Jeden Arzt oder sonstigen Berufsgeheimnisträger aus dem medizinischen Bereich im Sinne des § 203 StGB stellt die Weitergabe von Patientendaten vor ein schwieriges Szenario. Wenn sich dann auch noch die Polizei meldet und Auskunft zu einem gesuchten Verdächtigten begehrt, erhöht sich zunehmend der Druck auf Seiten des Auskunftspflichtigen. Gerade bei einem dringenden Auskunftsersuchen der Polizei oder sonstiger Ermittlungsbehörden besteht Unsicherheit und es werden immer wieder die gleichen Fragen gestellt: „Ist die Weitergabe der Daten erlaubt und wenn ja, was darf ich alles preisgeben? Geht die Auskunft über die Nennung des Namens hinaus? Muss ich der Polizei etwa die gesamte Patientenakte aushändigen?

Das Arztgeheimnis

Eine uneingeschränkte Offenbarung des Patienten gegenüber seinem Arzt bildet stets die Basis des als vertrauensvoll zu bezeichnenden Arzt-Patienten-Verhältnis. Gewährleistet wird dieses durch das Arztgeheimnis. Dieses spaltet sich dabei in die Pflicht zur Verschwiegenheit, das Zeugnisverweigerungsrecht sowie in das Beschlagnahmeverbot auf. Die Schweigepflicht als erste Säule bezieht sich auf jegliche fremden Geheimnisse, also sämtliche Informationen die dem Arzt in dessen Funktion zugetragen werden (unabhängig davon, ob diese Angabe den Patienten selbst oder einen Dritten betreffen).

Damit fällt auch bereits der Name sowie die Informationen darüber, ob sich der Patient beim Arzt in Behandlung befindet, unter die Schweigepflicht. Um dies ungestraft einer anderen Person mitteilen zu können, bedarf es einer Einwilligung des Betroffenen (sogenannte Verschwiegenheitsentbindungserklärung) oder einer gesetzlichen Offenbarungsplicht.

Was darf ein Arzt gegenüber der Polizei preisgeben?

Soll der Arzt nun Angaben zu einem, sich bei ihm in Behandlung vermeintlichen Verdächtigten machen, fällt die Einholung einer Einwilligung in der Regel aus. Ansonsten würde eine Gefährdung der Ermittlungen drohen. Nichtsdestotrotz kann eine Offenbarung von Informationen über folgende Institute gerechtfertigt sein:

  • Vorliegen eines gesetzlichen Notstandes gemäß § 34 Strafgesetzbuch oder
  • Drohen von weiteren Straftaten iSd. § 138 Strafgesetzbuch

Ein gesetzlicher Notstand verlangt das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein vergleichbares Rechtsgut Dritter. Der Arzt muss also konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass von einem Patienten eine konkrete Gefahr für diese Rechtsgüter ausgeht. Dies ist mitunter sehr schwierig, da dem Arzt z.B. Informationen für eine aussagekräftige Beurteilung solcher Anhaltspunkte fehlen. Dies wird mit der im Anschluss daran ebenfalls noch erforderlichen Abwägung der entgegengesetzten Interessen nicht einfacher.

Ähnlich verhält es sich bei § 138 Strafgesetzbuch. Darin ist zwar klar regelt, welche zukünftig geplanten, schweren Straftaten der Polizei angezeigt werden müssen (u.a. Mord, Totschlag). Der Arzt sollte sich vor der Weitergabe von Informationen über den Patienten jedoch sicher sein, dass eine derartige Gefahr von diesem ausgeht.

Entscheidet sich der Arzt für eine Preisgabe darf selbstverständlich nicht die gesamte Patientenakte herausgegeben werden. Eine Weitergabe der Daten, die eine Identitätsfeststellung des Verdächtigen ermöglichen (Name, Vorname und Meldeadresse) genügen vollkommen und ist durch § 32 Abs. 2 Bundemeldegesetz für Krankenhäuser gesetzlich geregelt.

Im aktuellen Newsletter des AOK-Verlages wurden diesbezüglich sieben Alltagssituationen, mit denen Beschäftigte in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen konfrontiert werden können, dargestellt und bewertet.

Aktuelle Brisanz

Dass die Polizei teilweise zu ungewöhnlichen Methoden greift, um Auskunft von Ärzten zu bekommen, zeigt sich aktuell. Um einen Mordfall aufzuklären, schrieb die Polizei sämtliche in der Stadt zugelassene Ärzte in einer Rund-E-Mail an und rief dazu auf, Mitteilung über die Personen (Namen, Adressen etc.) zu machen (per E-Mail), die sich in einem bestimmten Zeitraum mit einer Schnittverletzung an der Hand in Behandlung fanden (die Polizei vermutete, dass sich der Täter bei der Tat an einer Hand verletzte).

Eine Aufforderung per Mail ist insofern problematisch, weil diese eine eindeutige Verifizierung des Absenders nicht immer zulässt. Dass zudem die unverschlüsselte Weitergabe von derart sensiblen Daten mittels E-Mail datenschutzrechtlich problematisch ist, äußerte auch die Ärztekammer. Insgesamt wurde klargestellt, dass die ärztliche Schweigepflicht auch bei der Verfolgung von Tötungsdeliken bestehe und nur ausnahmsweise Auskunft erteilt werden dürfe. Damit dürften keine Auskünfte ungeprüft an die Polizei erteilt werden. Vielmehr bot die Ärztekammer Hilfe bei der Beurteilung an.

Die Weitergabe von Patientendaten ist und bleibt eine Einzelfallentscheidung, bei der man sich, sobald Unsicherheit besteht, lieber die Rückversicherung der zuständigen Kammer einholen sollte.