreckte sich weiterhin auf das wissenschaftlich untersuchte Phänomen des Privacy-Paradoxons, wonach Nutzer, die im Internet agieren, oftmals wissen, dass ihre Daten nicht sicher sind und möglicherweise in die Hände Dritter gelangen können. Gleichwohl partizipieren diese Verbraucher an sozialen Medien, die in vielen Fällen Bestandteil des sozialen Lebens geworden sind und geben ihre Daten preis. Der Verfasser des Blogbeitrags wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass insoweit eher fehlendes Vertrauen der Verbraucher anzunehmen ist als eine wirkliche Kenntnis, dass mit den eigenen Daten nicht sorgsam umgegangen wird. Um hierüber sicheres Wissen zu erlangen, müssten die Verbraucher zunächst in hinreichend transparenter Weise über die Verarbeitung ihrer Daten informiert werden, was in der Praxis oftmals nur unzureichend umgesetzt wird

Weiterhin wurde die generelle Frage diskutiert, inwieweit der Staat Anreize zu vernünftigem Verhalten setzen kann. In diesem Zusammenhang fiel der Begriff des sog. „Nudgings“ (wörtlich: Anstupsen), bei dem der Verbraucher z.B. durch das Angebot von Obst auf Augenhöhe in einem Supermarkt zu gesünderem Verhalten erzogen werden soll. Wie diese eher paternalistische Herangehensweise freilich im Bereich der sozialen Medien umgesetzt werden kann, ist fraglich, da Anreizmechanismen hier nur bedingt funktionieren dürften. Vielmehr kommt es insoweit vor allem auf eine Stärkung der Medienkompetenz insbesondere junger Menschen an, wie von Herrn Haas in der Diskussion hervorgehoben und von seinem Verein Media Smart e.V. erfolgreich praktiziert. In diesem Zusammenhang wies die Moderatorin Frau Weidenfeld darauf hin, dass es zwar eine stark regulierte Fernsehwerbung z.B. in Bezug auf die Tabakwirtschaft gibt, jedoch Werbung im Internet kaum einer Regulierung unterliegt, wie am Beispiel der sog. „Influencer“ deutlich wird. Ausgehend vom Phänomen des „Nudgings“ wurde auch die Frage diskutiert, inwieweit der Staat dem Verbraucher das Recht zugestehen muss, unvernünftige und möglicherweise ungesunde Entscheidungen als Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit i.S.v. Art. 2 Abs. 1 GG treffen zu können.

Auf die Frage aus dem Publikum, ob man nicht generell auf Werbung verzichten könne, wandte der Verfasser dieses Beitrages ein, dass weltumspannende soziale Netzwerke selbstverständlich auf Werbeeinnahmen angewiesen sind, um beispielsweise eine globale Server-Infrastruktur aufzubauen und zu unterhalten. Schließlich weisen soziale Netzwerke im Internet eben nicht nur negative Aspekte, sondern eben auch positive Seiten auf, wie z.B. die Teilhabe am politischen Willensbildungsprozess oder die Möglichkeit, sich über Empfehlungen und Bewertungen über Marktangebote im Sinne des Verbraucherschutzes zu informieren.

Fazit

Insgesamt kristallisierte sich im Laufe der konstruktiven Diskussion heraus, dass im Hinblick auf die verletzlichen Verbraucher ein großer Forschungsbedarf besteht und im Bereich des Internets die Verletzlichkeit der Verbraucher u.a. aufgrund intransparenter Datenschutzklärungen fast schon systemimmanent ist. Die Veranstaltung wurde sowohl vom Publikum als auch von der Presse positiv aufgenommen.

Wir haben zu Fragen des Verbraucherdatenschutzes im Übrigen bereits im Rahmen einer Untersuchung der Datenschutzerklärungen von Wearables Stellung bezogen und halten Sie zu diesem Thema gerne weiter auf dem Laufenden.