Alles, was wir online tun wird irgendwie verfolgt. Das wissen wir ja insgeheim schon länger, lassen uns aber nur sehr selten davon aufrütteln. Dass es Forschern gelungen war, einen Algorithmus zu programmieren, der anhand von Facebook-Likes die Persönlichkeit eines Menschen besser einschätzen kann als Familienangehörige und Freunde war uns im Januar einen Bericht wert. Wie unser Surfverhalten ausgewertet wird und was Firmen mit diesen Daten anstellen, ist von den Machern von Do not Track sehr anschaulich beschrieben worden.
Doch auch im realen, alltäglichen Leben wird vieles von dem, was wir tun verfolgt. Zu nennen sind zum einen die Daten die wir unter der Prämisse einer Selbstoptimierung freizügig weitergeben, Stichwort Fitness-Apps, Kundenkarten und günstige Versicherungstarife. Darüber hinaus sind da die Daten, deren Weiterleitung wir kaum steuern können, z.B. die Daten, die moderne Autos versenden. Und dann gibt es ja auch immer mehr Videokameras im öffentlichen Raum. Dass Kfz-Kennzeichen auf Autobahnen automatisch gescannt werden, um sie mit Fahndungsdateien abzugleichen oder Parkhausbetreiber die Gefahr von Parkzeitenmanipulation verringern wollen, dürfte den meisten auch geläufig sein.
Wohin die öffentliche Überwachung gehen kann, zeigt eine Meldung aus den USA: Das Ministerium für Heimatschutz möchte alle Fahrzeuge in den USA überwachen. Das soll durch eine Videoaufzeichnung der Kfz-Kennzeichen erfolgen. Private Anbieter wurden vom Ministerium aufgefordert, sich für eine solche Kontrolle zu bewerben. Das Ziel ist erschreckend: Die Kennzeichen sollen fotografiert, ausgelesen und mit Zeit- und Ortsangaben gespeichert werden. Der „Clou“, die Daten dürfen beliebig lange gespeichert werden. Zwar sollen die Behörden in der Regel nur auf Bilder der letzten fünf Jahre zurückgreifen können, aber auf Anordnung kann auch weiter in der Vergangenheit gestöbert werden.
Blüht uns das auch?
Glücklicherweise sieht es in Deutschland etwas besser aus. Unter Datenschützern gelten Nummernschilder als personenbezogene Daten, da über Kfz-Kennzeichen ein Rückschluss auf die Person sehr leicht möglich ist. Folgt man dieser Einschätzung, sind Fahrzeugkennzeichen genauso schützenswert wie der eigene Name und die private Telefonnummer. Es bedarf daher einer Rechtsgrundlage, die eine etwaige Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Kennzeichen legitimiert. Aufgrund dieser Schutzwürdigkeit von Nummernschildern hatte das Bundesverfassungsgericht 2008 der Polizei auch untersagt, Kfz-Nummernschilder massen- und dauerhaft zu speichern.
Wehret den Anfängen!
Dennoch sollten wir uns die Frage stellen, in was wir für einer Gesellschaft wir leben wollen. Mit einer offenen Gesellschaft, in der Freiheit und Gleichheit zu den höchsten Gütern zählen, ist eine ständigen Rasterung, Beobachtung, Vermessung und Erfassung der Einzelnen unvereinbar! Auch die aktuelle Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung macht deutlich, dass versucht wird Sicherheit zum Preis von Privatsphäre zu kaufen.
Ist das unser Ziel?
Vielleicht überlegen Sie ja vor dem nächsten Post auf Facebook, oder der Übermittlung Ihres Kalorienverbrauchs und der zurückgelegten Strecke einen Moment länger. Denn die Gesellschaft ist immer nur so gut oder schlecht wie die Summe der Einzelnen.