Immer wieder sind Unternehmen mit Auskunftsverlangen nach Art. 15 DSGVO konfrontiert. Im Rahmen der Prüfung solcher Auskunftsbegehren stellt sich dann hin und wieder die Frage, ob die Auskunft eventuell verweigert werden kann. Dies insbesondere dann, wenn eine betroffene Person sich wiederholt mit dem Auskunftsbegehren an ein Unternehmen wendet.

Das OLG Wien als Berufungsgericht hat sich in einem Urteil vom 10.06.2024 (14R48/24t) zu den Voraussetzungen des Verweigerungsgrundes aus Art. 12 Abs. 5 lit. b DSGVO geäußert. Gem. Art. 12 Abs. 5 lit. b DSGVO kann der Verantwortliche sich „bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anträgen einer betroffenen Person“ weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden.

Gegenstand des Urteils

Die Beklagte des Verfahrens bietet Online‑Glücksspiele an. Der Kläger errichtete erstmals im Jahr 2016 ein Konto auf der Internetseite der Beklagten und setzte Geldbeträge bei von der Beklagten angebotenen Casino-Spielen und Sportwetten ein und verlor diese. Nach ungefähr eineinhalb Jahren wurde sein Konto von der Beklagten gesperrt. Er errichtete daraufhin mit einer anderen E-Mail-Adresse neuerlich ein Konto auf der Website der Beklagten und spielte weiter. Im Jahr 2019 stellte er seine Glücksspieltätigkeit auf der Website der Beklagten ein. Seit der Schließung seines Spielerkontos im Jahr 2019 kann er dieses und insbesondere Einzahlungen, Gewinne und Verluste nicht mehr einsehen. Seine Einsätze hatte er stets mit Sofortzahlung geleistet. Da er zwischenzeitig ein anderes Bankkonto benutzt, kann er nicht mehr nachvollziehen, welche Transaktionen er im Zusammenhang mit dem bei der Beklagten gespielten Glücksspiel getätigt hatte.

Im Hinblick auf eine von ihm allenfalls geplante Rückforderungsklage gegen die Beklagte begehrte er Auskunft bzw. Datenübermittlung von der Beklagten und forderte gemäß Art 15 DSGVO die Beklagte auf, eine richtige und vollständige Aufstellung sämtlicher Gewinne und Verluste, welche er bei den von der Beklagten angebotenen Online-Glückspielen bzw. Sportwetten vereinnahmt bzw. erlitten hatte, zu übermitteln. Die Beklagte übermittelte auf diese Anfrage lediglich einen Auszug von Daten, die sich auf die Transaktion eines Tages bezogen.

Mit der Klage begehrte der Kläger die digitale Übermittlung einer Kopie sämtlicher Daten, die Gegenstand der Verarbeitung der Beklagten sind. Die Beklagte begründet ihren Antrag auf Abweisung der Klage im Wesentlichen mit zwei Gesichtspunkten.

Verfolgung datenschutzfremder Ziele als Rechtsmissbrauch?

Zum einen bestehe nach Ansicht der Beklagten kein Auskunftsrecht nach Art 15 DSGVO, weil der Kläger mit der Auskunft bloß Beweismittel für einen Zivilprozess gegen sie erlangen wolle und nicht das Ziel verfolge, die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zu überprüfen. Vor diesem Hintergrund sei sein Berufen auf Art 15 DSGVO rechtsmissbräuchlich. Begehren, deren Zweck nicht das Überprüfen der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zum Inhalt hätten und datenschutzfremden Zielen dienten, dürften als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden. Ein Ausdehnen des datenschutzrechtlichen Auskunftsrechts ausschließlich zu dem Zweck, Beweismittel für zivilrechtlichen Auseinandersetzungen zu beschaffen, ginge entsprechend des Erwägungsgrundes 63 der DSGVO über die Ziele des Auskunftsanspruchs hinaus.

Das OLG Wien sieht ein Auskunftsbegehren nicht als „offenkundig unbegründet“ oder rechtsmissbräuchlich an, wenn damit datenschutzfremde Ziele verfolgt werden. Hierbei verweist das OLG auf die Rechtsprechung des EuGH. Der EuGH stellte in seinem Urteil vom 26.10.2023 (C-307/22) klar, dass die Auskunftsverpflichtung auch dann besteht, wenn der betreffende Auskunftsantrag mit einem anderen als den in Satz 1 des Erwägungsrund 63 der DSGVO genannten Zwecken begründet wird. Schon daraus, dass die betroffene Person nach der DSGVO nicht verpflichtet ist, ihren Auskunftsantrag zu begründen, folge, dass ein solcher auch nicht davon abhängig sein kann, dass einer der im ersten Satz von Erwägungsgrund 63 genannten Gründe geltend gemacht wird.

Ein Rechtsmissbrauch liegt nur dann vor, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Missverhältnis besteht. Es muss also der Schädigungszweck bzw. das unlautere Motiv der Rechtsausübung so augenscheinlich im Vordergrund stehen, dass andere Ziele völlig in den Hintergrund treten.

Vorliegend lässt der festgestellte Sachverhalt nach Ansicht des Gerichts keine Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch erkennen. Das festgestellte Motiv ist an sich weder unlauter, noch tritt das berechtigte Auskunftsrecht des Klägers hinter ein allenfalls beeinträchtigtes Interesse der Beklagten an der Geheimhaltung der Daten; ein Schädigungszweck ist ebenfalls nicht festgestellt. Es müsse dem Kläger unbenommen bleiben, nach oder neben der jedenfalls zulässigen Datenüberprüfung den sich aus diesen Unterlagen ggfs. ergebenden Saldo einzuklagen. Wie das Erstgericht ist auch das Berufungsgericht der Meinung, dass es sich dabei um ein legitimes Interesse des Klägers handelt, das keinesfalls nur auf eine Schädigung der Beklagten hinausläuft. Auch die DSGVO bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Auskunftsrecht zwecks Stärkung der eigenen Position in einem Rechtsstreit verweigert werden dürfe.

Rechtsmissbrauch, weil bereits drei Jahre zuvor Auskunft erteilt wurde?

Zum anderen sei das Auskunftsverlangen nach Ansicht der Beklagten auch deshalb rechtsmissbräuchlich, da sie bereits im Jahr 2021 eine vollständige Transaktionsübersicht, die den gesamten gegenständlichen Spielzeitraum abdecke, an den Kläger übermittelt habe.

Auch hier folgt das OLG nicht der Ansicht der Beklagten und stellt klar, dass Auskunftsersuchen nicht schon deswegen als „exzessiv“ und damit als rechtsmissbräuchlich anzusehen sind, weil sie (inhaltsgleich) nach etwas drei Jahren wiederholt werden. Die Erteilung einer entsprechenden Auskunft im Jahr 2021 ändert an der jetzigen Auskunftspflicht der Beklagten nichts, weil ein Verweigerungsgrund nach Art 12 Abs 5 lit. b DSGVO nur im Fall „exzessiver, häufiger Wiederholungen“ gegeben ist, was bei einer einzigen schon drei Jahre zurückliegenden Auskunft nicht der Fall wäre.

Nach Ansicht des Gerichts ist zwar zu berücksichtigen, dass die Daten sich zwischen der Datenauskunft 2021 und der nunmehr begehrten gleichgeblieben sind und sich die zu übermittelnden Daten in der Zwischenzeit wohl nicht verändert haben.

Es ist also von einem unveränderten („historischen“) Datenbestand auszugehen, auf welchen sich die Auskunftsanträge beziehen. Aber selbst im Hinblick darauf könnte ein Auskunftsersuchen, das an sich nicht rechtsmissbräuchlich ist, nicht schon deswegen als „exzessiv“ angesehen werden, weil es (inhaltsgleich) nach etwa drei Jahren wiederholt wird. Die Erneuerung eines Auskunftsantrags nach etwa drei Jahren erscheint nach Auffassung des OLG Wien unter den gegebenen Umständen als in zeitlicher Hinsicht angemessen, sodass die Beklagte die Auskunft nicht wegen der „Häufigkeit“ der Anträge als exzessiv ablehnen darf.

Insgesamt war daher kein berechtigtes Verweigerungsrecht der Beklagten nach der DSGVO gegeben, welches diesem Auskunftsrecht entgegengestanden hätte.