Illegale Müllablagerungen im öffentlichen Raum sind nicht nur ein Ärgernis, sondern verursachen auch hohe Kosten für die Beseitigung. Diesem Problem treten Städte und Gemeinden mit unterschiedlichen Maßnahmen entgegen – von Mülldetektiven über Mängelmeldeportale bis hin zur Videoüberwachung von besonders belasteten Plätzen.

Mit Videoüberwachungstechnik gegen illegale Müllablagerungen

Der Einsatz von Videoüberwachungstechnik durch öffentliche Stellen zur Bekämpfung illegaler Müllablagerung wurde bereits datenschutzrechtlich intensiv diskutiert. Wir berichteten 2023 über die Videoüberwachung von Glascontainern in Rheinland-Pfalz, die zunächst eine Absage durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI) in Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. Dieter Kugelmann, erfuhr. Der LfDI hatte in diesem Zusammenhang klargestellt, dass Videoüberwachung von Glascontainern und Müllablagerungsstellen durch Kommunen nicht zulässig sei, da diese Art der Überwachung die Rechte unbescholtener Bürger*innen gefährde. Deren Privatsphäre sei zu schützen.

Rund ein Jahr später – im August 2024 – konnte sich die Stadt Ludwigshafen im Rahmen eines Pilotprojektes zur mobilen Videoüberwachung dann doch auf ein datenschutzkonformes Vorgehen mit dem LfDI Rheinland-Pfalz verständigen (wir berichteten). Die Evaluierung des Projektes steht derzeit noch aus.

Der LfDI wies erneut darauf hin, dass der Einsatz von Videokameras an Müllcontainern und Müllsammelstellen grundsätzlich unzulässig und die Videoüberwachung im öffentlichen Raum gesetzlich besonders streng geregelt sei.

Die Stadt Ludwigshafen kann die konkrete Videoüberwachung auf die Rechtsgrundlage des § 21 Abs. 1 und 3 Landesdatenschutzgesetz (LDSG) Rheinland-Pfalz stützen, da die Maßnahme nach Angaben der Stadt für die Bekämpfung von illegalen Müllablagerungen sowohl an regulären Müllsammelstellen als auch in Wohngebieten und zum Zweck des Gesundheits- und Umweltschutzes erforderlich sei (Ungezieferbefall in Folge der Ablagerung von Restmüll, Ablagerung von gefährlichen Stoffen). Vorangegangene und vor allem mildere Maßnahmen blieben erfolglos. Auch wurden diverse technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz unschuldiger Bürger*innen getroffen, wie die kritische Auswahl von geeigneten Orten für die Videoüberwachung, Hinweisschildern, Verpixelungstechnik und Speicherbegrenzung. Der LfDI Rheinland-Pfalz wurde in das Pilotprojekt eng eingebunden.

Niedersachsen: Echtzeitüberwachung und Lautsprecher an Wertstoffinsel

In Garbsen bei Hannover, so berichtete der NDR, würde eine ähnliche Maßnahme bereits Wirkung zeigen:

Die Stadt hat eine Echtzeit-Videoüberwachung an einer Wertstoffsammelstelle (sog. Wertstoffinsel) installiert. Laut dem Bericht des NDR gingen dieser Maßnahme regelmäßige Fälle von illegaler Müllentsorgung voraus. Diese reichten von Kühlschränken und Reifen über Autobatterien bis hin zu Lebensmitteln. Sogar Tierkadaver seien dort abgelegt worden. Die zunächst gegen die Überwachungsmaßnahme sprechenden Datenschutzgründe hätten nun zugunsten der erforderlichen Abwehr von Gefahren, die u. a. von den dort entsorgten gefährlichen Stoffen ausgingen, beseitigt werden können.

Aber auch hier seien seitens des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen (LfD Niedersachsen) einige Punkte zu berücksichtigen.

So sei nach Angaben des NDR zunächst eine klare Häufung von Verstößen nachzuweisen – die Videoüberwachungsanlage müsse dazu beitragen, die illegale Müllablagerung zu beheben. Auch dürfe keine Speicherung von Videoaufnahmen erfolgen.

Das besondere Merkmal an der Videoüberwachungsmaßnahme der Stadt Garbsen gegen die illegale Müllablagerung ist aber Folgendes: Städtische Mitarbeitende überwachen die Wertstoffinsel mithilfe von zwei Kameras und über Monitore in Echtzeit neben ihren regulären Tätigkeiten, so der NDR. Auf frischer Tat ertappte Müllsünder würden über Lautsprecher direkt angesprochen und aufgefordert, den Müll ordnungsgemäß zu beseitigen. Ähnliche Maßnahmen würden auch in weiteren niedersächsischen Kommunen in Planung sein. Die Stadt Garbsen äußerte sich auf ihrer Website ebenfalls zu den Gründen für die Videoüberwachung und zitierte Bürgermeister Claudio Provenzano mit der Aussage: „Mit der Echtzeitüberwachung schöpft die Stadtverwaltung nun die schärfsten Mittel zur Gefahrenabwehr aus, die uns der Gesetzgeber als Kommune zur Verfügung stellt“.

Datenschutzrechtliche Einordnung

In beiden Fällen wird deutlich erkennbar, dass die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen und durch öffentliche Stellen immer noch sehr strengen Anforderungen unterliegt. Insbesondere rein präventive Maßnahmen dürften als datenschutzrechtlich unzulässig einzustufen sein. Vielmehr muss die betroffene Kommune den jeweiligen Einzelfall kritisch untersuchen, konkrete Verstöße und zur Handlung drängende Szenarien nachweisbar dokumentieren und mildere Mittel ausschöpfen. Sofern eine Videoüberwachung unumgänglich ist, muss diese möglichst datensparsam betrieben werden. Dies kann ausweislich der Beispiele aus Rheinland-Pfalz und Niedersachsen z. B. durch Techniken zur Unkenntlichmachung von unschuldigen Personen oder einer unterlassenen Bildaufzeichnung erreicht werden. Ob weitere Maßnahmen im Pilotprojekt aus Ludwigshafen für erforderlich erachtet werden, bleibt abzuwarten.

Im Fall der Videoüberwachung in Garbsen stellt sich aber auch die Frage, ob durch die Echtzeitüberwachung nicht doch das Recht auf Privatsphäre solcher Personen verletzt wird, die keine illegale Müllentsorgung vornehmen. Anders als in der anonymen Großstadt könnte in kleinen Städten und Gemeinden auch die Gefahr bestehen, dass sich die Menschen kennen. Wie ist mit Situationen umzugehen, in denen städtische Beschäftige die (rechtmäßige) Entsorgung von diversen Weinflaschen durch den eigentlich abstinenten Nachbarn beobachten und dadurch auf eine Alkoholerkrankung (Gesundheitsdatum nach Art. 9 DSGVO) schließen könnten? Oder aber das Entsorgen von geschenkter Bettwäsche durch die Schwiegertochter des*der echtzeitüberwachenden städtischen Mitarbeiter*in? Die Beispiele an alltäglichen Szenarien sind unzählig; manche davon sind vielleicht lediglich erheiternd, manche eventuell sogar kritisch. In jedem Fall dürfte aber die Sozialsphäre der Personen betroffen sein. Auch wenn die Sozialsphäre weniger schutzbedürftig ist als die Privatsphäre, müsste die verantwortliche Kommune auch für diese Fälle entsprechende Maßnahmen ergreifen, wie ein Rechte- und Rollenkonzept für den Zugriff auf die Echtzeitübertragung sowie eine Verpflichtungserklärung auf den vertraulichen und diskreten sowie zweckgebundenen Umgang mit den beobachteten Szenen (was ohnehin in jeder öffentlichen Einrichtung Standard sein sollte).