Die Videotechnik lernt laufen: Polizisten und Lehrer sollen mit Body-Cams ausgestattet werden, bei Straßenverkehrsunfällen sollen Dash-Cams die schnellere Ermittlung des Verursachers ermöglichen, Google-Brillen helfen bei der Personenerkennung und Drohnen sollen bei Polizeieinsätzen mit entsprechenden Kameras die Kontrolle von Menschenansammlungen erleichtern.[1] Das sind nur einige wenige Beispiele, die in letzter Zeit durch die Presse gingen und den Eindruck vermitteln, dass allumfassende Videoüberwachung inzwischen nicht nur zum allgemeinen Stadtbild, sondern ebenso zum Umgang miteinander gehört. Aber inwieweit ist ein „Mehr“ an Schutz wirklich gewollt, wenn dadurch die Persönlichkeitsrechte eingeschränkt werden. Und wie stark wird wirklich ein Überwachungsdruck auf Personen ausgeübt, wenn diese sich nicht mehr sicher sein können, ob sie bei Ausübung ihres Sports, bei der Arbeit oder beim Sparziergang etc. gerade beobachtet werden. Sicher ist, dass durch die geringe Größe und die niedrigen Anschaffungskosten für sogenannte Smart Cams diese fast unbegrenzt von „jedermann“ eingesetzt werden können. Die gesetzlichen Vorgaben an den Gebrauch von Videotechnik haben sich durch die Weiterentwicklung der Technik nicht geändert, nur leider sind sie nicht immer passend für die inzwischen hoch entwickelte, fast unbegrenzt einsetzbare und vor allem mobile Technik.

Smart Cams

Der Begriff Smart Cams steht zunächst einmal für die Art von Kameras, die über einen internen Prozessor verfügen, auf der Bildverarbeitungsoperationen durchgeführt werden, wobei Händler den Begriff durchaus uneinheitlich nutzen.[2] Durch die Möglichkeit bei Gebrauch der Kameras Personen im Rahmen unterschiedlicher Situationen (Schule, Verkehr, Polizeieinsatz, Wohnung) aufzuzeichnen, wird deren Einsatz aber vor allem für den Datenschutz relevant. Wobei darüber hinaus der für Betroffene dadurch entstehende Überwachungsdruck nicht unterschätzt werden darf, wenn ein Einsatz von Kameras nicht mehr stationär auf bestimmte Bereiche beschränkt ist, sondern auch im Kontakt mit anderen Menschen oder im Fahrzeug zu befürchten ist.[3] Insbesondere, wenn wegen der geringen Größe der Kameras deren Einsatz kaum noch wahrnehmbar ist. Es stellt sich daher die Frage, ob ein rechtskonformer Einsatz dieser Technik überhaupt möglich ist.

Rechtslage

Bisher gibt es keine speziellen Rechtsvorschriften für den Einsatz von Smart Cams. Dessen ungeachtet sind aber beim Einsatz der mobilen Kameras trotzdem das Allgemeine Persönlichkeitsrecht in seinen Ausformungen (Recht der Privatsphäre, Recht auf informationelle Selbstbestimmung) ebenso wie Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) zu beachten. Darüber hinaus gelten auch bei Smart Cams die §§ 22, 23 des Kunsturhebergesetzes (KUG), sofern Personen aufgenommen werden. Hinzu kommen die allgemeinen Regelungen des Datenschutzes zur Verarbeitung personenbezogener Daten und der § 6b BDSG, der die Zulässigkeit von Videotechnik im öffentlichen Raum regelt. Allen Vorschriften ist gemeinsam, dass sie die Besonderheiten einer sich bewegenden und häufig gar nicht als solche wahrnehmbaren Kamera nicht regeln. So verlangt bspw. der § 6b Abs. 2 BDSG einen Hinweis auf die Videotechnik, u. a. auch mit dem Hintergrund, dass dann die Betroffenen sich der Kameraraufzeichnung entziehen können, indem sie den Bereich meiden.[4] Aber wie soll dieser frühzeitige Hinweis auf Videotechnik erfolgen, wenn die mit Smart Cams ausgestatteten Objekte sich bewegen. Hierzu fehlt es an den notwendigen gesetzlichen Vorgaben..

Ausblick

Die EU-DSGVO bietet als Rechtsgrundlage für den Einsatz von Smart Cams ebenfalls keine Abhilfe, da es dort an einer speziellen Rechtfertigungsnorm für den Videoeinsatz gleich ganz fehlt und auch das im Entwurf vorliegende neue Bundesdatenschutzgesetz greift zwar die Videoüberwachung in § 4 BDSG-neu auf, regelt dabei aber lediglich allgemein die Zulässigkeit der Videoüberwachung.[5] Nur für Drohnen soll es zukünftig eigene Regelungen in einer Verordnung geben, indem sichergestellt wird, dass an Drohnen bestimmter Größe ein Hinweis auf den Eigentümer angebracht werden muss und der Einsatz bspw. über Wohngrundstücken verboten ist.[6]

Fazit

Sollen Smart Cams eingesetzt werden, sind demzufolge weiterhin die allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. Damit wird ein allumfassender Einsatz zur Überwachung zwar schon jetzt reguliert, ohne dabei jedoch die Besonderheit der kaum wahrnehmbaren und sich bewegenden Kameras zu berücksichtigen. Im Ergebnis bedeutet es, dass die Zulässigkeit des Einsatzes einer Smart Cam von der Notwendigkeit einer Interessenabwägung geprägt ist, die ggf. demjenigen obliegt, der die Kamera einsetzt. Damit wird von dem Nutzer der Smart Cam verlangt, dass er mit einer gewissen Sensibilität vorgeht, die den derzeitigen Vorstellungen der Gerichte entspricht. Das beginnt bereits bei der von den Gerichten geforderten Prüfung, ob ein berechtigtes Interesse des Einsatzes (bspw. bei Dash-Cams zur Beweissicherung) einer Smart Cam überhaupt besteht. Daneben wird durch die Gerichte aber zusätzlich unterschieden, welche Belastungsintensität der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht erlangt, die davon abhängig gemacht wird, ob die Intimsphäre als Kernbereich der privaten Lebensführung betroffen ist. Dabei kommt es entscheidend darauf an, inwieweit eine Person nicht nur bei der Teilnahme am öffentlichen Leben betroffen ist, sondern durch die Kamera in den Bereich der privaten Lebensgestaltung eingegriffen wird.[7]

Problematisch dürfte es aufgrund der derzeitigen Rechtslage sein, dass die Notwendigkeit der Achtung von Privatsphären und des datenschutzkonformen Einsatzes mit den Aufzeichnungen bzw. deren Löschung allein den Nutzern der Smart Cams obliegt, ohne dass ihnen hierzu aufgrund gesetzlicher Regelungen ausreichende Vorgaben gemacht bzw. entsprechende Hinweise gegeben werden. Inwieweit die Gerichte dann im Streitfall tatsächlich zugunsten des Smart Cam Nutzers entscheiden, ist daher kaum vorhersehbar.

Das für Drohnen geplante Verbot des Einsatzes über Wohngrundstücken dürfte insoweit zur Klarstellung einen richtigen Ansatz bieten, müsste jedoch dringend auch auf andere Lebensbereiche und Einsatzformen von Smart Cams ausgedehnt werden.. Nur so könnte zukünftig eine Person sich im Gespräch oder im eigenen häuslichen Bereich  halbwegs sicher sein, dass sie gerade nicht durch Body-Cams und Co. aufgezeichnet wird.

 

[1] Siehe dazu schon den Beitrag https://www.datenschutz-notizen.de/schwierige-schueler-kennen-wir-nicht-2717412/ (Abruf 7.3.2017); Kipker, DuD 2017, S. 165; Wagner/Birnstill/Krempel/Bretthauer, DuD 2017, S. 159.

[2] Zum Begriff siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Smart-Kamera (Abruf 7.3.2017); Mester, DuD 2017, S. 186.

[3] Zu den Gefahren auch Rose, DuD 2017, S. 137; https://www.datenschutz-notizen.de/datenschutz-bei-der-intelligenten-videoueberwachung-5017416/ (Abruf 7.3.2017).

[4] Vgl. Scholz, in: Simitis, BDSG, § 6b Rn. 282.

[5] Zum Entwurf siehe unseren Beitrag https://www.datenschutz-notizen.de/das-neue-bundesdatenschutzgesetz-kommt-1917345/ (Abruf 7.3.2017).

[6] Zum Entwurf näher die Broschüre des BMVI, https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/LF/flyer-die-neue-drohnen-verordnung.pdf?__blob=publicationFile (Abruf 7.3.2017).

[7] Vgl. LG München I, Hinweisbeschluss v. 14.10.2016, Az. 17 S 6473/16.